Menden. Der Reitverein Menden steht in der Zeit von Corona vor anderen Herausforderungen als andere Sportler. Corinna Müller über die Situation.
Die Fußballstadien sind leer gefegt, die Ballettschuhe im Schrank verstaut, die Tennisschläger stecken in ihren Hüllen. So hat es die Regierung angeordnet: Der komplette Vereinssportbetrieb ist eingestellt.
Es sind Maßnahmen, die wehtun, doch sie sind nötig, und sie sind leicht umzusetzen – zumindest meistens.
Schwieriger ist die Situation vor allem für eine Art von Sport, den Reitsport. Denn Reiter können ihre „Utensilien“ für den Sport nicht einfach wegschließen, schließlich handelt es sich dabei um Lebewesen, um Pferde.
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„Das sind lebende Tiere. Die kann man nicht einfach zwei Wochen einsperren“, verdeutlicht auch Corinna Müller, 1. Vorsitzende des Reitvereins Menden und Reitlehrerin – normalerweise.
Keine Bewegung: lebensbedrohlich
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Momentan liegt der Schulbetrieb natürlich flach. Das heißt aber nicht, dass die Pferde einfach in der Box bleiben können. „Klar müssen die bewegt werden, und auch vom Tierarzt, Hufschmied oder mit Futter versorgt werden“, erklärt sie.
Und ruft ins Gedächtnis, dass das nichts ist, worauf man „einfach mal so ein paar Tage“ verzichten könne: „Wenn ein Pferd nur in der Box steht, kann es Verstopfung bekommen. Dann muss das Tier meistens eingeschläfert werden“, unterstreicht Müller den Ernst der Lage.
Viele Rechte für Reiter
„Der Dachverband hat daher ziemlich viele Rechte für uns Reiter erkämpft“, betont sie. Deshalb dürfen die Besitzer auch noch zu ihren Pferden – und sie longieren und reiten. Aber auch das habe eine zeitliche Begrenzung.
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Weil im Reitverein Menden nicht jedes Pferd einen eigenen Besitzer habe, gebe es im Moment keine Probleme, was die Anzahl der Leute auf der Anlage betrifft. „Man kann auch einen Anwesenheitsplan machen, aber das war bisher nicht nötig“, so Müller.
Bisher waren maximal drei Personen gleichzeitig auf der Anlage. Und natürlich achtet auch der Verein auf jegliche Abstands- und Hygienemaßnahmen. „Es werden auch immer Handschuhe getragen.“
Auf Kosten der Schulpferde
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Beim Reitverein Menden habe man aber immerhin das Glück, nicht vom Schulbetrieb zu leben. Das heißt, dass der Verein keine eigenen Pferde hat, für dessen Futter das Geld jetzt knapp werden könnte.
„Das sind momentan harte Zeiten für alle. Und es könnte vor allem – leider – auf Kosten der Schulpferde gehen“, erklärt die Reiterin in bedrücktem Tonfall.
Pferde gehören zur Familie
Und auch wenn der Verein keine Schulpferde zu versorgen habe, mache sie sich trotzdem Sorgen: „Ich sehe da ein wirtschaftliches Problem. Wenn die Leute kein Geld mehr für ihre Pferde haben, die verkaufen und wir plötzlich mehr leere Boxen haben, fehlen uns auch Einnahmen.“
Pferde bekommen andere Seuchen
Was das Coronavirus und seine Gefahr für die Pferde selbst betrifft, kann Corinna Müller beruhigen: „Angeblich kann bisher kein Tier das Virus bekommen“, erklärt die Reiterin. Doch im gleichen Atemzug hat sie eine Warnung an alle Pferdefans parat: „Pferde können aber trotzdem andere Seuchen bekommen.“
Krankheiten, die Menschen übertragen können – durchs simple Streicheln der Tiere. „Wenn man in einem Stall ein Pferd streichelt und das so eine Krankheit hat, kann man die auch auf die Tiere im nächsten Stall übertragen, wenn man diese streichelt“, erklärt Müller die Gefahr.
Und diese Krankheiten sind auch nicht ohne: Sie können nämlich zum Tod führen. „Hat man Pech, kann davon ein ganzer Bestand betroffen sein.“ Das Thema sei ernstzunehmen – jeder Reitbetrieb hoffe, dass der Kelch an ihm vorübergeht.
Deshalb appelliert Corinna Müller: „Aufs Streicheln sollten die Menschen verzichten. Auch wenn man die Tiere toll findet“, betont sie. Denn was wie eine liebe Geste aussieht, kann tödlich enden. Müller betont: „Diese Seuchen sind wirklich ernst – und nicht ganz ohne.“
Doch sie betont auch, dass kaum ein Besitzer sein Tier leichtfertig verkaufe. „Die Pferde gehören bei den meisten zur Familie.“ Die Möglichkeit, dass Verkäufe stattfinden, schließt Müller trotzdem nicht aus.
Einzelreitstunden: genug Abstand?
„In der gesamten Masse des Reitsports wird sich viel tun“, erklärt sie. Nicht nur was Verkäufe betrifft. Auch wenn verschiedenen Vereinen Sponsoren wegbrächen, würde es kritisch. Genau so wie Turniereinnahmen. „Wir richten immer ein Turnier im August aus. Und klopfen auf Holz, dass das noch stattfindet.“
Und auch Corinna Müller selbst steht gerade vor einigen Fragezeichen. Denn sie verdient ihr Geld als Reitlehrerin. Und kann momentan eben keinen Unterricht geben. „Wenn das vier Monate so weitergeht, wäre das auch nicht so toll“, erklärt sie.
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Vor allem weil sie nur Einzelunterricht gibt – und keine Gruppen trainiert – wünscht sich die Sportlerin, dass sie weiter lehren darf. „In manchen Ländern sind Einzelreitstunden erlaubt“, erklärt Müller. NRW schreibe vor, dass sich an die Kommunen gewendet werden muss. Und die sagen hier: Nein. „Obwohl das abstandsmäßig kein Problem wäre.“
Wunsch nach Verständnis
Sie wünscht sich in der jetzigen Zeit vor allem Verständnis für die schwierige Situation: „Es ist eine Sonderstellung, ja.“
Doch diesen Sport komplett einzustellen, sei eben nicht möglich, das solle auch die Allgemeinheit akzeptieren. Müller unterstreicht es nochmals: „Schon zwei, drei Tage ohne Bewegung sind für die Tiere gefährlich!“