Herdecke/Innsbruck. In Innsbruck ist am Sonntag ihr großer Auftritt. Wie Jasmin Flotow es zur Europameisterschaft geschafft hat:
Dass Jasmin Flotow für diese Sportart eine gewisse Veranlagung mitbringt, war schon beim allerersten Auftritt zu erkennen. Im Juni 2015 war das, da startete die damals siebenjährige Herdeckerin bei ihrem ersten Taekwondo-Turnier, einer Nachwuchs-Veranstaltung in Alsdorf. Und sie brachte direkt ihre erste Goldmedaille mit. „Jasmin war von Anfang an sehr talentiert“, erinnert sich Anna-Lotta Merfeld, damals beim TuS Ende und heute beim neuen Verein redletics ihre Trainerin: „Als sie bei uns angefangen hat, war klar, dass sie schnell zu Turnieren gehen wird.“ Und häufig dort vordere Plätze belegt oder gewinnt.
Acht Jahre später hat dieses Talent die Gymnasiastin von der Herdecker Friedrich-Harkort-Schule zu ihrem ersten Europameisterschafts-Einsatz geführt. Bei der Poomsae-EM in Innsbruck/Österreich an diesem Wochenende gehört Jasmin Flotow zum Team der Deutschen Taekwondo-Union.
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In der Tiroler Alpenmetropole ist Jasmin Flotow bereits angekommen, pünktlich zur dort startenden Skisaison. Die 15-jährige Herdeckerin betreibt ihren Sport allerdings nicht auf Schnee, sondern in der Halle. Die 16. Europameisterschaft im Taekwondo in der Disziplin Formenlauf (Poomsae) findet in der „Olympiaworld Innsbruck“ statt, der für die Olympischen Winterspiele 1964 und 1976 geschaffenen Infrastruktur. Am Freitag und Samstag, wenn schon um EM-Medaillen gekämpft wird, kann sie noch trainieren. Kurz vor dem Ende der dreitägigen Titelkämpfe hat sie am Sonntag nachmittag dann ihren Auftritt, im Team-Wettbewerb der Juniorinnen (15 bis 17 Jahre) gemeinsam mit Jessica Storm und Tuong-Vi Hannah Do.
Also in einem Trio aus drei Bundesländern, dem neben der Westfälin eine Sächsin aus Chemnitz und ein Mädchen aus Niedersachsen angehören. Mit der gleichaltrigen Tuong-Vi Hannah Do tritt die Herdeckerin schon seit fünf Jahren gemeinsam an, die zwei Jahre ältere Jessica Storm kam vor Jahresfrist dazu. „Der Vater von Hannah, der auch bei der EM antritt, hatte das Auge dafür, dass das funktionieren könnte“, sagt Heimtrainerin Anna-Lotta Merfeld.
Und es funktionierte prächtig, das Trio gewann nicht nur bei den deutschen Meisterschaften 2022 und in diesem Jahr, zuletzt in Bautzen. Neben Siegen bei Bundesranglisten-Turnieren überzeugte man auch bei internationalen Auftritten, gewann bei den Swedish Open Poomsae in Stockholm, holte Silber bei den German Open in Hamburg, den French Open in Paris und Open Challenge Cup in Belgien gegen Konkurrenz aus ganz Europa. Die erste EM-Nominierung war fast folgerichtig. „Da konnte kein anderes deutsches Team kontinuierlich solche Erfolge aufweisen“, weiß Anna-Lotta Merfeld, „es war nur die Frage, ob der Verband überhaupt ein Juniorinnen-Team nach Innsbruck schickt.“ Das tut die DTU, die in Österreich mit dem größten Team, was Deutschland je bei einer Europameisterschaft vertreten hat, antritt. 30 Sportlerinnen und Sportler, in Einzel, Paar- und Teamwettbewerb, kämpfen um Medaillen.
Ambitioniert tut dies bei ihrer Premiere auch Jasmin Flotow. „Unser gemeinsames Ziel ist mindestens das Finale“, sagt sie, bei insgesamt 17 Teams muss man dazu die erste von zwei Runden überstehen. „Pro Runde muss man zwei Formen laufen“, erklärt Anna-Lotta Merfeld, die „Poomsae“ mit dem Eiskunstlauf vergleicht: „Man hat eine Choreographie, die stellt man vor und wird bewertet.“ Wobei im Teamwettbewerb die Synchronität wichtig ist. Für diese Taekwondo-Disziplin hat sich Jasmin Flotow nach dem Einstieg und dem Testen anderer Sportarten schnell begeistern können. „Das hat sich zu einer Leidenschaft entwickelt“, sagt die 15-Jährige und erklärt: „Formenlauf hat viel mit Perfektion zu tun, das macht mir Spaß.“
Für den die Schülerin viel Aufwand betreibt. „Bis auf donnerstags trainiere ich jeden Tag“, sagt sie, am Wochenende kommen Wettkämpfe und Trainings-Lehrgänge - gern auch bei den Team-Kolleginnen in Sachsen oder Niedersachsen - dazu. „In diesem Jahr haben wir so schon 10.000 Kilometer zusätzlich abgerissen“, ergänzt Vater Jürgen Flotow, der seine Tochter meist begleitet: „Die drei Mädchen sind richtige Freundinnen geworden.“ Neben dem gemeinsamen Training wurden sie von ihren Heimatvereinen - bei Jasmin Flotow die Herdecker redletics - auf die EM vorbereitet.
Nach Vorgaben der Bundestrainer, die sie von Lehrgängen mitbringen. „Die Sportlerinnen sind sehr autonom, arbeiten das selbstständig und fleißig ab“, weiß Anna-Lotta Merfeld, die für die EM-Teilnehmerin Extra-Trainingseinheiten geschaffen hat: „Wir sind superstolz auf Jasmin.“ Die Trainerin will nach Innsbruck nachreisen, Vater Jürgen Flotow ebenfalls. Er ist optimistisch: „Der Traum von der Medaille ist nicht ganz unrealistisch. Aber es muss alles passen.“