Brilon. Gilt der Führerscheinentzug auch für Fahrräder oder E-Scooter? Der Fachanwalt für Verkehrsrecht Oliver Brock aus Brilon kennt die Antwort.
Oliver Brock ist Fachanwalt für Straf-, Verkehrs- und Versicherungsrecht der Kanzlei Cramer & Laws in Brilon. Im WP-Interview erläutert er rechtliche Fragen rund ums Thema Führerschein.
Was ist der Unterschied zwischen einem Fahrverbot und einem Führerscheinentzug?
Oliver Brock: Bei schweren Straftaten in Bezug auf den Straßenverkehr, z.B. bei einer Trunkenheitsfahrt oder einem Unfall unter Drogen, kann das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen und den Nachweis der Fahrerlaubnis, den Führerschein, einziehen, sowie eine zwischen sechs Monate und fünf Jahren lange Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis anordnen; es ist sogar ein lebenslanger Entzug möglich. Hingegen wird bei einem Fahrverbot anlässlich einer Ordnungswidrigkeit, z.B. Geschwindigkeitsüberschreitung, der Führerschein für ein bis drei Monate in amtliche Verwahrung gegeben. Bei einer Straftat kann ein Gericht ein Fahrverbot von bis zu sechs Monaten aussprechen.
Was geschieht nach Ablauf der Strafe?
Bei einem Fahrverbot erhält der Betroffene nach Ablauf der Verbotsfrist seinen bisherigen Führerschein, mithin seine bestehende Fahrerlaubnis, zurück. Diese wird somit nicht entzogen, sondern die Fahrerlaubnis wird vorübergehend nur zeitig ausgesetzt. Bei einem Entzug der Fahrerlaubnis muss eine neue Fahrerlaubnis beantragt werden – im Gegensatz zu einem Fahrverbot. Sehr häufig ist das an eine sogenannte MPU, eine medizinisch-psychologische Untersuchung der Kraftfahreignung, umgangssprachlich bekannt als Idiotentest, gekoppelt. Der Betroffene muss dementsprechend seinen alten Führerschein abgeben und erhält einen vollständig neuen Führerschein nach Ablauf der Sperrfrist.
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Gilt ein Fahrverbot auch für E-Bikes?
Ein Fahrverbot kann in aller Regel nur für Kraftfahrzeuge ausgesprochen werden. Dazu zählen Fahrräder im Allgemeinen nicht. Gemäß § 1 Straßenverkehrsgesetzt sind Fahrräder Fahrzeuge, die ausschließlich mit Muskelkraft bewegt werden, also nicht motorisiert sind. Somit ist Fahrrad zu fahren trotz Fahrverbot selbstverständlich weiterhin erlaubt.
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Bei E-Bikes kommt es auf die Art des E-Bikes an. Gemäß § 1 StVG gelten auch motorisierte Zweiräder als Fahrräder, deren elektromotorischer Hilfsantrieb die Tretkraft nur unterstützt und maximal eine Leistung von 0,25 kW, sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h aufbringen kann. Das sind die sogenannten Pedelecs, die dürfen trotz Fahrverbot gefahren werden. In vielen Fällen erfüllen E-Bikes diese Bedingung jedoch nicht, da sie bis zu 45 km/h erreichen können und mit einem Elektromotor ohne Tretunterstützung betrieben werden. In diesem Fall gilt das E-Bike bereits als Leichtkraftrad. Fahrrad fahren eines solchen E-Bikes ist trotz Fahrverbot dann nicht mehr möglich.
Zur Person
Oliver Brock ist Fachanwalt für Verkehrsrecht seit 2010. Er ist ADAC-Vertragsanwalt für den Amtsgerichtsbezirk Brilon.
Seine Tätigkeitsgebiete umfassen neben dem Verkehrs- und Unfallrecht, auch Versicherungsrecht, Strafrecht sowie Arzt- und Medizinrecht.
Und wer trotzdem fährt und erwischt wird?
Wer trotz Fahrverbot mit einem E-Bike fährt, das bis 45 km/h Höchstgeschwindigkeit erreicht, macht sich strafbar wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Dieses genauso als ob der Betroffene während der Fahrverbotszeit einen Pkw führt.
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Unter bestimmten Umständen kann aber doch selbst das Fahrradfahren verboten sein.
Wer mit dem Fahrrad mit 1,6 Promille unterwegs ist, dem kann auch für das in der Garage stehende Fahrzeug die Fahrerlaubnis entzogen werden. Es müssen zwar einige besondere Umstände bei einer solchen „Alkoholfahrt“ hinzukommen. wie Sachbeschädigungen durch das Umtreten von Mülltonnen, Leitpfosten und ähnliches; dennoch droht auch bei einer alkoholisierten Fahrradfahrt ein Entzug der Fahrerlaubnis sowie ab einer BAK von 1,6 Promille auch eine MPU. Das Gericht kann sogar soweit gehen, auch ein Verbot für das Führen eines Fahrrades auszusprechen.
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Seit einiger Zeit sind auch Segways und E-Scooter unterwegs.
Der E-Scooter ist ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug. Wer alkoholisiert auf dem E-Scooter fährt, dem kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Sofern ein ordnungswidrigkeitenrechtliches Fahrverbot ausgesprochen wurde, etwa die Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Pkw, ist auch die Nutzung eines E-Scooters vom Fahrverbot betroffen. Möchte man einen E-Scooter während einer Fahrverbotszeit nutzen, so muss diese ausdrückliche Ausnahme ausgewiesen sein. Ansonsten droht auch hier eine Strafbarkeit wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Mit dem Segway sind Radwege oder die Straße zu nutzen, auf dem Gehweg ist das untersagt. Auch wer mit einem Segway alkoholisiert unterwegs ist, handelt ordnungswidrigkeitenrechtlich bzw. strafrechtlich verantwortbar.
Zählen auch Elektro-Rollstühle zu Kraftfahrzeugen?
Ja. Vor dem Amtsgericht Löbau musste sich ein Rollstuhlfahrer verantworten, der mit seinem Elektro-Rollstuhl mit 1,66 Promille auf dem Gehsteig unterwegs war. Das Gericht verurteilte den Rollstuhlfahrer wegen vorsätzlicher Trunkenheitsfahrt und verhängte ein dreimonatiges Fahrverbot. Allerdings kann ein Fahrverbot gegenüber dem Fahrer eines Elektro-Rollstuhls nur verhängt werden, wenn er in der Lage ist, sich mit einem handbetriebenen Rollstuhl fortzubewegen (AG Löbau, Urteil vom 07.06.2007, 5 Ds-430 Js 17736/06).
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Das OLG Nürnberg hat hingegen schon bereits bei einer Alkoholisierung von 1,25 Promille einem Rollstuhlfahrer, der nur mal eben auf dem Radweg zur nächsten Tankstelle fuhr, um Zigaretten zu holen, zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt, dieses mit dem Argument, dass ein Rollstuhl zwar standsicherer, aber breiter, massiver und wegen der Motorkraft unfallträchtiger als ein Fahrrad sei, so das OLG Nürnberg.