Marsberg/Arnsberg. . Die Schützenfest-Tragödie von Marsberg erscheint in neuem Licht. Falsch geladene Kanonen waren ein Verstoß gegen das Waffengesetz.
- Beim Anböllern in Marsberg wurde Sand als Ladung für die Kanonen verwendet
- Beschussgesetz: Nur Kork und sehr leichte, weiche und nicht brennbare Materialien zulässig
- Staatsanwaltschaft: Technisches Gutachten steht derzeit im Fokus der Ermittlungen
War das so tragisch ausgegangene Anböllern des Marsberger Schützenfestes 2015 illegal? Besaßen die drei von den Historischen Schützen Obermarsberg bedienten Kanonen überhaupt die erforderliche Beschussbescheinigung? Oder war die Genehmigung in dem Moment erloschen, in dem die drei Böllerschützen zum Verdichten der Ladung Sand in die Rohre füllten?
Laut der Allgemeinen Verordnung zum Beschussgesetz sind als sogenannten Vorlage nur „Kork und sehr leichte, weiche und nicht brennbare Materialien“ zulässig.
Damit verliert die Böllerbescheinigung ihre Wirkung
In Marsberg verwendet wurde dagegen Sand. Das, so Dipl.-Ing. Carsten Menzebach, Leiter des für NRW zuständigen Beschussamtes beim Landesbetrieb Mess- und Eichwesen in Köln, zur WP, sei „nicht gestattet“. Menzebach wörtlich: „Damit verliert die Böllerbescheinigung ihre Wirkung.“
Gutachten in neuem Licht
Beim traditionellen Anböllern des Schützenfestes der St.-Magnus-Bruderschaft Marsberg waren am 11. Juli 2015 zwei von drei gusseisernen Kanonen explodiert.
Umherfliegende Metallteile hatten den König der Bruderschaft, Andre B. (30), tödlich verletzt und weitere Schäden angerichtet.
Ein Rekonstruktions-Gutachten zu dem Unglück hatte ergeben, dass die Kanonen mit Sand befüllt waren, und zwar mit dem Fünffachen der zugelassenen Vorlagen-Menge befüllt waren.
Bisher war nicht die Rede davon, dass Sand per se als Verdämmung unzulässig ist.
Denn Sand, so hatte es das Beschussamt München bereits 2004 festgehalten, entfalte bei einem Unfall „die entsprechende Wirkung einer vergleichbaren Schrotladung“. Mit Verweis auf diese Feststellung hatte das Gewerbeaufsichtsamt Nürnberg den Böllerschützengruppierungen in Unterfranken in einem Rundschreiben klipp und klar gemacht, dass durch eine derartige Verdämmung „das Böllergerät zur Schusswaffe wird und damit unter den Geltungsbereich des Waffengesetzes fällt!“
Hochsauerlandkreis hat Sprengerlaubnis entzogen
Damit stelle das Böllern mit Sand-Verdämmung eine Straftat dar. Das Gewerbeaufsichtsamt damals weiter: „Aufgrund einer Bestrafung - bzw. auch einer diesbezüglichen Ermittlung - ist nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften eine Zuverlässigkeit im Sinne des Sprengstoff- wie auch des Waffenrechts als nicht mehr gegeben anzusehen, was den Widerruf u.a. von Erlaubnissen nach vorgenannten Rechtsvorschriften zur Folge hätte.“
Genau das ist auch im Fall der drei Historischen Schützen geschehen. Der Hochsauerlandkreis hat ihnen die Sprengerlaubnis entzogen. Zwei von ihnen, so HSK-Pressesprecher Martin Reuther, hätten das akzeptiert. Der dritte habe dagegen vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Einen dazu parallel eingelegten Eilantrag, den Widerruf bis zur endgültigen richterlichen Entscheidung auszusetzen, hat das Verwaltungsgericht Arnsberg Mitte Januar abgelehnt.
Die Beschuldigten schweigen zu den Vorwürfen
Zum gleichen Zeitpunkt hat, wie berichtet, die Staatsanwaltschaft Arnsberg neue Ermittlungen aufgenommen. Dabei stehen die technischen Gutachten im Fokus. „Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen“, so der Sprecher der Behörde, Oberstaatsanwalt Werner Wolff zur WP.
Die drei Beschuldigten – es geht um den Verdacht der fahrlässigen Tötung – machen nach wie vor von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
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