Hagen. Der DFB-Präsident war am Dienstagabend zu Gast im Kirchenbergstadion in Hohenlimburg. Der Grund für Bernd Neuendorfs Besuch in Hagen:
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“: Dass diese Norm aus dem Grundgesetz (Artikel 3, Absatz 2) praktisch nicht immer greift, zeigt nicht zuletzt der Blick in den heimischen Frauen- und Mädchenfußball. Denn viele von den Spielerinnen aus Hagen fühlen sich in ihrem Sport nicht vollständig gleichberechtigt. Diesen Vorwurf konnten mehrere Teams von den Sportfreunden Westfalia Hagen und vom SV Hohenlimburg 1910 am Dienstagabend an den mächtigsten Entscheider adressieren, den es im deutschen Fußball gibt. DFB-Präsident Bernd Neuendorf war in dieser Woche zu Gast im Kirchenbergstadion und wollte sich bei den Frauen und Mädchen aus Hagen erkundigen, wo der Schuh drückt.
„Würde mir mehr Beachtung wünschen“
In einer Diskussionsrunde machten die Mädchen und Frauen keinen Hehl aus dem Umstand, dass Frauenfußball in der Vergangenheit zu lange stiefmütterlich behandelt wurde. Von den Vereinen, von den Verbänden bis hin zur Dachorganisation DFB und auch von Sponsoren und Medien.
Auch interessant:Gewalt auf Sportplätzen: „Die Eltern sind das Problem“
„Ich würde mir wünschen, dass Frauen im Fußball mehr beachtet werden“, sagt eine Akteurin vom SV Hohenlimburg 10: „Es ist nach wie vor schwer, als Frau vom Profi-Fußball leben zu können, während Männer Millionen verdienen.“ Eine Spielerin von Westfalia hätte zum Beispiel gerne eine Profi-Karriere in Erwägung gezogen: „Ich habe in der Jugend beim VfL Bochum gespielt und ich musste mich dann irgendwann entscheiden. Es blieb mir eigentlich keine andere Wahl und ich habe mich dann fürs Studium entschieden.“
Frauen müssen Sponsoren selbst suchen
Kurzum: In Frauenfußball sei lange wenig investiert worden. Männern werde hingegen vieles abgenommen. Bis in die untersten Ligen gibt es Handgeld. Wer gut kicken kann, kriegt auch andere Zuwendungen. Bei Mädchen- und Frauenmannschaften sei das anders. Frauen, so berichten die Spielerinnen von Westfalia und Hohenlimburg, müssten im Gegenzug in manchen Fällen selbst auf Sponsorensuche gehen.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf konnte den Frust der Frauen und Mädchen verstehen: „Wir haben aber 24.000 Vereine in ganz Deutschland und es gehört nicht zu unseren Aufgaben, die Vereine zu finanzieren, damit sie Spieler bezahlen können. Die Aufgabe des DFB ist es, dass die Rahmenbedingungen passen und der Fußball sich an der Basis gut entwickeln kann.“
- Hagen: Mädchen können ein Jahr kostenlos Fußball spielen
- Lena Oberdorf: In Ennepetal blitzt Talent und Ehrgeiz auf
- Hagen: Beleidigung unter Gürtellinie erschüttert Frauen-Team
Seitens des DFB, so betonte Neuendorf, tue sich aktuell sehr viel. Seit seinem Amtsantritt gebe es die DFB-Direktorin der Frauen, Nia Künzer, die gewissermaßen das Pendant zu Rudi Völler darstellt. Zudem werde Frauenfußball in Deutschland grundsätzlich immer populärer: „Die Spiele laufen inzwischen in der Sportschau. Das war nicht immer so. Jedes Spiel der Frauen-Bundesliga kann man heute streamen oder im Fernsehen verfolgen. Und wir bewerben uns gerade für die Frauen-Fußball-WM 2027. Davon erhoffen wir uns sehr viel“, sagte Neuendorf: „Wir sind also auf einem guten Weg. So eine Entwicklung braucht Zeit und wir wollen unterstützen, wo wir das können, aber auch für uns als DFB gibt es Grenzen. Wenn es zum Beispiel um die Infrastruktur geht, um die Sportplätze und andere Gegebenheiten, dann ist das Sache der Politik.“
Zu wenig mediale Präsenz
Ähnlich verhält es sich mit der Aufmerksamkeit, die Frauenfußball in den heimischen Medien erhalten. Zehner-Damentrainer Christian Sauer machte seinem Ärger Luft: „Für Männer gibt es in der Landesliga große Berichte mit viel Text und Bildern. Der Frauenfußball wird in der Randspalte versteckt. Da, wo kaum einer hinschaut. Das finde ich nicht fair“, sagt Sauer. Dabei wäre Aufmerksamkeit und Reichweite genau das, was der heimische Frauenfußball benötige, nicht zuletzt um Sponsoren zu locken.
Auch interessant: Wegen Passfälschung: Boele-Kabel kriegt Strafe aufgebrummt
Die eine konkrete Lösung für die Hinweise der Frauen und Mädchen gibt es nicht. Denn schnell wurde klar, dass es sich bei den Schieflagen auch um strukturelle Dinge, manchmal auch gesamtgesellschaftliche Probleme handelt. Neuendorf sendete aber das Signal, dass die Frauen bei ihm offene Türen einrennen: „Unser Ziel ist, dass sich der Frauenfußball an der Basis weiterentwickelt.“