Selbst Nationalspielerin Lena Oberdorf bekommt Vorurteile gegen Frauenfußball zu hören. Sie hat ein klares Statement. Wie sieht es in Hagen aus?
Hagen Lena Oberdorf, deutsche Fußball-Nationalspielerin und Bundesliga-Akteurin in Diensten vom amtierenden Meister VfL Wolfsburg berichtet im Spiegel-Interview kürzlich von einem prägenden Erlebnis aus ihrer Jugendzeit: „In der B-Jugend hat mal ein Junge auf dem Fußballplatz zu mir gesagt: „Was willst du hier? Geh’ in die Küche.“ Ich habe mir dann gedacht, das klären wir auf dem Platz. Der Typ hat keinen Zweikampf mehr gewonnen. Das war meine Antwort.“
Die 18-jährige Gevelsbergin wusste sich zu helfen. Doch ist es wirklich so? Hat der Frauenfußball nach wie vor mit solchen Vorurteilen zu kämpfen? Was haben Hagener Spielerinnen ähnliche Erfahrungen gemacht? Wir haben nachgefragt.
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Giulia Dus hält seit zehn Jahren den SF Westfalia-Damen die Treue. Dem Fußball im Allgemeinen ist sie schon seit ihrem siebten Lebensjahr treu. Und sie hat in der Jugend ebenfalls in gemischten Teams gespielt. Die Aussagen von Lena Oberdorf verwundern sie daher in keiner Weise. „Es ist tatsächlich genau so.“ Vor allem in der Jugend erfolgt noch keine Differenzierung: „Da herrschte bei den Jungs noch die Einstellung, dass Mädchen sowieso kein Fußball spielen können.“
Die Antwort gibt es auf dem Platz
Die Antwort gab aber auch sie am liebsten auf dem Platz: „Wenn man dann gespielt hat, haben die meisten doch sehr schnell gemerkt, dass man auch als Mädchen sehr gut mithalten kann. Allerdings fühlten sich dann einige der Spieler auch wieder in ihrer Ehre gekränkt, weil sie nicht verstehen konnten, wie man gegen ein Mädchen unterliegt.“
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Doch verliert man nicht die Lust am Spiel, wenn man sich immer wieder rechtfertigen und beweisen muss? „Ganz und gar nicht. Eher im Gegenteil. Es ist eine absolute Bestätigung und macht uns als Mädels auch stark, wenn man wieder mal zeigt, dass das alles Quatsch ist und nichts anderes als Vorurteile. Und man erspielt sich auch den Respekt der Jungs.“
Inzwischen habe sie keinerlei Probleme mehr damit, gegen irgendwelche Vorurteile ankämpfen zu müssen. Im Gegenteil: „Ich spiele inzwischen in meiner Freizeit auch mit Männern zusammen und auch ab und an mal mit unseren Altherren. Da ist keine Rede von „Stammtisch-Denken“, oder Ähnlichem. Da bekommt man nur Anerkennung entgegen gebracht.“
Der Blick der Gesellschaft auf Frauenfußball ändert sich
Ein Faktor dafür kann auch das veränderte Bild der Gesellschaft auf den professionellen Frauenfußball sein. Fand dieser bis vor einigen Jahren noch abseits des allgemeinen Interesses statt, so hat sich der Blickwinkel verschoben. Vor allem der VfL Wolfsburg hat in den vergangenen Wochen vermehrt die Werbetrommel für das Champions-League-Finale gegen Olympique Lyon gerührt.
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„Es sind auch Spielerinnen wie Alexandra Popp, die sich bei uns in der Region einen Namen gemacht hat und die man mit Frauenfußball verbindet“, weiß auch Giulia Dus um die Strahlkraft der Nationalspielerin und Kapitänin vom VfL Wolfsburg. Und noch etwas stört die Westfalia-Kickerin: „Es wird gesagt, dass man sich Frauenfußball im Fernsehen gar nicht ansehen könnte. Das finde ich Quatsch. Man muss sich halt klarmachen, dass es nicht mit solch einer Körperlichkeit zugehen kann, wie bei den Männern. Aber die Technik ist ja die gleiche. Das werden die gleichen Systeme einstudiert. Das kann man sich schon sehr gut anschauen.“
Den Unterschied zwischen Männern und Frauen im Profifußball-Bereich findet auch Leonie Becker, Nachwuchs-Trainerin beim SV Hohenlimburg bedenklich – zumindest in der Bezahlung: „Die Frauen bekommen ja meistens nur einen Bruchteil des Gehalts.“ Sie selbst hatte in ihrer fußballerischen Karriere nicht mit Vorurteilen zu kämpfen. Aus einem bestimmten Grund: „Wir haben in Hohenlimburg ein sehr großes Angebot, wenn es um Mädchen-Fußball geht. Bei uns sind die Mannschaften schon in den jungen Jahrgängen getrennt. Deshalb gibt es da keine Probleme.“
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Das Team wird zur Familie
Den Spaß an ihrem Sport lassen sich die Fußballerinnen so oder so nicht nehmen. Das bestätigt auch Giulia Dus noch einmal mit Nachdruck: „Wenn man so lange dabei ist, dann ist das ja auch nicht einfach nur ein Team, oder Mannschaftskolleginnen. Das ist wie eine zweite Familie, die man auf dem Feld hat.“ Und daran können auch die Vorurteile oder dummen Sprüche in keiner Weise etwas ändern.