Menden. Weil im Huckenohl-Stadion das Flutlicht streikt, hat Dennis Huckschlag Probleme mit dem Training. Doch der MC Menden hilft seinem Sportler.

Weihnachten ist bekanntermaßen das Fest der Liebe und ein fester Termin im Jahr, den man mit seiner Familie und seinen Freunden verbringen möchte. Nun sind der 30-jährige Dennis Huckschlag und der Marathon-Club Menden natürlich nicht richtig miteinander verwandt – doch trotzdem ist der Verein für den Inklusionssportler zu seiner sportlichen Heimat geworden.

Fotografisches Gedächtnis

Und in einer für den jungen Mann schwierigen Zeit schenkt ihm sein Verein ein besonderes Zeichen der Wertschätzung. Dennis Huckschlag hat eine körperliche Behinderung. Genauer gesagt ist er fast komplett erblindet. „Ich habe eine Sehbeeinträchtigung, meine Netzhaut im Auge löst sich auf. Das ist leider ein laufender Prozess und kann dazu führen, dass ich irgendwann vielleicht komplett blind bin“, erklärt Dennis Huckschlag. Die Diagnose bekam der Sportler erst vor knapp sechs Jahren, als der seltene Gendefekt bei ihm einsetzte. Sein großes Glück ist, dass er das Laufen gelernt hat, als er noch sein volles Augenlicht besaß. „Dennis kann im Prinzip nur mit ein bisschen Sicht auf der Bahn ohne größere Probleme alleine laufen. Das ist phänomenal. Er kann sogar 200 Meter sprinten, weil er in seinem Gehirn gespeichert hat, wie die Bahn funktioniert, quasi wie bei einem fotografischen Gedächtnis“, erklärt MCM-Chef Hans-Jürgen Kasselmann, der Dennis Huckschlag begleitet seitdem er von der LG Menden zum Marathon-Club Menden gewechselt ist.

Trotz seines Handicaps zeigt sich Huckschlag lebensmutig. Aufgeben kommt für den jungen Mann absolut nicht in Frage. „Der Laufsport bedeutet mir viel. Inklusionssport nimmt für mich eine große Rolle in meinem Leben ein. Trotz meiner Beeinträchtigung möchte ich an der Gesellschaft und am Sport teilnehmen. Das ist doch das, was jeder Mensch möchte. Laufen macht mir Spaß und tut mir einfach gut.“

Ein Allrounder

Unter normalen Umständen ist Dennis Huckschlag ein Langstreckenläufer und absolviert bei jedem Training, egal ob im Sommer oder im Winter fünf bis zehn Kilometer. „Dennis bekommt von mir Trainingsaufgaben. Das ist entweder ein Ausdauerprogramm. Das läuft er alleine. Oder er läuft ein Sprintprogramm. Wenn ich dabei bin, kann ich ihn dirigieren. Dann läuft er beispielsweise zehn Mal 100 Meter oder Sprints in der Kurve. Ich versuche ihn so zu fordern, dass er behindertengerechte Aufgaben bekommt“, erklärt Kasselmann, wie die Arbeit mit seinem Schützling funktioniert.

Seit einiger Zeit hat Dennis Huckschlag bei seinem Training jedoch große Probleme. Denn im Huckenohl-Stadion, das bekannterweise marode und in die Jahre gekommen ist, funktionieren mehrere Flutlichtmasten nicht. Und da der Mendener bei Dunkelheit im Winter auf das Licht angewiesen ist, ist es bei nur noch zwei Prozent Sehschärfe für ihn nahezu unmöglich normal zu trainieren. „Für mich ist das eine Qual und mir tun die Augen weh. Mein räumliches Sehen ist nur möglich, wenn das Flutlicht voll an ist“, erklärt Dennis Huckschlag. Das führt dazu, dass der Inklusionssportler an gewissen Stellen, an denen es zu dunkel ist, sein fotografisches Gedächtnis nicht abrufen kann. „Er hat zwar eine Stirnlampe auf, aber wir mussten das Training jetzt leider mehrfach abbrechen und werden es jetzt erst einmal sein lassen“, schildert Kasselmann die Lage. Ein normales Training ist für Dennis Huckschlag unter diesen Umständen nicht möglich. „Die Stadt investiert sehr viel Geld in andere Dinge, aber lassen das Stadion verkommen. Das finde ich nicht richtig. Ich bin zwar ein Einzelkämpfer, aber mir wird somit die Möglichkeit genommen, meiner Leidenschaft nachzugehen.“

MCM zieht an einem Strang

Doch der Marathon-Club Menden lässt seinen Inklusionssportler nicht fallen. In der Überbrückungsphase hat Hans-Jürgen Kasselmann versucht Dennis Huckschlag spezielle Aufgaben zu geben, damit er sich weiterhin bewegen kann. Zum Beispiel verfügt der Verein über ein Spin-Bike, auf dem er trainieren kann. „Allerdings funktioniert das nur, wenn Dennis einen Betreuer an die Seite bekommt, der sich um ihn kümmert und ihm Hilfestellungen gibt“, erklärt Kasselmann. Dem MCM-Chef liegt dieses Problem besonders am Herzen. „Ich habe schon mit dem Vorstand gesprochen. Und wir sind alle der Meinung, dass wir Dennis unbedingt helfen müssen. Wir haben jetzt beschlossen, dass Dennis montags, dienstags, mittwochs und freitags trainiert. Und wir werden jetzt im Verein die Trainingszeiten so ausschreiben, dass wir unsere Sportler fragen, wer mit Dennis laufen kann. Und dann stellen wir einen Plan auf, sodass immer einer mit ihm läuft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das klappt. Für Dennis ist der Verein seine Familie. Und eine Familie hilft ihren Mitgliedern.“

Bereits von den Vereinsgründern Horst und Josef Kaderhandt hat der MCM-Chef eingeimpft bekommen, dass es die Vereinsphilosophie ist, sich gerade um die Sportler besonders zu kümmern, die auf irgendeine Weise benachteiligt sind oder nicht die besten Voraussetzungen haben. „Dennis ist ein Kind unseres Vereins. Er ist genauso alt wie mein eigener Sohn“, sagt Kasselmann.

Heiligabend bei den Eltern

Dennis Huckschlag fühlt sich im Verein pudelwohl. „Der Marathon-Club Menden bedeutet mir alles. Wenn ich Hilfe brauche, ist immer jemand da.“ Der 30-Jährige hat sich im Verein einen Namen gemacht. „Er ist ein Vorbild für viele, weil er seinen Sport auf seine ganze eigene Art und Weise ausübt und allen zeigt, wie man mit Krisen umgehen kann. Davor haben alle großen Respekt“, beschreibt Kasselmann.

Für Dennis Huckschlag steht heute Abend das Weihnachtsfest an. Er lebt in einem Mendener Behindertenwohnheim. Doch heute Abend feiert er mit seinen Eltern zusammen. „Die Familie ist das wichtigste. Und an Weihnachten möchte ich bei meinen Liebsten sein, etwas herunterkommen und für mich auch etwas das Jahr reflektieren“, sagt er. In 2022 möchte er dann mithilfe des Marathon-Clubs Menden auch sportlich wieder angreifen.