Olsberg. Gläubiger haben Forderungen in Millionenhöhe nach der Insolvenz der Klinik am Stein. Weshalb kam es überhaupt zu der Pleite? Eine Spurensuche.

Was ist passiert fünf Monate nach Schließung der Klinik am Stein? Die Gebäude stehen leer, das Personal hat sich umorientiert. Auch die Insolvenz ist noch nicht abgeschlossen: Andreas Schoß, Insolvenzverwalter, hat Forderungen gegen den Geschäftsführer der Kneipp-Betriebs-GmbH geltend gemacht und auch zum Beispiel von den Krankenkassen müsse er noch Forderungen einholen.

Es wurden Forderungen von 1,5 Mio. Euro festgestellt

Man erwarte aus dem Verkauf der Tagesklinik in Dortmund noch einen größeren sechsstelligen Betrag, so dass an die Gläubiger letztlich eine Masse von ca. 1 Mio. Euro verteilt werden könne.

„Bislang wurden Forderungen von rund 1,5 Mio. Euro festgestellt, es besteht aber noch die Möglichkeit, dass Gläubiger Forderungen nachträglich anmelden bis zu Bekanntwerden des Schlusstermins“, so Schoß. Auch die Kneipp-Kur-GmbH, Besitzerin vom Haus 1, habe noch Mietforderungen im sechsstelligen Bereich, ergänzt der Insolvenzverwalter. Diese würden aber nachrangig behandelt, da die Kneipp-Kur einzige Gesellschafterin der Betriebs-GmbH ist.

Immer noch Anfragen von potenziellen Patienten

Indes wird immer noch vereinzelt versteigertes Inventar am Stein abgeholt. Unter anderem aus diesem Grund ist auch der Hausmeister Peter Kuhnhenn noch bis mindestens Ende November im Gebäude anzutreffen. Wer die alte Kliniknummer 808-0 wählt, kommt sogar noch durch. Er führt Interessenten für die Eigentümerin durchs Haus, nimmt aber auch noch Anfragen entgegen. „Es fragen sicher drei bis vier Anrufer am Tag nach, ob sie Angehörige in die Klinik bringen können“, ist er selbst erstaunt. Auch die Frage nach Termine beim Neurologen käme immer wieder.

Sorge der Anwohner: was passiert mit den Gebäuden?

Derweil sorgen sich Anwohner in der Wattmecke, was wohl in die leer stehende Gebäude kommen könnte. Als Wohngegend ist der „Stein“ wegen der Fußläufigkeit zum Zentrum sicher gefragt. Also Eigentumswohnungen? Wieder eine Klinik? Mit Aufgabe des Klinikbetriebes ging auch der Bestandsschutz flöten, man müsste komplett die aktuellen Auflagen erfüllen, um hier eine Klinik oder ein Pflegeheim unterzubringen, das ist, verlautet es auch Fachkreisen, in einem Altbau nicht leistbar.

Angeblich Kaufangebot für die Häusergruppe

Vor zwei Wochen hat laut WP-Informationen eine Sitzung der Kneipp-Kurgesellschaft mbH Olsberg-Bigge & Co stattgefunden, in der es unter anderem um ein Kaufangebot für die Häusergruppe bzw. für Teile von ihnen ging. Darauf angesprochen verwies der Beiratsvorsitzende Karl-Heinz Maiworm, der laut Gesellschaftsvertrag ähnliche Kompetenzen wie ein Aufsichtsrat hat, auf den Geschäftsführer Horst Gebhardt. Letzterer war in den vergangenen Tagen telefonisch nicht zu erreichen.

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„Wir sind in Verhandlungen, aber noch nicht soweit, dass wir drüber reden könnten“, sagte Gebhardt vor rund vier Wochen gegenüber der WP. Der Kneipp Kur gehören die oberen beiden Gebäude, Haus 1 genannt. Eine Nachnutzung zu finden, brauche Zeit, Olsberger bräuchten sich aber keine Sorge zu machen, dass es den Klinik-Gebäuden so erginge wie dem ehemaligen Krankenhaus, so Gebhardt. Allerdings: Im Sommer hatte es mehrfach Meldungen über Einbrüche und Videos bei Lost Places aus den Klinik-Gebäuden gegeben.

„Wir sollten uns mit Nachdruck dafür einsetzen, dass endlich eine andere Lösung für die Weiternutzung gefunden wird“, so Gottfried Preidl junior,, dem Haus 2 und das kleinere Appartementhaus unterhalb gehören. Dort hat er selbst einst gewohnt. Es gebe einen sehr ernsthaften Kaufinteressenten für alle drei Häuser, so Preidl.

„Aus“ trotz des Bedarfs in dem Gesundheitssektor

Die Klinik ging in einem Markt - Geriatrie und Neurologie - insolvent, der stetig wächst. Warum? Die Antwort liegt wohl in einem „Gemisch aus unterschiedlichen Interessenlagen Beteiligter“, meint ein Insider. Bereits nach Beantragung der Insolvenz hatten Insolvenzverwalter Andreas Schoß und der damalige kaufmännische Leiter Thomas Steger dem Management jahrelange Sorglosigkeit vorgeworfen. Das habe die Klinik am Stein in die finanzielle Schieflage gebracht. Dies zeigte sich u.a. in über zehn Jahre immer wieder avisierten großen Bauvorhaben, die nur in Ansätzen umgesetzt wurden – auch, weil Finanzierungen nicht zu Stande kamen. „Zudem waren die ausgehandelten Pflegesätze nicht mehr auskömmlich“, so Schoß.

Durststrecke desillusionierte die Mitarbeiter

Die lange Durststrecke desillusionierte die Mitarbeiter. Und schließlich war die Klinik auch für Ärzte kein spannender Arbeitgeber mehr. Mehrere kaufmännische Leiter kamen und gingen, Projekte wurden geboren und starben wieder. Eins kam zum anderen. „Ich habe das in meinem Gutachten detailliert geschildert und das geht ohnehin zur Staatsanwaltschaft“, sagt Insolvenzverwalter Schoß. Er habe keine Strafanzeige gegen den Geschäftsführer gestellt.

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