Bochum. Die Verpflichtung von Niklas Jahn hatte der VfL Bochum schnell vorangetrieben. Das Talent wollten die Verantwortlichen unbedingt holen.
Er wartete ab, um genau im richtigen Moment den Weg in den Strafraum zu machen, wurde freigespielt von Felix Passlack. Niklas Jahn hob den Kopf, spielte nach innen und legte den Treffer zum 5:1 für den VfL Bochum im Testspiel bei der SSVg Velbert auf. Jahn dreht ab, hüpfte einmal kurz und ballte die Hand zur Faust. Die 76. Minute der Partie wird dem 19-Jährigen vermutlich nicht für ewig im Gedächtnis bleiben, dennoch war sie der Moment seiner ersten Torvorlage im blau-weißen Trikot. Erst vor wenigen Wochen schloss er sich dem VfL an, kam ablösefrei vom Zweitligisten 1. FC Nürnberg, für den er allerdings nur in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Bayern zum Einsatz kam.
Dennoch war Jahn ein Transfer, den Bochums Sportdirektor Marc Lettau frühzeitig vorangetrieben hat. „Der VfL kam früh auf mich zu und ich habe mich sofort wertgeschätzt gefühlt“, sagt Jahn dieser Redaktion und berichtet von vielen Gesprächen mit den Verantwortlichen. „Ich war zwei, drei Mal hier im Stadion und habe die Stimmung erlebt. Für mich war schnell klar, dass ich Bock auf diesen Verein habe. Die Fans sind emotional, es ist ein geiler Verein.“ Und der Verein hatte Bock auf Jahn. Aber warum, schließlich spielte er doch bislang nur Jugend und der vierten Liga?
VfL Bochum: Jahn überzeugt in ersten Testspielen
Jahn ist aufgrund seines Werdegangs in der U17- und U19-Bndesliga kein unbeschriebenes Blatt. Im initiierenden datenbasierten Scoutingprozess fiel Jahn nach Informationen dieser Redaktion dann immer wieder auf, wurde später auch daraufhin mehrfach persönlich gescoutet. Selbst Sportdirektor Lettau machte sich einige Male selbst ein Bild von ihm, weil der Mittelfeldspieler in sehr vielen Parametern, die für den VfL Bochum bei der Spielersuche auf der Jahn-Position relevant sind, gute Daten lieferte. Als sich in diesem Sommer nun die Möglichkeit ergab, das Talent ablösefrei aus Nürnberg zu holen, schlug der VfL zu. „Mit Niklas Jahn verpflichten wir einen weiteren Perspektivspieler, der viele Kriterien des VfL-Anforderungsprofils auf seiner Position erfüllt“, sagte Lettau bei der Verpflichtung.
Jahn ist ein defensiver Mittelfeldallrounder, der durch seine aggressive Spielweise aber auch seiner guten Entscheidungsfindung und Übersicht auffällt. Vor allem gegen den Ball - eine Komponente, die der VfL-DNA entspricht - hat er große Stärken. Dass er auch unter Druck bestehen kann, zeigte er in den beiden Testspielen in Ahlen (3:1) und in Velbert (5:1). Wenngleich in diesen Partien auch deutlich wurde, dass er auf Profi-Niveau vor allem physisch noch Nachholbedarf hat. Mit seinen 1,72 Meter Körpergröße hat er es schwer gegen robuste Gegenspieler, machte dieses Defizit in der Vergangenheit aber mit einem guten Timing wett, er ist beweglich.
Das beeindruckte auch das Trainer- und Betreuerteam bei den Leistungstest zum Start in die Vorbereitung. Bei nahezu allen Tests, ob bei der Explosivität, bei der Sprungkraft oder der Ausdauer, verzeichnete Jahn nach Informationen dieser Redaktion überdurchschnittliche Werte, war gar fast überall weit vorn dabei. Hinzu kommt der unbedingte Wille, den Sprung in die Bundesliga direkt schaffen zu wollen. „Ich will direkt Vollgas geben, mich zeigen und mir und dem Verein beweisen, dass mir der Sprung gelingen kann“, sagt Jahn, der von seinen ehemaligen Mitspielern beim Club auch mal mit Nationalspieler Joshua Kimmich verglichen wurde. „Ich bin ein Typ, der über Kampfgeist und Willen kommt. Mich zeichnet auf dem Platz aus, dass ich nie aufgebe, bis zur letzten Minute Vollgas gebe. Ich versuche es mit Kampfgeist auszugleichen, wenn es mit dem Ball vielleicht mal nicht wie gewünscht funktioniert“, sagt er selbst über sich.
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Jahn gilt als charakterstark, als jemand, der auch führen will. So sprach einst Nürnbergs Trainer Robert Klauß über Jahn, unter dem er sogar acht Mal im Profi-Kader stand, aber nicht zum Einsatz kam. Nun hat der VfL zugeschlagen, will ihm den Sprung in den Profifußball ermöglichen. Jahn ist ein Transfer, der zur Kaderverjüngung beiträgt, aber der sich auch in naher Zukunft qualitativ auswirken soll. Im Sommer behalten die Verantwortlichen des VfL die Entwicklung des 19-Jährigen genau im Blick und wollen dann gemeinsam mit dem Spieler entscheiden, was der sinnvollste nächste Schritt ist.
VfL Bochum: großes Angebot im zentralen Mittelfeld
Im Mittelfeld der Bochumer wird es nämlich eng. Anthony Losilla, Matus Bero, Ibrahima Sissoko, Dani de Wit, Agon Elezi - sie alle spielen auf den Jahn-Positionen. „Ich bin ein Sechser oder Achter, mir macht beides Spaß“, sagt er selbst. „Aber am Ende spiele ich da, wo der Trainer mich hinstellt. Denn darum geht es: ich will spielen. Ich will gut in die Mannschaft reinkommen und nicht nur gucken, wie es läuft.“
Dass er langfristig in Bochum bleiben will, macht auch die Vertragslaufzeit von drei Jahren deutlich, zudem hat er bereits eine eigene Wohnung gefunden, fühlt sich schon wohl in der Mannschaft. Der Wechsel nach Bochum ist für Jahn aber auch ein wichtiger Schritt in der persönlichen Entwicklung. „Irgendwann muss man aber mal raus und seinen eigenen Weg gehen. Ich habe bislang bei meinen Eltern gewohnt, da hat die Mama auch noch gesagt, was ich zu tun habe oder für mich gekocht“, sagt er. „Hier bin ich jetzt selbst für mich verantwortlich, bin aber auch etwas freier. Ich kann kochen, was ich will. Und aufräumen, wann ich will.“
Nur auf dem Platz, da muss der 19-Jährige, der dieser Tage fast nur mit einem Lächeln im Gesicht zu sehen ist, Disziplin beweisen, damit der Sprung in die Bundesliga wirklich klappen kann. Überzeugt davon sind sie in Bochum aber alle.