Münster. Jeremy Hein (12) schafft es bei den Westfälischen Meisterschaften aufs Podium. So sehr feiert der Hagener Nachwuchsreiter seinen Meilenstein.
Nachdem Jeremy Hein und Nexus Alagon zum Stehen kommen, heißt es erstmal: durchschnaufen. Jeremy klopft seinem Pony lobend auf den Hals, und ein paar Wimpernschläge später folgt das, was noch aufregender ist als der Ritt und die Sprünge über all die Hindernisstangen. Der Richter spricht sein Urteil zu Jeremys Auftritt. „Das sah wirklich gut aus“, sagt der Fachmann ins Mikrofon. Er rühmt den Hagener Reiter für seinen „gleichmäßigen Rhythmus“ und dafür, dass er sein Pony „immer gut unterstützt“ habe.
Jeremy Hein beeindruckt die Richter
Diese lobende Einschätzung kommt nicht überraschend, aber das, was der Richter danach kommentiert, schon: Imponierend sei Jeremys Schenkellage gewesen, sein Fundament stets gut gefestigt. Note: 8.7, und zwar in beiden Wertungsläufen. Für den 12-Jährigen, dessen Beine vor drei Jahre bei einem Unfall zertrümmert worden waren, fühlte sich das wie ein Ritterschlag an. Und wenig später stand offiziell fest: Im Nachwuchschampionat Pony-Springen, das im Rahmen der Westfälischen Meisterschaften in Münster ausgetragen wurde, wurde Jeremy Hein Erster.
Es war das erste Mal, dass der Hagener Reiter vom Landwirtschaftlichen RV Kalthof so sehr für seine gute Schenkellage gelobt wurde. „Ich war positiv geschockt. Ich dachte, ich höre nicht richtig“, schrieb Jeremy Hein am Tag nach dem großen Wettkampf auf Instagram. Seit seinem Horrorunfall im Jahr 2019 – Jeremy war damals erst neun Jahre alt – wurde seine Beinhaltung im Stilspringen fast immer bemängelt. Und das war für ihn „echt traurig, weil ich ja nichts dazu kann, dass mein Bein taub ist und mir das Gefühl fehlt.“
Jeremy ist stolz auf Nemo
Jeremy wird auch heute noch von Physiotherapeuten behandelt. Er macht weiter Fortschritte. Dass er wieder richtig laufen und sogar reiten kann, grenzt sowieso schon an ein Wunder. Dass Jeremy beim Westfälischen Nachwuchschampionat oben auf dem Treppchen steht und die Goldmedaille vom Verbandspräsidenten Rudolf von Croÿ in die Hand gedrückt bekommt, erst recht. „Meine Eltern sagen immer ‚Du musst an Dich glauben, dann ist ALLES möglich!‘“, freute sich der Zwölfjährige.
Er wusste aber auch, dass er sich bei seinem fitten Vierbeiner bedanken konnte. Nexus Alagon – Jeremy nennt sein Pony Nemo – überwand diesmal seine Angst vor Wasser und meisterte den Sprung über den Wassergraben. „Ich bin unendlich stolz auf Nemos Leistung“, freute sich der Sieger.
Auf der Social-Media-Plattform Instagram wurde Jeremy Hein für seinen Meilenstein gefeiert. 79.000 Follower hat sein Account, den seine Eltern für ihn betreiben. Am Montag veröffentlichten sie ein Kurzvideo zu Jeremys beeindruckendem Comeback – mit emotionalen Bildern. Jeremy im Rettungswagen, im Rollstuhl, auf Krücken und zurück im Sattel. Nun könne er zurückblicken und sagen, dass er es wirklich geschafft habe. „Viele Operationen, Sorgen, Tränen, Verzweiflung und viele Schmerzen liegen nun in der Vergangenheit und da sollen sie auch bleiben“, heißt es unter dem Video. „Ich bin bis an meine Grenzen gegangen mit nur neun Jahren. Mein Wille und Glaube haben mich damals stark gemacht. Danke an alle, die immer an mich geglaubt haben und mich unterstützt haben.“