Brilon. Die medizinische Versorgung in Brilon macht einen deutlichen Schritt nach vorn. Zwei Projekte sorgen dafür. Das sind die Grundpfeiler.
Aller guten Dinge sind drei: Im dritten Anlauf hat das Briloner Krankenhaus sein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) unter Dach und Fach gebracht. Es besteht aus zwei Standorten mit drei Praxen: einer chirurgischen, einer internistischen und einer allgemeinmedizinischen. Stammsitz des MVZ Am Schönschede ist das Ärztehaus im Schützengraben. Dort hat das Krankenhaus zum 1. April den chirurgischen Kassensitz von Dr. Ralf Certa übernommen.
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Der Facharzt, der selbst Anfang der 90er Jahre im Maria Hilf-Krankenhaus tätig war, bleibt der etablierten Praxis und den Patienten dort erhalten, ebenso wie sein Team. Die in dem Haus ansässige Zahnarztpraxis ist nicht Bestandteil des MVZ, wohl aber die neue Internistische Hausarztpraxis im Dachgeschoss des Gebäudes. Das wird für die medizinische Nutzung eigens hergerichtet und an diesem Montag, 22. Juni, eröffnet.
Neben dem Kassensitz auch die Praxiseinrichtung
Ärztlich betreut wird die Praxis von Wasim Chikh Trab. Krankenhaus-Patienten ist er Mediziner bekannt: Der gebürtige Syrer ist dort als Oberarzt tätig.
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Der Facharzt für Innere Medizin ist Palliativ- und Notfallmediziner und absolviert derzeit eine onkologische Zusatzausbildung am Schönschede. Dort wird er auch weiterhin mit einer halben Stelle tätig sein.
Die Sprechstunden sind deshalb auf drei Vor- und zwei Nachmittage verteilt, und zwar montags, mittwochs und freitags von 8 bis 12 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr. Zentrale Anlaufstelle für die Patienten bleibt das Foyer in der Praxis von Dr. Certa im Erdgeschoss. Das Dachgeschoss mit seinen beiden Untersuchungsräumen und dem Besprechungszimmer ist mit dem Fahrstuhl erreichbar. Dort wird eine zusätzliche Mitarbeiterin tätig sein.
Ebenerdig und barrierefrei ist das zweite Standbein des Medizinischen Versorgungszentrums, die Praxis von Dr. Michael Certa, dem Ende vergangenen Jahres im Alter von 59 Jahren verstorbenen Cousin von Dr. Ralf Certa. Vor genau acht Jahren, am 1. Juli 2012, war der Allgemeinmediziner von der Gartenstraße in den Neubau an der Ecke von Schulstraße und Derkere Mauer gezogen. Das Krankenhaus hat neben dem Kassensitz auch die Praxiseinrichtung übernommen.
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Was formal noch fehlt, ist die kassenärztliche Zulassung. Eigentlich sollte der Betrieb bereits angelaufen sein, doch - so steht es auf einem Aushang an der Praxistür - habe es corona-bedingt eine „überraschende Änderung“ der Abläufe gegen. Wie Krankenhaus-Geschäftsführer Rene Thiemann gegenüber der WP sagte, werde sich der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung in seiner nächsten Sitzung damit befassen.
Zweigniederlassung des MVZ Am Schönschede
Der Eröffnungstermin steht jedenfalls schon: Zum 1. Oktober wird dort die Allgemeinmedizinerin Melanie Mies ihre Tätigkeit beginnen, gemeinsam mit dem bekannten Team.
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Die Ärztin ist derzeit im MVZ Westheim, einer dem Marsberger Krankenhaus angeschlossenen Einrichtung der Barmherzigen Brüder Trier, tätig. Zurzeit ist die Praxis urlaubsbedingt geschlossen, ab 1. Juli wird – wie in den vergangenen Monaten – für zwei Wochen noch - wie bisher - Dr. Willi Müller sich um die Patienten kümmern, danach kommt bis Ende September ein Vertretungsarzt.
Formal ist die Praxis in der Schulstraße eine Zweigniederlassung des MVZ Am Schönschede. Deshalb kann sie nur mit einem Arzt betrieben werden. Für ein MVZ sehen die Zulassungsregeln wenigstens zwei Ärzte unter einem Dach vor.
Unterversorgung im Raum Brilon-Olsberg
Geschäftsführer der MVZ Am Schönschede GmbH ist der Ärztliche Direktor des Maria Hilf-Krankenhause, Dr. Marc Garbrecht. Das Medizinische Versorgungszentrum trage dazu bei, sowohl die ambulante wie auch die stationäre medizinische Versorgung in der Region zu sichern. Und damit ist vor allem der Raum Brilon gemeint. Denn während die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe für den Raum Winterberg bei den Hausärzten eine Deckung des Bedarfs von 102,5 Prozent aufführt und für den Raum Marsberg sogar von 108,6 Prozent, liegt der Versorgungsgrad im sogenannten Mittelbereich Brilon-Olsberg nur bei 79,3 Prozent - für die Versorgung der hier lebenden rund 40.000 Einwohner fehlen 5,5 Hausärzte, das sind mehr als im Rest des Hochsauerlandkreises zusammen. Insgesamt führt die KVWL für beide Kommunen aktuell 19,8 Hausärzte an.
Im Gespräch mit der WP wiesen Dr. Marc Garbrecht und Rene Thiemann darauf hin, dass die „gesicherten Strukturen eines MVZ“ heute jungen Ärzten entgegen kämen. Das betriebswirtschaftliche Risiko einer eigenen Praxis entfalle mit der Festanstellung. Und einen Großteil des administrativen Ballasts haben die Ärzte nicht mehr vor der Brust.