Breckerfeld. Selbstironisch verkündet der SC Zurstraße 70, bei der Super League nicht mitzumachen. Klub-Vize Jens Richstein über Fußballromantik vs. Kommerz.

Am Buddenkamp in Breckerfeld hat Fußballromantik noch ihren Platz. Wenn B-Kreisligist SC Zurstraße 70 auf dem Ascheplatz um Punkte spielt, verwischt der Staub die weißen Feldlinien, es geht nicht schnell, aber robust zur Sache. Zuschauer fachsimpeln und schimpfen hinter den Werbebanden lokaler Firmen, im Vereinsheim brutzelt die Fritteuse. Blaue Flecken und Blutgrätschen, Bier und Bratwurst. „Von Anfang an ging es am Buddenkamp um echten, gelebten und von den Fans gefeierten Fußball“, beschreibt der Verein auf Facebook sein Credo.

Es ist wohl nur konsequent, dass der SC Zurstraße für die „absurde Idee der Super League nicht zur Verfügung“ steht. Warum der Verein beim geschlossenen Wettbewerb der europäischen Fußballelite nicht mitmacht, erklärt uns der zweite SC-Vorsitzende Jens Richstein. Ein nicht immer ernsthaftes Gespräch über irrwitzige Geldsummen und fehlende Bodenhaftung.

Jens Richstein, Ihr Verein nimmt nicht an der Super League teil, wodurch Sie auf jede Menge potenzielle Werbegelder verzichten. Wie hoch ist der Einnahmeverlust, den sie da eingehen?

Jens Richstein: Unter den 15 Gründungsmitgliedern werden 3,5 Milliarden Euro aufgeteilt, die von der amerikanischen Investmentbank J.P. Morgan vergeben werden. Dazu gehören wir aber nicht, wir wären einer der fünf Vereine gewesen, die das Teilnehmerfeld komplettieren werden. Wie viel Geld uns durch die Lappen geht? Ich weiß es nicht genau, aber es ist auf jeden Fall eine Menge.

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Wie reagierte Florentino Perez, der Präsident der Super League, auf Ihre Absage?

Unser erster Vorsitzender hat ihn abgewimmelt und an mich verwiesen, so wie er es auch mit Ihnen gemacht hat. Nachdem wir uns im Vorstand beraten haben, habe ich Herrn Perez ganz einfach per WhatsApp abgesagt. Er war sehr enttäuscht, denn wir waren nach den Bayern und Borussia Dortmund schon der dritte deutsche Verein, der da nicht mitmachen will.

Haben Sie sich über die Super League mit Ihren Berufskollegen Karl-Heinz Rummenigge und Hans-Joachim Watzke ausgetauscht?

Natürlich, wir hatten seit Monaten Kontakt, es ist ja wichtig, dass die deutschen Vereine den Schulterschluss suchen. Rummenigge, Watzke und ich hatten nie die Absicht, an dieser Liga teilzunehmen, wir leben Tradition. Geld ist für uns nicht alles.

Ihre Absage an die Super League ist ein starkes Statement. Meinen Sie, andere Vereine wie Real Madrid oder FC Barcelona werden jetzt nachziehen?

Real und Barcelona sind doch hoch verschuldet und bekommen Hilfe vom spanischen Staat, die brauchen jeden Euro und stehen voll hinter der Idee einer Super League.

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In welchem Pokalwettbewerb wird ihre erste Mannschaft künftig spielen? In der Champions League oder im Hagener Kreispokal?

Wir werden ganz klassisch im Kreispokal beginnen und uns dann in höhere Sphären arbeiten. So wie Darmstadt 98 das auch gemacht hat. Sportlich fair, so sollte es sein.

Können Sie mit dieser Strategie denn schillernde Stars wie Cristiano Ronaldo oder Zlatan Ibrahimovic zum Ascheplatz am Buddenkamp lotsen?

(lacht) Asche, das ist das richtige Stichwort. Wir hoffen ja seit Jahren darauf, endlich mal auf Kunstrasen spielen zu können, was bislang noch nicht geklappt hat. Aber vielleicht wird die Verpflichtung eines Superstars den Breckerfelder Bürgermeister ja davon überzeugen, dass wir einen Kunstrasenplatz bekommen.

Asche ist auf lange Sicht wohl kein gutes Pflaster für einen Fußballstar wie Ronaldo.

Tatsächlich hat gestern noch jemand in unserer Spielergruppe geschrieben, dass Ronaldo und Messi auf unserem Ascheplatz sowieso keine Chance hätten (lacht).

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Herr Richstein, jetzt aber mal im Ernst: Was halten Sie und Ihr Verein, der natürlich zur Basis des Fußballs gehört, zu den Plänen der Super League?

Ganz ehrlich: Was da gemacht wird, ist für mich das Ende des Fußballs. Darüber haben wir uns gestern noch in unserer Vereinsgruppe unterhalten. Ich weiß nicht, wie Perez und Andrea Agnelli, der Präsident von Juventus Turin, darauf kommen, dass die Super League ganz im Sinne des Fans wäre. Ich habe jedenfalls keine Lust darauf, nachts um 4 Uhr auf Disney Plus Spiele zu sehen, die gerade in Asien oder Amerika stattfinden. Das große Problem: Es geht nur noch um Kommerz. Es ist sowieso schon schwer genug für viele andere Vereine an Geldtöpfe zu kommen, jetzt wollen die Spitzenvereine die Kohle unter sich aufteilen. Die Gehälter der Fußballer sind sowieso schon so absurd. Manche Spieler rennen den Platz zweimal hoch und runter und bekommen dafür schon eine Million Euro. Aber eine Sache hat mich im Zuge dieser ganzen Super-League-Geschichte gefreut.

Die da wäre?

Dass die deutschen Vereine, also FC Bayern und Borussia Dortmund, sich aus der Super League raushalten, ebenso wie Paris St. Germain. Das ist ein klares Statement. Sie waren von Beginn an skeptisch gegenüber diesen Plänen, und sie haben jetzt ihr Wort gehalten. Das kommt in diesem Geschäft heutzutage nicht oft vor.