Hagen. Zur Länderspielpause steht Phoenix Hagen auf Platz 4 und führt die 2. Bundesliga ProA in mehreren Statistiken an. Das sind die Erfolgsfaktoren.

Bevor ein Basketballer das Trikot von Phoenix Hagen erstmals überstreift und es wagt, den Boden der Ischelandhalle zu betreten, muss er sich zunächst einem Sprachkurs unterziehen. Dieser dauert nicht lange, denn man muss ja nur zwei Vokabeln beherrschen: „Humba“ und „Täterä“, wobei man die letzte Silbe des zweiten Wortes auszudehnen hat. Täterääääää.

Die neuen Phoenix-Spieler können das inzwischen ganz gut, und die alten, also Marcel Keßen, sowieso. Nach sieben Spieltagen in der 2. Liga ProA konnten sie schon fünfmal die Humba singen und tanzen. Phoenix Hagen steht zur Länderspielpause auf einem überraschend guten vierten Tabellenplatz. Was bei der Mannschaft von Trainer Chris Harris so gut läuft? Ein Blick ins Zahlenwerk der 2. Bundesliga offenbart, dass sie das Tableau in gleich mehreren wichtigen Statistiken anführt. Um ein wenig Wasser in den Wein zu gießen: Phoenix hat bislang schon zwei Nachspielzeiten spielen müssen, was den einen oder anderen Wert etwas verschönert. Und dennoch: Was diese neue Hagener Mannschaft bislang gezeigt hat, ist verblüffend.

Die Punktemaschine

90,9 Punkte produziert die Hagener Angriffsmaschine pro Spiel – Bestwert in der ProA. Trainer Chris Harris lässt ein offenes System spielen, in dem alle Akteure die Freiheiten haben, jederzeit daraus auszubrechen. „Wir haben viel Variabilität im Angriff - Dunks, Dreier, Korbleger, Floater, schöne Zuspiele. Das kann sich sehen lassen“, findet Phoenix-Geschäftsführer Martin Schmidt und führt die offensive Vielfalt auf ein gutes innerbetriebliches Klima zurück. „Diese junge Mannschaft nimmt eine tolle Entwicklung und ist sehr homogen. Die Jungs bekommen das Vertrauen von Chris und du siehst ihnen an, dass sie auf dem Feld Spaß haben.“

Die Phoenix-Offense ist schnell und schwer zu entziffern, was sich auch an der Punkteverteilung ablesen lässt: Kyle Castlin ist Hagens Topwerfer mit 17,9 Punkten pro Spiel, dahinter folgen Marcel Keßen (15,7), JJ Mann (15) und Tim Uhlemann (13,1). Ego-Aktionen? Sind Mangelware. Phoenix ist zwar nicht mehr so spektakulär wie in der vergangenen Saison, dafür läuft der Angriff effektiver. Außerdem muss es ja nicht immer ein Alley-Oop-Dunking mit doppeltem Looping sein. Ein handelsüblicher Korbleger tut’s auch.

Phoenix-Aufbauspieler Grayson Murphy.
Phoenix-Aufbauspieler Grayson Murphy. © Michael Kleinrensing

Der Altruismus

„Sharing is caring“ lautet ein amerikanisches Sprichwort und bedeutet: Wer teilt, der kümmert sich. Gemäß dieser Lebensweisheit scheint Grayson Murphy, der Aufbauspieler von Phoenix Hagen, zu Werke zu gehen. 7,9 Korbvorlagen verteilt er pro Spiel und somit ist er der beste Assistgeber der Liga. Er hat den größten Anteil an den 22,4 Hagener Vorlagen pro Partie, die ligaweit bislang niemand übertrumpfen kann (Tübingen kommt aber auf denselben Wert). Der Hagener Altruismus führt dazu, dass jeder Spieler seine Würfe bekommt und die Angriffsmaschine nicht ins Stocken gerät. Nach Murphy verteilen Bjarne Kraushaar (4,5) und JJ Mann (3,6) die meisten Hagener Assists.

Die Ballkontrolle

Bislang steht Phoenix in keiner Statistikkategorie unten, außer in derjenigen, in der man auch nicht oben stehen möchte: Bei den Ballverlusten ist Hagen mit 12 pro Spiel Vorletzter, nur Tübingen passt noch besser auf den Ball auf (11,7). Die Hagener Ballkontrolle ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass im Spielaufbau mit Grayson Murphy ein Mann in der Verantwortung steht, der frisch vom College kommt. Murphy verliert den Ball 1,4 Mal pro Spiel – für einen jungen Point Guard ist das ein absurd guter Wert.

Und so ist es nur logisch, dass der US-Amerikaner das ligaweit beste Verhältnis von Korbvorlagen zu Ballverlusten vorweisen kann (5,6). Der Basketball-Nerd spricht in diesem Fall von einer vorzüglichen Assist/Turnover-Ratio.

Die Treffsicherheit

In allen Wurfquoten-Kategorien präsentiert sich Hagen mindestens solide, am besten läuft es von jenseits der Dreierlinie. 37,8 Prozent ihrer Distanzwürfe versenken die Phoenix-Basketballer. JJ Mann zeigt sich im Dreierbereich mit genau 50 Prozent am treffsichersten. Derweil beweist Marcel Keßen eine beeindruckende Freiwurfquote von 94,8 Prozent. Marvin Omuvwie ist Hagens Bester im Zwei-Punkte-Bereich (71,4 Prozent).

Die Effizienz

Im Effizient-Ranking, das alle relevanten Statistiken berücksichtigt, steht Phoenix mit einem Wert von 107,4 ebenfalls an erster Stelle.

Bislang herrscht in dieser Saison prächtige Stimmung auf den Rängen der Krollmann Arena.
Bislang herrscht in dieser Saison prächtige Stimmung auf den Rängen der Krollmann Arena. © Michael Kleinrensing

Der Fanfaktor

In der ProA-Zuschauertabelle rangiert Phoenix mit durchschnittlich 2058 Besuchern pro Partie auf Platz 3. Nur Spitzenteam Vechta (2890) und Aufsteiger Münster (2317) bekommen bislang mehr Fans in ihre Hallen. Und wer macht nun die beste Stimmung? Das ist natürlich subjektiv. In Hagen wird man ob der Behauptung, in Vechta und Münster herrsche eine bessere Atmosphäre, nur müde lächeln.

Jedenfalls schwärmen Trainer und Spieler von Phoenix von der „Energie“ (Harris’ Lieblingswort), die von den Rängen aufs Feld schwappt und die Mannschaft zu Höchstleistungen treibt. Besonders bei Phoenix-Neuzugang Tim Uhlemann schaltet das Kräfte frei, die er in Form von Urschreien herauslässt, was wiederum dazu führt, dass die Fans ihn anschreien. Der Zyklus des Schreiens macht die Halle zur Hölle – und dafür ist dieser graue Kasten am Ischeland ja bekannt.

Was noch nicht läuft

Das Wort „Rebounds“ fällt in dieser Saison von Phoenix Hagen häufig, aber eher im negativen Kontext. Die Hagener zeigten sich mehrmals schwach beim sogenannten Kampf an den Brettern, vor allem gegen Kirchheim und Gießen. Gegen Bremerhaven bewies Phoenix mehr Kampf am Korb. In der Reboundtabelle steht der ProA-Ligist auf Platz 8 im soliden Mittelfeld.