Hagen. Er ist über 40 Jahre alt und feiert ein Landesliga-Comeback an der Pfeife: Guiseppe Mele ist einer der erfahrensten Schiris aus Hagen.

Nicht nur Fußballklubs, sondern auch Schiedsrichter können aufsteigen. Viele wollen hoch hinaus, andere eher weniger. Aber wer als Unparteiischer besonders gute Leistungen bringt, der fällt immerhin auf und wird nicht selten für höhere Aufgaben berufen. Diesen Schritt machen jetzt zwei Schiris aus dem Fußballkreis Hagen/Ennepe-Ruhr. Giuseppe Mele (SV Hohenlimburg 10) und Nick Kurt Schneider (SuS Volmarstein 1912/26) schafften aufgrund ihrer herausragenden Leistungen bereits zum Jahreswechsel den Aufstieg in die Landesliga, wo sie ab der Rückrunde pfeifen werden.

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Ihre Beförderung hat vor allem einen Grund: So lagen sie in ihren Beobachtungsspielen in der Bezirksliga weit über der Einstiegsnote. Der Vorsitzende des Kreisschiedsrichter-Ausschusses, Patrick Lepperhoff, sieht in dieser Entscheidung des Verbandes eine Bestätigung: „Aufsteiger zur Halbserie sind etwas Besonderes. Dass wir gleich zwei Hagener Aufsteiger haben, dokumentiert einmal mehr die hohe Qualität unserer Schiris. Und dass die beiden einzigen Aufsteiger in Westfalen aus dem Kreis Hagen/Ennepe-Ruhr kommen, ist absolut einmalig!“ 

Folgt der Aufstieg in die Westfalenliga?

Als einer der ältesten gemeldeten Schiris kehrt Giuseppe Mele (bisher Team D) nach Jahren in die Landesliga zurück. Der gerade erst 18 Jahre alte Nick Kurt Schneider erreichte die Landesliga hingegen als eines der größten jungen Schiedsrichtertalente in Westfalen über das U19-Nachwuchsteam des Verbandes. Beide kommen nun ins Team C und werden in der Rückrunde im Hinblick auf einen Aufstieg in die Westfalenliga beobachtet. Kuriosum am Rande: Mele, der im Kreis auch für das Schiedsrichter-Förderteam verantwortlich zeichnet, ist seit zwei Jahren der Coach von Schneider.

Fußball-Bezirksliga SC Obersprockhövel II gegen die TSG Sprockhövel II
Fußball-Schiedsrichter Guiseppe Mele (links im Hintergrund) hat das Geschehen auf dem Platz immer fest im Blick. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel

Es ist nicht das erste Mal, dass Mele als Schiedsrichter so hoch gekommen ist. Seine Prüfung legte er bereits im November 1999 ab. Nach zwei Jahren in der Jugend kam er zu den Senioren, und dann ging es bei rasend schnell. Beim Verband wurde man erstmals auf ihn aufmerksam, als er im Jahr 2022 den Wochenlehrgang für Nachwuchsschiedsrichter in Kaiserau als Lehrgangsbester abschloss. Zur Belohnung durfte er unter der Beobachtung von Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Werner Schütte die Abschlusspartie zwischen Borussia Mönchengladbach gegen die Westfalenauswahl leiten.

Mit 20 Jahren pfiff er Verbandsliga

In der Folge flitzte Mele durch alle Leistungsklassen, wurde nach nur vier geleiteten Landesligaspielen mit dem vorzeitigen Aufstieg in die nächsthöhere Liga belohnt und pfiff mit 20 Jahren bereits sein erstes Verbandsligaspiel. Ein Jahr später sah der Verband in ihm Westfalens hoffnungsvollstes Talent und schickte ihn für eine Woche nach Berlin zu einem DFB-Nachwuchslehrgang, Einer der Referenten damals war der seinerzeit als jüngster Zweitliga-Schiri aller Zeiten gefeierte Robert Hoyzer, der wenige Monate später über einen Bestechungsskandal zu Fall kam. Daheim in Westfalen kam Mele in das Gespann des späteren Zweitliga-Schiris Florian Steuer (Menden), der damals schon vom Verband für höhere Aufgaben vorgesehen war.

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„Das war eine geile Zeit damals, das hatte schon was von Profitum“, bilanziert Mele heute rückblickend. „Steuer bekam vor allem in der A-Jugend-Bundesliga sehr gute Spiele, und wir sind fast jedes Wochenende quer durch die Republik gefahren.“ Das Gespann erlebte in seinen Spielen Christian Streich noch Jugendtrainer in Freiburg, auch Namen wie Thomas Müller oder Mats Hummels bei Bayern München kamen später groß raus. „Mit dem Kopf von heute wäre ich weiter gekommen“, sagte Mele einsichtig. „Aber wir sind auf einer Erfolgswelle geritten, und ich habe die Sache wohl zu locker genommen.“

„Im Endeffekt freut mich der Aufstieg, denn es ist eine Bestätigung, dass man es noch kann auf dem Platz. Aber fünfmal mehr freut es mich für meinen Schützling Nick Schneider, dass er gerade so durch die Decke geht.“

Guiseppe Mele, Schiedsrichter

Der erste Rückschlag folgte. Nach dem Abitur machte Mele zwei Monate Urlaub in Italien, kam erst vier Tage vor dem Kaderlehrgang zurück und rasselte prompt durch die Regelprüfung. Auch auf dem Platz lief es nicht mehr so richtig. Die Beobachtungen waren noch gut, bescheinigten ihm Talent, aber auch nicht mehr. „Irgendwo fehlten die letzten Prozentpunkte an Einsatz, auch was das Training anging. Es wird schon gut gehen, war damals mein Motto“, gibt sich Mele selbstkritisch.

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Ging es aber nicht. Sein Gespannführer Steuer stieg in die Regionalliga auf, und weil es bei Mele nicht weiter ging, flog er aus der Junioren-Bundesliga. Auch bei den Senioren war die Perspektive nicht mehr rosig. „Mal fehlte hier ein Punkt in der Beobachtung, mal dort. Bei mir fehlte das letzte Quäntchen Biss, ich stagnierte“, resümiert Mele. Mit 24 Jahren hörte er schließlich ganz auf. „Das war eine der dümmsten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe.“

Zwölf Jahre dauerte die Pause. Mele, der zuvor sechs Jahre in München gearbeitet hatte, kehrte 2020 nach Hagen zurück und bot dem Schiedsrichterobmann Patrick Lepperhoff seine Mitarbeit mit dem Fokus Nachwuchsarbeit an. Im Sommer 2021 übernahm er auch offiziell das Schiedsrichter-Förderteam. „Wir versuchen, eine Truppe von fünf bis acht talentierten Leuten, so gut es geht, aus- und weiterzubilden“, beschreibt Mele sein Aufgabenfeld. Nach einer Spielzeit in der Kreisliga A wurde Mele auch wieder in der Bezirksliga angesetzt, wo er junge Leute als Assistenten mitnehmen kann.

Viel Training, auch im Urlaub

„Dass ich nochmal oben angreifen könnte, das war eigentlich immer nur ein Gewitzel zwischen Patrick und mir“, erklärt Mele. Als sich vor Beginn der laufenden Saison kein Kandidat wirklich aufdrängte, wurde Mele für einen möglichen Aufstieg zur Landesliga beim Verband gemeldet. Und der Weg dorthin war steinig. „In meinem Alter ist es eben nicht leicht, mit den ganzen 18-, 19-, 20-Jährigen mitzuhalten“, verordnete sich Mele ein gehöriges Pensum. An fünf Tagen in der Woche, auch im Urlaub, wurde trainiert. Mit Erfolg, denn zwei Tage nach seinem 40. Geburtstag bestand er die Leistungsprüfung.

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Es folgten vier Spiele in der Landesliga, wobei er die Beobachter teilweise noch von früher kannte. „Der erste Satz war immer ‚Was machst Du denn eigentlich hier?‘“ Aber die Leistungen in allen Spielen, darunter zwei Lokalderbys, waren überragend, was sein Notendurchschnitt von 248 Punkten - die Einstiegsnote ist 240 - bewies. Eigentlich wollte Mele nur noch die Landesliga erreichen, um noch mehr junge Leute als Linienrichter an höhere Aufgaben heranführen zu können. Jetzt besteht für ihn sogar noch die Möglichkeit, am Ende der Saison in die Westfalenliga aufzusteigen. „Im Endeffekt freut mich der Aufstieg, denn es ist eine Bestätigung, dass man es noch kann auf dem Platz. Aber fünfmal mehr freut es mich für meinen Schützling Nick Schneider, dass er gerade so durch die Decke geht.“