Siegen-Wittgenstein. Für die höherklassigen Wittgensteiner Vereine wird es immer schwieriger, Neuzugänge zu finden. Kicker erklären ihre Sicht der Dinge.
Motivierte Spieler für die anstehende Saison zu finden, ist für die Wittgensteiner Fußballvereine ab der Kreisliga A zu einer Mammutaufgabe geworden. Sowohl die Sportfreunde Birkelbach, der TSV Aue-Wingeshausen als auch die Sportfreunde Edertal aus eben jener A-Klasse haben bisher keine externen Neuzugänge vermelden können. Beim Bezirksligisten VfL Bad Berleburg ist es einer. Da die Kaderplanungen der Konkurrenten mit Hinblick auf die kommende Saison so gut wie abgeschlossen sein dürften, werden den heimischen Fußballfans wohl kaum noch krachende Transfermeldungen bevorstehen.
In den Gesprächen mit den Verantwortlichen der Vereine kristallisierte sich heraus, das allesamt dieselben Faktoren für die Transferflaute verantwortlich machen: zu wenig Nachwuchsspieler, fehlende Motivation für ambitionierten Fußball bei der Jugend, zu großer Konkurrenzkampf um zu wenige Spieler und der ausgeprägte Wille von Leistungsträgern, für den jeweiligen Heimatverein zu spielen. Doch haben die Sportlichen Leiter recht? Was bewegt besonders erfolgreiche oder talentierte Spieler dazu, unter ihren Möglichkeiten zu spielen?
Schameders Paradebeispiel Lucas Menn
Ein absolutes Paradebeispiel für ein Talent, welches nie den Sprung aus dem heimischen Nest gewagt hat, ist Schameders Top-Torjäger Lucas Menn. Mit dem SV ist er in der abgelaufenen Saison Meister in der Kreisliga B geworden und nun selbst in die A-Liga aufgestiegen, dabei hatte er mit 27 Treffern maßgeblichen Anteil am Erfolg. Obwohl es von einigen Vereinen Angebote gab, hat sich der Angreifer jedoch nie Gedanken über einen Wechsel in eine vermeintlich stärkere Liga gemacht, wie er erklärt: „Natürlich gab es in der Vergangenheit ein paar Angebote, die auch reizvoll waren. Aber ich habe nie daran gedacht, Schameder zu verlassen. Wir sind ein wirklich eingeschworener Haufen und haben eine tolle Kameradschaft.”
Genau diese Kameradschaft scheint gute Spieler zu überzeugen und hat den SV damit auf die gleiche Ebene wie die konkurrierenden Vereine aus der A-Klasse gehoben. Gerade in Schameder finden sich neben Menn mit Daniel Wolf, Jan-Kevin Knebel oder auch Niklas und Lukas Brachmann sogar einige Spieler, die höherklassige Erfahrung mitbringen und dann zurück in die Heimat gekehrt sind.
TuS Diendenshausen: Jonas Dienst wechselt vier klassen Tiefer
Genau in diese Richtung scheint der Trend für Kicker im besten Fußballeralter zu gehen, was unter anderem der Wechsel von Jonas Dienst vor zwei Jahren beweist. Der zu diesem Zeitpunkt 25-Jährige wechselte damals vom hessischen Verbandsligisten zum vier Spielklassen tiefer agierenden TuS Diedenshausen in die Kreisliga B. Mangelnde Wertschätzung gemeinsam mit einer großen Heimatverbundenheit haben den Allrounder damals zurück auf den Hartplatz gezogen, wie er erklärt: „Ich hab bei Ederbergland zu Beginn meiner letzten Saison nicht die Spielzeit bekommen, die ich mir erhofft hatte und auch kein Feedback, weshalb. Den gleichen Aufwand wollte ich aber auch in keinen anderen Verein stecken.” Er ergänzt: „Da ich sehr heimat- und vereinsverbunden bin, mein Vater ist zum Beispiel Rekordspieler beim TuS, bin ich dann zurückgekommen.”
Doch neben dem aktuellen Diedenshäuser Co-Trainer hat der Verein mit Philipp Dienst und Nils Homrighausen zwei weitere Talente im Verein, die niemals den Sprung zur Konkurrenz gewagt haben. Jonas Dienst über seine Teamkollegen: „Die beiden haben eine sehr große Verbundenheit und identifizieren sich total mit dem TuS. Ich glaube, für die würde ein Wechsel niemals in Frage kommen.” Diese Verbundenheit hat den Diedenshäusern unter anderem die Vizemeisterschaft in der Saison 2022/23 eingebracht.
Sportfreunde Edertal: Niklas Linde schlägt Angebot von Sportfreunde Siegen aus
Auch Niklas Linde, der im jungen Alter Angebote von den Sportfreunden Siegen oder dem TuS Erndtebrück ausschlug, sich damals dem VfL Bad Berleburg anschloss und mit dem Verein in die Landesliga aufstieg, ist in gewissem Maße ein Spieler, der aufgrund von Lokalpatriotismus nun mit 27 Jahren in der Kreisliga A bei seinem Heimatverein Sportfreunde Edertal spielt. Ihm zufolge war der Weg aber immer so geplant: „Mich hat es schon gereizt, höherklassigen Fußball zu spielen und die Zeit beim VfL war dafür perfekt. Irgendwann hat es mir dann aber gereicht und ich wollte wieder in meinem Heimatverein kicken.”
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Ein anderer Spieler, der erst im Vorjahr von A-Liga Absteiger SG Laasphe/Niederlaasphe in die Kreisliga C zum SV Oberes Banfetal gewechselt war, ist Jan-Moritz Höbener. „Ich hatte in den letzten Jahren in Laasphe ein bisschen den Spaß am Fußball verloren und wollte einen neuen Verein finden. Die Spielklasse war dabei egal”, sagt der Torjäger. Mit 52 Treffern hat er diesen jedoch beim C-Ligameister wiedergefunden und freut sich auf die anstehende Saison in der B-Klasse.
Es scheint also so, dass vor allem Freundschaft und Heimatverbundenheit ausschlaggebende Gründe für Spieler sind, eher eine entspanntere Kugel zu schieben. Dennoch werden die Jugendjahrgänge personell immer dünner, weshalb der Spielerpool von der Kreisliga D bis zur Bezirksliga Jahr für Jahr schrumpft - und einige Vereine ums Überleben kämpfen müssen.