Brilon/Arnsberg. Weil der Rat Brilon mit der Mehrheit von CDU und SPD die Redezeit einschränkte, haben BBL, FDP und Linke Klage eingereicht.
Sekt oder Selters: In dem Verfahren um die vermeintliche Beschneidung ihres Rederechts im Rat setzen BBL, FDP und Die Linke alles auf eine Karte. Beim Kammertermin am Donnerstag am Verwaltungsgericht Arnsberg gingen sie nicht auf den Vorschlag der Vorsitzenden Richterin Silke Camen ein, eine von allen Fraktionen gemeinsam getragene Redezeitregelung zu finden, die zum einen den Mitwirkungsrechten der Ratsmitglieder gerecht wird, zum anderen aber auch einen disziplinierten Sitzungsverlauf gewährleistet.
Entsprechende Vorschläge seiner Mandanten, so Rechtsanwalt Dr. Marcus Schiller, würden - so die Erfahrungen der Vergangenheit - „keine Mehrheit im Rat finden“. Das bekräftigte auch BBL-Ratsherr Reinhard Loos: „Nichts wird passieren.“ Mit einer derartigen einvernehmlichen Lösung und der „unstreitigen Beendigung“ des Verfahrens, so die Befürchtung, wäre der „Klageverbrauch“ verbunden gewesen. Die drei kleinen Fraktion hätten keine Möglichkeit mehr gehabt, beim - für sie absehbaren - Scheitern einer derartigen Vereinbarung erneut verwaltungsrechtliche Schritte einzuleiten.
Kläger gehen nicht auf Vergleichsvorschlag des Gerichts ein
Deshalb drängten sie auf eine Frist von drei Monaten, innerhalb der die vom Gericht angeregte gütliche Regelung zustande kommen sollte. Da spielte die Vorsitzende Richterin aber nicht mit: „Wir machen heute einen Strich drunter.“ Die Kläger hätten seit dem Anhörungstermin im Sommer ja Gelegenheit gehabt, „schon was vorzutragen“; dies sei jedoch nicht geschehen.
Anlass für die Klage war der im Sommer 2017 mit der Mehrheit von SPD und CDU gefasste Ratsbeschluss, die Redezeitregelung in der Geschäftsordnung des Rates zu ändern. Statt maximal dreimal für jeweils zehn Minuten sollte sich ein Ratsmitglied nur noch zweimal für höchstens jeweils fünf Minuten zu einem Tagesordnungspunkt äußern können. Einen entsprechenden Antrag hatte die CDU gestellt, die damit die ausschweifenden Wortmeldungen vor allem von BBL-Stadtrat Reinhard Loos unterbinden wollte.
Als Minderheit generell „in der schlechteren Position“
Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, warum denn der Rat die Redezeit „so krass“ reduziert worden sei, sagte der zu der Verhandlung geladene Bürgermeister Dr. Christof Bartsch, dass zunehmend Beratungen „nicht auf die Sache fokussiert“ gewesen seien, sondern dazu dienten, „Anschuldigungen und alte Geschichten aufzubrühen“. Worauf sich Dr. Bartsch vorhalten lassen musste, dass ihm als Sitzungsleiter in derartigen Fällen das Ordnungsrecht zur Verfügung stehe; das sei „ein schärferes Schwert als die Geschäftsordnung des Rates. Dr. Bartsch sagte, dass es es selbstverständlich üblich sei, in begründeten Fällen über die Redezeitregelung hinaus Nachfragen zuzulassen. Das, so Reinhard Loos, entspreche „nicht der Realität“, da dies nur für die GroKo, also CDU und SPD, zutreffe.
FDP-Klage gegen Abberufung zurückgenommen
In einem zweiten Verfahren hatte die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Brilon gegen die Abberufung von Dr. Alexander Prange aus der Gesellschafterversammlung der Krankenhaus gGmbH geklagt.
Dr. Prange hatte sich im vergangenen Jahr geweigert, dem neuen Gesellschaftsvertrag zuzustimmen, der u.a. die Reduzierung des Gremiums auf ein Mitglied vorsah.
Vorsitzende Richterin Silke Camen stellte fest, dass der Rat als Vertreter des Trägers festlegen dürfe, wie sich die in Gremien gesandten Mitglieder zu verhalten haben.
Da Dr. Prange in einer Mail mitgeteilt habe, dass er sich daran nicht halten werde, habe er einen Grund für seine Abberufung durch den Rat geliefert.
Daraufhin nahm Dr. Prange für die FDP die Klage zurück.
Das Gericht hatte sich Geschäftsordnungen anderer Kommunen angesehen. Im Vergleich dazu sei die Mitwirkungsmöglichkeit der Mandatsträger in Brilon „nicht optimal“ geregelt. Um die Ratssitzungen zu straffen, könnten, so die Vorsitzende Richterin, die komplexen Themen doch in den Fachausschüssen entsprechend vorberaten werden, so dass dafür eine erneute umfassende Debatte im Rat nicht erforderlich würde. Das ließe sich auch in der Redeordnung entsprechend großzügiger darstellen. Im übrigen müssten, so die Vorsitzende Richterin, die Kläger akzeptieren, „dass Sie als Minderheit in der schlechteren Position“ seien: „Aber das ist anderswo auch so“ und sei dem Wahlergebnis und damit dem Bürgerwillen geschuldet.
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Eine Entscheidung traf das Gericht gestern nicht. Die Vorsitzende Richterin schloss die Verhandlung mit den Worten: „Ich bin gespannt, was rauskommt.“