Herdecke/Wetter. Die Misere im Frauenfußball hat auch die TSG Herdecke erfasst. Warum Kreisliga-Frauen und U17-Juniorinnen nur mit 9er-Team in die Saison starten:
Der Saisonauftakt ist schon symptomatisch für die Misere im heimischen Frauenfußball: Wenn SV Boele-Kabel und TSG Herdecke am Sonntagmorgen um elf Uhr in Helfe in die Kreisliga starten, stehen sich auf beiden Seiten jeweils neun Spielerinnen auf dem Feld gegenüber.
FC Wetter startet Montag
Neben der TSG Herdecke tritt in der Kreisliga erstmals seit elf Jahren auch der FC Wetter mit einem 9er-Team an. Auf dem Harkortberg hat man die Spielerinnen des FC Herdecke-Ende, der seine Mannschaft abgemeldet hat, übernommen. In der Vorbereitung bestritt die Mannschaft von Trainer Timo Forthoffer zwei Spiele. Laura Füchtenschnieder traf bei der 1:2-Niederlage gegen den SV Herbede, zuletzt verlor der FC gegen SpVg. Berghofen deutlich mit 0:9. In die Kreisliga startet man am Montag mit dem Heimspiel gegen den FFC Ennepetal I auf dem Harkortberg (19.30 Uhr).
Die B-Juniorinnen der TSG Herdecke bestreiten ihr erstes Spiel in der Kreisliga A Dortmund/Hagen/Unna am Samstag um 13 Uhr beim Lüner SV. Bereits zwei Spiele bestritten haben die D-Juniorinnen der TSG, die als einzige reine Mädchenmannschaft in der E-Junioren-Kreisliga Q4 antreten. Das Team verlor gegen TSV Dahl (2:8) und Hagen 11 III (0:2) und erwartet am Samstag um 9.30 Uhr SW Silschede II auf dem Bleichstein.
Und nicht nur diese beiden Klubs treten mit 9er-Teams an, in der ohnehin diesmal nur zehn Mannschaften fassenden Spielklasse gehen vier Vereine - darunter auch der neu startende FC Wetter - mit reduzierter Anzahl an den Start. Was bei den Herdeckerinnen, die als einer der wenigen Vereine noch über eine gut funktionierende Jugendarbeit verfügen, überrascht. „Wir können zum ersten Mal seit der Gründung 2009 nur mit einem 9er-Team antreten“, sagt TSG-Geschäftsführer Michael Joppa.
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Beim Foto-Shooting am Bleichstein strahlen viele Fußballerinnen in die Kamera, lassen sich in unterschiedlichen Posen und Gruppen ablichten. Es ist aber auch die gesamte Abteilung der TSG mit einer Damen- und drei Mädchenmannschaften - U17, U13 und U11 - vertreten, das Bild nur der Kreisliga-Damen von Trainerin Melanie Westerhoff zeigt 14 Spielerinnen. Insgesamt 15 Mitglieder umfasst der TSG-Kader, der für eine gesamte Saison nicht ausreicht, um stets „11 gegen 11“ zu spielen. Die Reduzierung der Teamgröße war deshalb unvermeidlich, damit liegt die TSG im allgemeinen Abwärtstrend. Aus ihrer Liga haben etwa Blau-Weiß Voerde und der FC Herdecke-Ende, dessen Team zum FC Wetter gewechselt ist, zurückgezogen. „Wir könnten eine 11er-Mannschaft nennen, aber dann würde es zu eng“, sagt die Trainerin, „schon in der letzten Saison war es knapp. Und jetzt haben einige Spielerinnen aufgehört, andere sind zu anderen Vereinen gegangen.“ Wenn nur zwei Spielerinnen ausfallen würden, bekäme man Probleme, ergänzt Michael Joppa. Immerhin könne man im Gegensatz zu Klubs ohne eigene Jugend auf die U17-Juniorinnen zurückgreifen, statte dort vier Spielerinnen mit einer Doppellizenz aus.
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U17-Mädchen durch U15 aufgefüllt
Aber auch im älteren Nachwuchs beklagt die TSG, auch wenn sie nach der Fertigstellung des zweiten Kleinspielfelds neben dem großen Kunstrasen am Bleichstein optimale Voraussetzungen bieten kann, einen Rückgang. „Auch die U17 wird erstmals nur mit einem 9er-Team auflaufen können“, sagt Joppa, „sie wird aufgefüllt durch Spielerinnen aus dem U15-Jahrgang, dn wir in der neuen Saison gar nicht aufbieten können.“ In der U17-Kreisliga Dortmund/Hagen/Unna sind - neben Hohenlimburg 10 und VfB Gennebreck in der Bezirksliga - mit der SpVg. Hagen 11 und dem FFC Ennepetal nur zwei weitere Mädchen-Mannschaften aus dem Kreis Hagen/Ennepe-Ruhr vertreten. Die D-Juniorinnen der TSG spielen als reines Mädchen-Team in der E-Jugend-Kreisliga mit, die E-Juniorinnen - immerhin amtierender Hallen-Kreismeister - treten zu Freundschaftsspielen an. „Die kleinen Mädchen sind da, auch bei den Minis. Was uns fehlt, sind die Spielerinnen ab 14 oder 15, um einen guten Unterbau für die Damen zu haben“, sagt Joppa, der um die schwierige Situation des heimischen Mädchenfußballs weiß: „In unserem Kreis können neben uns nur noch Gennebreck und Hohenlimburg 10 mehrere Mannschaften melden.“
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Trend zum Einzelsport
Die Ursachen für den Negativtrend macht Joppa - zumindest für Herdecke - auch in der Corona-Krise aus. „Unseren Girls-Cup Mitte Februar konnten wir noch durchführen, dann war Schluss“, sagt er, „aber die Mädchen, die danach sonst zu unserem Training kamen, konnten dies diesmal nicht.“ Die Grundschul-Aktionen der TSG fielen in der Folge ebenso aus wie der Tag des Mädchenfußballs, zu dem sonst 80 Kinder kamen, und eine geplante Mädchenfußball-Olympiade. „Und es gibt sicher auch Mädchen und Frauen, die sich gedacht haben: Wenn es von März bis Juni ohne Fußball geklappt hat, wird es das sonst auch tun“, fügt der TSG-Geschäftsführer hinzu: „Der Trend geht eher dahin, Einzelsport zu betreiben oder ins Fitnessstudio zu gehen.“
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Auch die Bemühungen von den Männer-Bundesligisten FC Schalke 04 und jetzt Borussia Dortmund, in den Frauenfußball einzusteigen, haben Auswirkungen auf die heimischen kleinen Vereine. „150 Spielerinnen sind beim Sichtungstraining auf Schalke gewesen, wollen unbedingt das Gazprom-Trikot tragen“, sagt Joppa, „auch zwei von der TSG sind beim Probetraining gewesen. Aber sie sind jetzt wieder bei uns.“ Was die Situation der Herdecker Frauen, die einen Kreisliga-Platz unter den Top fünf anstreben, etwas erleichtert. „Diese Saison müssen wir irgendwie überstehen“, sagt der Geschäftsführer, „dann die U17-Spielerinnen halten und den Nachwuchs ausbauen.“ Und die TSG hofft, dass man bald wieder mit Veranstaltungen für sich werben kann. „Der Verband hat zwar gesagt, dass es keine Hallen-Kreismeisterschaften gibt“, sagt Joppa, „aber wir hoffen noch auf den Girls-Cup.“