Hagen. Im Fußball kennt es jeder: Wenn die Reserve ein wichtiges Spiel hat, werden Spieler aus der „Ersten“ ins Rennen geschickt. Aber ist das fair?
Im Gegensatz zu den Fußball-Kreisligen befinden sich die Landes- und Bezirksligisten bereits in der Winterpause. Daher nutzen etliche Vereine die Gunst der Stunde, um die eigenen Reserveteams mit Verstärkungen von oben in den restlichen zwei Spieltagen in diesem Kalenderjahr zu unterstützen.
Diese Maßnahme stößt zwar bei etlichen Fußball-Fans auf Unverständnis, aber sie ist völlig legitim. Bereits vor einiger Zeit sickerte es aus Spielerkreisen bis nach Eilpe durch, dass sogar die dritte Mannschaft von der SpVg. Hagen 11 in der Kreisliga A1 gegen den TSV Fichte mit Verstärkungen aus dem Landesliga- bzw. Bezirksliga-Kader am kommenden Sonntag antreten und ärgern könnte.
Aber da war doch was! Erinnerungen werden wach, denn im Vorjahr fing die verstärkte Elfer-Reserve den TSV Fichte auf der Zielgeraden noch ab und stieg somit in die Bezirksliga auf. Theoretisch wäre es nun sogar möglich, dass die ehemaligen Eilper wie Dennis Brzeski, Timo Ackermann oder Nico Möhrke, die nach dem verpassten Aufstieg nach Emst wechselten, nun im Elfer-Trikot gegen die alten Kameraden auflaufen.
Letzten Sonntag konnte die „Dritte“ von Hagen 11 beim 3:4 gegen SC Berchum/Garenfeld II trotz des Aufgebotes von einigen Verstärkungen allerdings keinen Nutzen ziehen. SCBG-Trainer Robin Timm profitierte ebenfalls von der ersten Mannschaft: „Die Fünf-Tage-Regel ist ein Witz. Zwei Spieler über 23 Jahre und zwei unter 23 dürfen wohl eingesetzt werden und erhalten danach eine fünftägige Sperre. Da wir Sonntag für Sonntag spielen, ist die Regel völlig sinnlos. In meinen Augen ist das auch eine erlaubte Wettbewerbsverzerrung!“
„Wir pflegen eine ganz andere Philosophie“
Am kommenden Sonntag und auch am 9. Februar 2025 könnte man dieses Prozedere auf ein Neues durchführen. Fichte-Abteilungsleiter Mathias Schneidmüller würde für ein solches Verhalten der Elfer an diesem Wochenende kein Verständnis zeigen. Allein schon aus dem Grund, weil die abgeschlagene „Dritte“ für das Erreichen der eingleisigen A-Liga ein kleines Wunder benötigen würde: „Wir pflegen eine ganz andere Amateur-Philosophie als Hagen 11 und dabei bleiben wir. Seriös, respektvoll und mit Demut den Gegnern gegenüber.“
TSV-Coach Uli Heidbüchel will sich mit diesem Wechsel-Thema überhaupt nicht beschäftigen: „Wenn es so sein sollte, müssen wir das annehmen. Für mich ist es wichtig, dass meine Elf die richtige Einstellung zeigt.“ Mannschaftskapitän Philipp Scharf erhielt übrigens kurz vor Schluss gegen Bosna von der Schiedsrichterin für den harmlosen Satz: „Das ist ja lächerlich!“ noch die Rote Karte und wurde für vier Wochen gesperrt.
Hagen 11 kann die Klagen nicht verstehen
Christian Knoche, stellvertretender Vorsitzender der SpVg. Hagen 11, kann ein Klagelied nicht nachvollziehen: „Wenn sich jemand über den unglücklichen Spielplan beschweren möchte, soll er dies beim Kreis oder beim Staffelleiter tun. Unser Trainer Jonas Adamek und der Sportliche Leiter Dietmar Grauer, der früher selbst bei Fichte im Einsatz war, schicken nach dem Rahmen unserer Möglichkeiten wie immer nach deren Ermessen die maximal stärkste Formation auf den Platz.“
Angenommen, das Landesliga-Team hätte im April 2025 als Spitzenreiter weiterhin einen so komfortablen Vorsprung wie aktuell und die Reserve benötigte noch Punkte zum Klassenerhalt, schließt man in Emst nicht aus, dass wieder Spieler in der Bezirksliga aushelfen. Aber das ist Zukunftsmusik.
Die Elfer sind aber nicht die einzigen, die von dieser Spielerwechsel-Methode Gebrauch machen. Auch FC Hellas/Makedonikos II (5:0 beim SC Zurstraße) oder FC Wetter II (9:1 gegen SG/BW Vorhalle) gewannen in verstärkter Formation ihre Spiele souverän und BW Haspe II holte beim TSK Hohenlimburg ein 3:3. Über die Hintergründe dieser Maßnahmen darf spekuliert werden, vielleicht sollen einige Akteure in der Reserve Spielpraxis sammeln oder sich nur fit halten. Die unterschiedlichen Ligen starten und enden unglücklicherweise nicht parallel, so dass die Vereine derzeit ihr gutes Recht in Anspruch nehmen können - auch wenn es in Einzelfällen mit einem besonderen Beigeschmack verbunden bleibt.
- Eintracht Hagen: Norouzi trifft Entscheidung für die Zukunft
- Hagener Rennfahrer erlebt in Brasilien Achterbahn der Gefühle
- Schießen in Hagen: „Das ist es, was den Sport ausmacht“
- 3. Sieg in Serie! Eintracht Hagen fegt über Hamm hinweg
„Wenn es so sein sollte, müssen wir das annehmen. Für mich ist es wichtig, dass meine Elf die richtige Einstellung zeigt.“