Hagen. Im Interview erzählt Patrick Seidel, Geschäftsführer von Phoenix Hagen, vor welchen Herausforderungen der Basketball-Zweitligist in 2021 steht.
Hinter Basketball-Zweitligist Phoenix Hagen liegt ein schwieriges und außergewöhnliches Jahr, das allerdings nicht schöner hätte enden können: Beim 93:91-Überraschungssieg gegen die Eisbären Bremerhaven traf US-Center Zach Haney in letzter Sekunde und bescherte dem ProA-Klub einen spektakulären Jahresausklang. Ehe das Team von Trainer Chris Harris am Samstag bei den Artland Dragons antritt (19.30 Uhr, sportdeutschland.tv), sprach unsere Redaktion mit Phoenix-Geschäftsführer Patrick Seidel über die Herausforderungen der kommenden Wochen und Monate.
Patrick Seidel, was ging Ihnen nach dem emotionalen Finish gegen Bremerhaven durch den Kopf?
Patrick Seidel: Erstmal war es eine unheimlich große Erleichterung. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie langsam in einen Bereich kommt, wo sie die Intensität über die gesamte Spieldauer hochhalten kann. Gegen Nürnberg sah die Mannschaft schon gut aus, gegen Bremerhaven dann noch mal deutlich besser. Ich empfinde eine tiefe und ernst gemeinte Freude für die Spieler nach diesen beiden Siegen, weil uns zuletzt doch viel von außen erzählt wurde, was die Spieler alles müssten und was nicht.
Was meinen Sie damit?
In unserem näheren Umfeld, aber auch von einigen Fans kamen viele voreilige Bewertungen, dass der Einsatz der Mannschaft nicht stimmen würde. Aber man kann den Einsatz nicht unter normalen Voraussetzungen bewerten. Auch ich saß nach den hohen Niederlagen geschockt und fassungslos auf der Tribüne, aber man muss das richtig einordnen. Wenn wir gegen Paderborn nur 60 Prozent Leistung bringen können, Paderborn aber bei 100 Prozent ist, dann kann man der Mannschaft nicht viel vorwerfen.
Von einigen Fans gab es in den sozialen Medien auch reichlich Kritik am Trainer Chris Harris.
Das ist absurd. Covid-19 ist für uns alle neu, das Team ist vor einigen Wochen aus der zweiten Quarantäne gekommen, in der einige Spieler starke Symptome hatten. Man muss sich vor Augen führen, dass es noch keine medikamentöse Behandlung für Covid gibt. Man tappt da aktuell noch im Dunkeln. Es war klar, dass sich die Spieler regenerieren mussten. Und in einer solchen Situation dann die Niederlagen am Trainer festzumachen, ist absurd, anders kann ich das nicht sagen.
Regenerieren kann sich die Mannschaft aktuell wieder kaum. Am Samstag steht bei den Artland Dragons das dritte Spiel binnen sieben Tagen an. Können Sie auf einen Einsatz von Javon Baumann hoffen, der wegen einer Stirnhöhlenentzündung die letzten beiden Partien verpasst hat?
Am Samstag wird Javon sicherlich noch nicht spielen. Abgesehen von seiner akuten Erkrankung müssen wir ihm wohl auch noch etwas Zeit geben, um körperliche Fitness aufzubauen, weil er zuletzt von Covid getroffen war. Wir müssen die Erwartungshaltung an ihn zurückschrauben. Die Mannschaft hat zuletzt viel in kleiner Aufstellung gespielt und das auch sehr gut gemacht. Wenn die Rotation kürzer ist und jeder Spieler ein bisschen mehr geben muss als sonst, kann das eine Zeit lang auch ganz gut funktionieren.
Sportlich startet Phoenix mit viel Rückenwind ins neue Jahr. Gilt das auch für die wirtschaftliche Seite? Können Sie sich wieder Hoffnung auf staatliche Corona-Hilfe für Sportvereine machen?
Das Bundesministerium hat die Frist bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Im November haben wir bereits 287.000 Euro erhalten, was gut 80 Prozent der entgangenen Einnahmen aus sechs Heimspielen entsprach. Momentan dürfen wir davon ausgehen, dass wir wieder einen Betrag in dieser Größenordnung bekommen werden. Wenn wir zudem noch die Werbegelder aus unseren Sponsoringverträgen erhalten, ist diese Saison bzw. unser Wirtschaftsjahr, das am 30. Juni endet, gesichert. Mein Blick geht aber schon darüber hinaus, also in die nächste Saison.
Das bedeutet?
Stand jetzt gehe ich davon aus, dass wir bis zum 15. April unsere Haushaltsplanung für die nächste Saison bei der Liga einreichen müssen. Die wirtschaftlichen Entwicklungen im Sportsponsoring sind dafür entscheidend. Dass aber ein Partner wie Rewe bereits mit uns verlängert hat, ist ein positives Zeichen.
Nicht unerheblich wird für die Sponsoren sein, ob im Herbst dieses Jahres wieder in einer von Zuschauern gefüllten Halle gespielt werden kann. Wie optimistisch sind Sie da?
Ich denke, dass wir so optimistisch sein dürfen. Bis zum Start der neuen Saison sind es noch zirka neun Monate. Bis dahin wird ein großer Teil der Bevölkerung entweder durchgeseucht oder geimpft worden sein.
Nach wie vor müssen sich Spieler und Trainer von Phoenix Hagen vor jeder Partie Corona-Schnelltests unterziehen, obwohl alle bereits infiziert waren. Sie hatten moniert, dass das nicht notwendig sei und für den Verein gehörig ins Geld ginge. Lenkt die 2. Liga in dieser Hinsicht ein?
Uns wurde gesagt, dass man nach der Covid-Infektion von einer dreimonatigen Immunität ausgehen kann. Wir sind dazu noch in Gesprächen mit der Liga, werden in diesen Tagen erforderliche Unterlagen unserer Ärztin einreichen. Es wäre für uns eine Entlastung, wenn die Mannschaft vorerst nicht mehr getestet werden müsste. Auf die Saison hochgerechnet entstehen uns durch die Testungen nämlich Kosten in Höhe von 25.000 Euro.
+++ Info: Phoenix tritt bei Artland Dragons an +++
– Hagens nächster Gegner Quakenbrück steht mit einer Bilanz von fünf Siegen bei drei Niederlagen auf Platz sechs der ProA-Tabelle. Phoenix rangiert mit drei Siegen aus sieben Spielen auf Platz elf. Ihr letztes Spiel verloren die Drachen mit 95:99 gegen Bremerhaven.
– Der US-amerikanische Shooting Guard Gerel David Simmons ist mit durchschnittlich 18,9 Punkten Topscorer der Quakenbrücker. Bester deutscher Spieler im Team von Tuna Isler ist der erfahrene Center Robert Ohele (11 Punkte pro Spiel).
– Für Phoenix kommt es zum Wiedersehen mit dem Ex-Hagener Chase Griffin, der auch im Alter von 37 Jahren noch zu den Stützen seines Teams gehört (7,3 Punkte) und gegen seinen ehemaligen Klub stets gerne aufdreht: Beim letzten Aufeinandertreffen zwischen Hagen und Quakenbrück steuerte der amerikanische Guard 19 Punkte zum 104:68-Sieg seiner Dragons bei. Dabei traf Griffin jeden seiner fünf Dreierversuche.