Brilon. Eine Frau steht zum zweiten Mal in Brilon wegen falscher Anschuldigung und Notruf-Missbrauchs vor Gericht. Das Attest bringt eine Überraschung.
Als die Angeklagte schilderte, wie sie von ihrem ehemaligen Freund zum Sex gezwungen worden und ins Badezimmer geflüchtet war, hatte Richter Härtel „ein Déjà vu“. Richtig. Dieselbe Geschichte hatte er vor ziemlich genau einem Jahr schon einmal von der Mitt-Vierzigerin aus dem Raum Brilon gehört.
Zunächst habe man gemeinsam etwas getrunken, sie sei zu Intimitäten bereit gewesen, dann sei der Mann jedoch grob und gewalttätig geworden, hatte sie damals erzählt. Das alles stimmte jedoch nicht, wie die Ermittlungen ergeben hatten. Wegen falscher Verdächtigung und Missbrauchs des Polizeinotrufs musste die Frau damals 450 Euro Strafe zahlen.
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Per Notruf die Polizei in Marsch gesetzt
Jetzt saß die Frau erneut auf der Anklagebank. Im vergangenen Spätherbst hatte sie wieder per Notruf die Polizei in Marsch gesetzt, weil ihr „Ex“ sie angeblich vergewaltigt habe und sie bedrohe. Diesmal jedoch ersparte die Frau den Strafverfolgungsbehörden ein umfangreiches Ermittlungsverfahren. Sie sei ziemlich aufgelöst gewesen und habe von einer früheren Vergewaltigung gesprochen, sagte einer der Beamten im Zeugenstand. Dann habe sie ihn und seinen Kollegen beleidigt und die Tür zugeschlagen.
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Vor einem Jahr hatte die Frau ihren „Ex“ bei der Verhandlung noch in Schutz genommen: Eigentlich, so hatte sie damals gesagt, liebe sie ihn ja trotz allem immer noch. Davon ist nichts mehr geblieben. Bis in intimste Details schilderte die Frau, was ihr „Ex“ ihr angetan habe. Nur: Auf Nachfragen des Richters setzte sie alles immer wieder neu und anders zusammen. „Ihr früherer Freund soll bestraft werden, egal was er gemacht hat“, mutmaßte der Richter. Dabei sei offensichtlich, dass es an jenem Herbsttag keine Vergewaltigung gegeben habe und somit auch keinen Anlass, einen Notruf abzusetzen.
Frage der Schuldfähigkeit
Licht in die verworrenen Anschuldigungen und ihre Befindlichkeit brachte die Angeklagte dann selbst mit einem ärztlichen Befundbericht, den sie dem Gericht in der Absicht vorlegte, ihr doch noch Glauben zu schenken. Die dort aufgeführte, chiffrierte Diagnose gab Richter Härtel in den Justizcomputer ein: Paranoide Schizophrenie. Damit stellte sich Richter Härtel und Staatsanwältin Humpert die Frage der Schuldfähigkeit. Bei einer lediglich verminderten Schuldfähigkeit könnte die Angeklagte - wie bei einem Delikt im Rauschzustand - an Ort und Stelle verurteilt werden. Im Raum stand wegen der wiederholten Tat eine höhere Geld- oder eine Bewährungsstrafe.
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Das Auftreten der Angeklagten, so meinte die Staatsanwältin, lasse jedoch die Heranziehung eines Gutachters ratsam erscheinen. Diese Auffassung teilte auch Richter Härtel, der der in sich gesunkenen, schluchzenden Angeklagten die neue Situation erläuterte.
Thema Schuldunfähigkeit
Bei einer Paranoiden Schizophrenie nehmen Betroffene die Realität verändert wahr, verarbeiten sie anders oder leben phasenweise in einer anderen Welt.
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Laut § 20 des Strafgesetzbuches handelt ohne Schuld, „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“Ist gutachterlich die Schuldunfähigkeit festgestellt, kommt eine Unterbringung in der Psychiatrie in Betracht, sofern das Gericht den Angeklagten zu schwerwiegenden Straftaten für fähig hält.