Hagen. Im Fastenmonat Ramadan wollen die Hagener Sportler nicht auf ihr Hobby verzichten. Sie berichten, welche Herausforderungen es für sie gibt.
Um 20.30 Uhr geht aktuell die Sonne unter. Für die gläubigen Muslime ist das im Moment eine wichtige Uhrzeit, denn erst dann dürfen sie wieder essen und trinken: Der Fastenmonat Ramadan hat begonnen. Doch was bedeutet er genau für die Gläubigen? Und lässt er sich mit dem Sport vereinbaren? Drei heimische Sportler geben uns Einblicke und erklären, was sie mit Ramadan verbinden und wie sich der Verzicht mit dem Leistungssport vereinbaren lässt.
Damian Toromanovic - Profi-Handballer
Die Drittliga-Handballer des VfL Eintracht Hagen kämpfen in der Aufstiegsrunde gerade um den Einzug in die zweite Bundesliga. Und kämpfen ist das richtige Wort. Im Training schenken sich die Handballer nichts, im Spiel erst recht nicht. Jeder Zweikampf wird durchgezogen, jeder Tempogegenstoß gerannt, jedes Duell angenommen, um dem großen Ziel ein Stück näher zu kommen. Der Fokus der Sportler ist klar gesetzt. Trotzdem stellt sich Rechtsaußen Damian Toromanovic noch einer ganz anderen Herausforderung. Der 21-jährige Profi wird in diesem Jahr zum zweiten Mal am Fastenmonat Ramadan teilnehmen.
Nach seiner erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr mache er sich wenig Gedanken, dass sein Training dieses Mal leiden könnte. Doch ist Leistungssport auf dem hohen Niveau vereinbar mit einem Monat, in welchem man nur nach Sonnenuntergang Nahrung zu sich nimmt? Fehlt nicht die Flasche Wasser nach dem Training? „Bei mir ist es von Tag zu Tag unterschiedlich. Das Essen ist gar kein Problem, aber nach dem Training hat man natürlich schon mal etwas mehr Durst. Aber es ist alles machbar.“
Im vergangenen Jahr habe sich Toromanovic intensiver mit seiner Religion beschäftigt und für sich entschieden, dass er fasten wolle. Bei seinen Mannschaftskollegen der Eintracht Hagen stoße sein Bekenntnis zum Verzicht auf Neugierde: „Natürlich fragen sie da öfters mal nach, ob ich nicht Durst habe“, berichtet Damian Toromanovic schmunzelnd, der selbst niemanden in der Handball-Szene kenne, der faste. Doch hat er keine Angst, gerade in dieser anstrengenden Phase seine volle Leistungsfähigkeit nicht erreichen zu können? „Nein, absolut nicht. Ich kenne meinen Körper gut genug. Und abends, nach dem Sonnenuntergang, esse ich dann auch sehr viel, um genügend Energie für den nächsten Tag zu haben. Da esse ich wirklich jede Stunde etwas. Am Anfang ist es vielleicht schwierig, aber der Körper gewöhnt sich sehr schnell dran.“
Und sollte es gerade während der Pflichtspiele zu Komplikationen durch das Fasten kommen, hat der Handballer auch eine klare Haltung: „Es geht ja nicht darum, es zu machen bis man umkippt, das ist nicht der Sinn. Aber ich bin sehr positiv gestimmt, dass es kein Problem sein und keinen Einfluss auf mein Spiel haben wird.“
Ilyas Ter - Bodybuilder
Seit acht Jahren betreibt Ilyas Ter (30) inzwischen Bodybuilding. Der Leiter des Fitnessstudios „Clever Fit“ im alten Brandt-Gebäude in Haspe kennt seinen Körper gut, er weiß, was er ihm zumuten kann. Doch gerade Bodybuilder gelten als sehr bedacht auf ihr Äußeres, auf ihre Form, die sie sich mit viel Training und strenger Ernährung erarbeiten. Passt das zusammen? Ruht das Training während des Ramadans komplett? „Nein, wenn man Sportler ist, dann ist man das zwölf Monate im Jahr, auch an Ramadan.“
Daher trainiere er auch weiterhin jeden Tag. „Man kann die Dauer und Intensität ja auch anpassen, wenn es in den ersten Tagen noch schwerer fällt“, weiß Ter, dass gerade in den ersten drei bis vier Tagen der Wassermangel noch ungewohnt ist, „aber danach hat sich der Körper daran gewöhnt.“ Und beim Ramadan gehe es nicht um den bloßen Verzicht auf Lebensmittel, sondern viel mehr um die Psyche: Die Gläubigen sollen zur Besinnung kommen. „Nicht nur der Hunger, auch die Gedanken sollen kontrolliert werden und man soll achtsamer agieren. Beispielsweise beim Autofahren nicht über alles und jeden schimpfen“, sagt Ilyas Ter, der ergänzt: „Man soll mit sich selbst verbunden sein.“
Nach dem Sonnenuntergang achte der 30-Jährige vor allem darauf, „sich nicht nur mit Schrott vollzustopfen.“ Viel mehr sei es wichtig, auf komplexe Kohlenhydrate, gesunde Nährstoffe und viel Wasser zu setzen. Und das Wichtigste: „Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man mal einen Monat nicht die Performance abliefert, wie man es in den restlichen Monaten tut. Das ist es aber wert.“
Yunus Özalp - Fußballer
Ein Fußballspiel bei großer Hitze ohne kühlendes Getränk zwischendurch? Ist das machbar? „Man hat vielleicht nicht die Power für 90 Minuten, aber eine Halbzeit oder 60 Minuten sind schon drin“, ist sich Yunus Özalp sicher. Der Mittelfeldspieler des Fußball-Westfalenligisten SV Hohenlimburg 10 sieht den Fastenmonat zwar als Herausforderung an, allerdings auch als Chance: „Man hat jedes Jahr ein mulmiges Gefühl im Vorfeld und fragt sich, ob man das wirklich schafft. Aber am Ende ist es doch erfüllend. Das Herz strömt richtig vor Liebe.“ Denn auch Özalp betont, dass es nicht nur um den Verzicht von Essen und Trinken gehe, sondern auch darum, von schlechten Eigenschaften loszukommen, „seinen Mund, seine Augen und Ohren zu überprüfen und darauf zu achten, was man von sich gibt.“
Zudem habe er sich über die Jahre seine ganz eigene Marschroute zusammengestellt. Während des Ramadans setze er einen Ernährungsplan um. Beim Training konnte sich der Hohenlimburger Fußballer bisher immer auf das Verständnis des Trainerteams verlassen, das zum Teil die Intensität der Einheiten während des Ramadans angepasst habe. Zumal bei den Zehnern auch einige Spieler im Kader stehen, die fasten. „Die Gemeinschaft ist toll und auch das Verständnis der Mannschaft und des Trainerteams. Das war nie ein Problem“, so Özalp.
Doch hatte er je Angst, dass er während des Fastenmonats nur auf der Bank sitzen muss? „Dann müssen die Leistungen halt so gut sein, dass der Trainer auch während des Ramadans nicht auf dich verzichten kann“, verrät er mit einem Schmunzeln.