Hagen. Nach einer langen Auszeit tritt Motor-Ass Niklas Esser wieder aufs Gas. Er feiert beachtliche Erfolge und zeigt: Leidenschaft hat kein Verfallsdatum.
Noch nicht in der Schule, aber schon auf der Rennstrecke: So begann 2001 das Abenteuer von Niklas Esser, einem der herausragendsten Motorsporttalente, die Hagen hervorgebracht hat. Sein Vater Michael setzte ihn im Sommerurlaub in ein Kart, und augenblicklich war das Feuer im damals fünfjährigen Niklas entfacht. Mit acht Jahren bestritt er seine ersten Meisterschaften, stieg auf Podeste und reckte glänzende Pokale in die Höhe. „Mein Ziel ist später natürlich die Formel 1, und wenn das nicht klappt, übernehme ich Papas Firma“, verriet er selbstbewusst in einem Interview mit dieser Zeitung – damals noch im zarten Alter von 1 1 Jahren. Dabei posierte er stolz neben seinem feuerroten Kart, das mit Sponsoren-Logos und einer weißen Nummer 1 verziert war. Er sah aus wie ein junger Michael Schumacher.
Das Leben hat allerdings eine Vorliebe für überraschende Kurven. 2011, im Alter von 15 Jahren, stellte Esser seinen Helm ins Regal. Schule und später das Studium – ein klassischer Lebensentwurf trat an die Stelle rasanter Fahrten. Niklas Esser schloss das Kapitel Rennsport ab, allerdings nicht für immer. Ende 2022 sollte sich zeigen, dass diese Leidenschaft tief in ihm verankert blieb. Ein Betriebsausflug mit Arbeitskollegen führte den bei der Dekra tätigen Ingenieur zufällig zurück auf die Strecke. Die meisten Kollegen wussten nicht, dass sie mit einem früheren Ausnahmetalent ins Rennen gingen. Doch sobald Esser das Gaspedal berührte, war er wieder ganz in seinem Element. „Ich wusste nicht, ob ich es noch draufhabe“, gesteht er. Doch die ersten Runden reichten, um ihm zu zeigen: Das Körpergefühl und die Instinkte waren nie verschwunden.
„Ich wusste nicht, ob ich es noch draufhabe.“
Auf Anhieb NRW-Meister
Mit neu gewecktem Ehrgeiz suchte Esser den Wettbewerb. Der heute 29-Jährige meldete sich für die Kart-Masters NRW 2023 an – zunächst in der Heavyweight-Klasse. „Damals war ich noch etwas fülliger“, blickt er zurück. 110 Kilogramm wog er bei einer Körpergröße von 1,84 Metern. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Esser holte sich den Titel in ebenjener Klasse. Doch damit gab er sich nicht zufrieden. Um sich einer noch größeren Herausforderung zu stellen, speckte er 13 Kilogramm ab und stieg in die Midweight-Klasse (90 kg) um. Auch dort fand er rasch den Weg nach vorne: Nach einem vierten Platz im Auftaktrennen gewann er die nächsten sieben Läufe in Folge. Seinen vorzeitigen Triumph feierte er an einem legendären Ort: auf der Traditionsstrecke von Spa-Francorchamps in Belgien, wo er sich zum NRW-Meister 2024 küren konnte. Auch in der weltweit größten Freizeit-Kart-Wertung wollte er sich messen, dem SWS E-Sprint Cup, der 2024 in Belgien ausgetragen wurde. Obwohl er in der 84-Kilogramm-Klasse sechs Kilo über dem Limit lag, sprang am Ende Platz 41 von 103 Teilnehmern für ihn heraus. Dabei ging er eigentlich recht spontan mit dem Ziel, „einfach Spaß zu haben“, an den Start.
Essers Comeback faszinierte nicht nur alte Weggefährten, sondern verschaffte ihm auch neue Möglichkeiten. Er schloss sich seinem früheren Team an, das unter dem Namen Easy Motorsport auftritt. Mit Freunden gründete er zudem „Rent-a-Race-Kart“, ein Verleih für Renn-Karts, in dem Interessierte auch ohne eigenes Material unter professioneller Anleitung Gas geben können. Er möchte Einsteigern vermitteln, was ihn selbst seit Kindertagen bewegt: „Beim Kartfahren geht es um viel mehr als nur Geschwindigkeit. Es ist Technik, Taktik und Timing, alles in Echtzeit“, sagt er. Gerade das eigene Rennkart erleichtert ihm das Finetuning. Wo man bei Leih-Karts lediglich mit Helm und Handschuhen auftaucht, kann Esser sein Privatfahrzeug perfekt auf ihn selbst abstimmen.
Ein Tag im Rennkart
Durch seinen Meistertitel im Kart-Masters NRW gewann er einen Tag in einem Rennkart im Wert von 500 bis 600 Euro. Da er jederzeit selbst auf die Strecke gehen kann, entschied er sich, diesen Gewinn über die Spendenaktion von Sterntaler e.V. Herdecke zu verlosen. Eine Frau aus Heinsberg war die Glückliche, die bald mit ihm in einen Tag unter professioneller Anleitung auf der Kartbahn an der Selbecke verbringen darf – ganz im Zeichen von Tempo, Kurven und Adrenalin.