Bochum. St. Pauli kommt mit der zweitbesten Defensive der Liga zum VfL, Bochum ist offensiv harmlos. Lösen Miyoshi und Boadu das Tor- und Kreativproblem? Eine Einschätzung.

Der VfL Bochum sucht Verstärkung für die Offensive, bisher ist aber kein Neuer in Sichtweite. Im Schlüsselspiel gegen den FC St. Pauli an diesem Mittwoch im ausverkauften Ruhrstadion (18.30 Uhr) wird kein Zugang helfen. Als Schlusslicht mit erst sechs Punkten steht der VfL gegen den Aufsteiger, der bereits 14 Zähler geholt hat, unter Siegdruck, um nach der Hinrunde noch eine realistische Chance auf den Klassenerhalt zu haben.

VfL Bochum: Auftakt verpatzt – neuer Stürmer im Anflug?

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    Dabei könnten zwei Hoffnungsträger des Sommers, die bisher die Erwartungen nicht erfüllt haben, in den Fokus rücken: der offensive Mittelfeldmann Koji Miyoshi und Stürmer Myron Boadu.

    Gegen abwehrstarkes St. Pauli müssen kreative Lösungen her

    Klar ist: Gegen St. Paulis Top-Defensive müssen kreative Lösungen her. Mit erst 20 Gegentoren hat St. Pauli neben Mainz und nach dem FC Bayern die zweitbeste Bilanz der Liga.

    Der Preis: St. Pauli hat mit zwölf Toren sogar noch einen Treffer weniger erzielt als Bochum, stellt damit die schwächste Offensive der Liga. Der Aufsteiger aber könnte mit einem 0:0 sicherlich gut leben - Bochum nicht.

    Koji Miyoshi war der Last-Minute-Transfer im Sommer, kam Ende August für eine mittlere sechsstellige Summe von dem aus der 2. englischen Liga abgestiegenen Klub Birmingham City zum VfL, erhielt in Bochum einen Vertrag bis 2028. Er ist ein Techniker, der mit Dribblings und Pässen in die Tiefe für den Unterschied sorgen kann, sorgen soll - was ihm bisher selten gelang. Auch, weil er selten spielte.

    Miyoshis Glücksmoment in Bochum: Tor gegen Leverkusen

    Seinen größten Moment hatte er gegen Leverkusen, als der 27-Jährige im ersten Spiel unter Dieter Hecking das umjubelte 1:1 erzielte kurz vor Schluss. „Er ist auch ein guter Einwechsler, hat da für viel Wirbel gesorgt“, meinte Hecking am Dienstag. Er schloss einen Startelf-Einsatz gegen St. Pauli aber nicht aus.

    Insgesamt spielte der Japaner bisher nur eine Nebenrolle, wurde sechs Mal eingewechselt, stand fünf Mal in der Startelf - zuletzt im Feuerzeugwurf-Spiel bei Union Berlin. Bereits nach 13 Minuten sah er nach einem üblen Foul zu Recht die Rote Karte, fehlte gegen Heidenheim (2:0) und in Mainz (0:2) gesperrt. Gegen St. Pauli könnte Miyoshi für Kapitän Anthony Losilla (nach Infekt geschwächt, gegen Leipzig am Samstag wieder eine Option) in die Startelf rutschen.

    Miyoshi vom VfL Bochum: Stark im offensiven Halbfeld

    Ein reiner Außenangreifer ist Miyoshi nicht. Spielte er unter Peter Zeidler eher positionsfremd im linken Halbfeld oder auf dem linken Flügel, beorderte ihn Hecking auf seine Lieblingsseite rechts. Von dort kann er mit seinem starken linken Fuß aufdrehen.

    Hecking will ihn vor allem in den Halbräumen wirbeln sehen. Wie in Berlin, als er neben Gerrit Holtmann für Druck nach vorne sorgen sollte im Verbund mit Sechser Ibrahima Sissoko und dem in Berlin ebenfalls tiefer postierten Zentral-Allrounder Matus Bero. Ganz vorne war Moritz Broschinski erster Anläufer und Anspielstation in die Tiefe sowie in der Box. Die frühe Unterzahl machte die Pläne zunichte, Holtmann musste dann auch noch früh verletzt ausgewechselt werden.

    Testspiel: VfL Bochum - Heracles Almelo, 05.01.2025
    Im Testspiel gegen Heracles Almelo erzielte Myron Boadu (l.) das 1:0-Siegtor. © IMAGO/Beautiful Sports | IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Meusel

    Eine Zentrums- und Offensiv-Formation aber, die sich nun gegen St. Pauli erneut aufdrängt. „Er ist noch nicht ganz im Rhythmus drin“, sagte Hecking zwar über Miyoshi, lobte aber seine Leistung im Testspiel gegen Wuppertal, auch wenn der WSV nur viertklassig spielt: „Er kann mit seiner Spielfreude, seinen Aktionen auch in der Bundesliga für Furore sorgen. Er ist ein Spielertyp, den wir so nicht haben. Mit seinen kleinen engen Haken kann er dem Gegner wehtun“, erklärte Hecking.

    Miyoshi kann den Unterschied machen - Boadu auch

    Auch, weil Konkurrenten wie Dani de Wit und Lukas Daschner wenig Tempo mitbringen und in dieser Saison fast komplett enttäuschten, spricht viel für einen Einsatz des Sommerzugangs von Beginn an. Während Miyoshi zwar gegen den Ball Defizite hat, ist er einer der wenigen VfL-Spieler, die mit einem Pass in die Tiefe die Stürmer einsetzen kann - womöglich Myron Boadu. Im Spielverlauf.

    Der von AS Monaco ausgeliehene Niederländer feierte am Dienstag seinen 24. Geburtstag, trotz erst sieben Liga-Einsätzen ist er mit zwei Treffern immer noch bester VfL-Angreifer vor Broschinski und Philipp Hofmann (je 1), die in Mainz erneut enttäuschten. Hinzu kommt eine Torvorlage, in Relation zur Spielzeit (360 Minuten) eine akzeptable Bilanz. Lediglich Mittelfeldmann Matus Bero hat einmal öfter getroffen.

    So könnten sie spielen

    VfL Bochum: Drewes - Passlack, Medic, Ordets, Bernardo, Wittek - Sissoko, Bero - Miyoshi, Holtmann - Broschinski

    Alternativen: Horn - Gamboa, Loosli, Masovic, de Wit, Daschner, Bamba, Boadu, Hofmann

    Es fehlen: Oermann (Schutzprogramm nach Gehirnerschütterung), Losilla (Rückstand nach Krankheit), Pannewig (Rückenprobleme)

    Sperre drohen: Wittek, Bero, Hofmann (alle vier Gelbe Karten)

    FC St. Pauli: Vasilj - Smith (Ritzka), Wahl, Nemeth - Saliakas, Irvine, Boukhalfa, Treu -Guilavogui, Eggestein, Afolayan

    Alternativen: Doll, Dzwigala, Stevens, Ahlstrand, Sands, Weißhaupt, Albers, Banks, Ceesay, Maurides, Sinani

    Es fehlen: u.a. Zoller (Muskelverletzung), Saad (Aufbautraining)

    Schiedsrichter: Daniel Siebert (Berlin)

    Auch in Mainz war es Boadu, der nach seiner Einwechslung in der 70. Minute den ersten Torschuss des VfL abgab. Im Testspiel gegen Heracles Almelo gelang ihm das 1:0-Siegtor, gegen Wolfsburg Anfang Oktober (1:3) hatte er sich mit dem Ehrentreffer in die Verletzungspause verabschiedet (Schambein-Entzündung). Drei Monate später gab er nun in Mainz sein Comeback, spielte erstmals unter Hecking.

    Heckings Gespräch mit Boadu: „Er war einsichtig“

    Der Trainer hatte zuvor seine Trainingsleistung und Einstellung ungewohnt deutlich kritisiert. „Wir haben vor dem Sonntagstraining ein Gespräch mit ihm geführt, das war nötig und wichtig für beide Seiten“, erklärte Hecking am Dienstag. „Er hat verstanden, warum ich sauer war, war einsichtig. Er kann ein sehr wichtiger Spieler für uns sein. Wenn er das anbietet, was er am Sonntag im Training gezeigt hat, wird er seine Minuten auch bekommen und auf mehr pochen dürfen. Ich hoffe, dass es dauerhaft anhält.“

    Während Boadu im Strafraum ein „cleverer“ Spieler sei, hatte Hecking seine Arbeit gegen den Ball bemängelt. Zudem fehlt ihm nach der langen Pause und sehr wenig Spielzeit in den letzten Jahren auch die Fitness für die volle Distanz. Mit Boadu ist daher gegen St. Pauli nur als Joker zu rechnen.

    Boadu wohl Joker - Broschinski oder Hofmann vorne?

    Denkbar, dass Hecking auf Broschinski setzt im Sturmzentrum, alternativ Philipp Hofmann. Für Hofmann spricht seine Präsenz, Kopfballstärke und Stärken in der Ballbehauptung, für Broschinski das höhere Tempo, seine Intensität gegen den Ball als erster Anläufer.

    Mit Miyoshi sowie dem in Mainz nach Verletzungspause eingewechselten Tempomann Holtmann als offensive, rotierende, auch in die Spitze ziehende Achter würde Hecking gegen die Dreierkette der Hamburger um die groß gewachsenen Hauke Wahl und David Nemeth mehr auf spielerische Lösungen setzen als mit einer Doppelspitze Hofmann/Broschinski.

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