Hagen. Was macht die Faszination im Umgang mit Waffen aus? Ein Besuch im Schießsportzentrum in Wehringhausen liefert eine Antwort.
Ein großer, kräftiger Mann betritt das Schießsportzentrum des Schützenkreises Hagen in Wehringhausen. Er hat sein eigenes Sportgerät dabei, das von einem Ehrenamtler genau beobachtet wird. Das muss sein, denn aus seinem Sportgerät kann mit scharfer Munition eine Waffe werden. Es waren die Kreismeisterschaften des Schützenkreises Hagen, wegen der am Wochenende 571 Teilnehmer nach Wehringhausen kamen. Kein Wunder, dass gewisse Sicherheitsstandards dringend eingehalten werden müssen.
Um kurz nach 9 Uhr ertönen am Samstagmorgen dann die ersten Schüsse. Was für unbedarfte Besucher aufregend ist, ist für die Hagener Schützen reine Routine. Geschossen wird mit Luftpistolen und Luftgewehren. Jeder weiß dank der guten Planung, wann er an der Reihe ist. Wer mit dem Schießen fertig ist, der tritt meist relativ schnell wieder die Heimreise an. „Das war nicht immer so. Früher saß man noch etwas länger beisammen und es wurde noch eine Weile gesprochen“, erinnert sich Rüdiger Schmithüsen, Vorsitzender des Schützenkreises Hagen.
Winnenden war ein einschneidendes Ereignis
Am Rande der Veranstaltung äußert er sich über den Schießsport, der in Teilen der Gesellschaft heutzutage kritisch gesehen wird. Denn nicht jeder kann mit Schießsport etwas anfangen und fast alles, was mit Brauchtum zu tun hat, wird im aktuellen Zeitgeist von besonders progressiv denkenden Menschen gerne hinterfragt.
Für viele Hagener ist der Schießsport aber hingegen eine Leidenschaft, für die man sich als Sportler nicht rechtfertigen will. Manche Schützen fühlten sich in der Vergangenheit aber mitunter stigmatisiert: „Das schlimmste Ereignis war Winnenden“, sagt Schmithüsen. Der schockierende Amok-Lauf, der am 11. März 2009 von einem Sohn eines Sportschützen begangen wurde, hat die Situation im heimischen Schützenwesen nachhaltig verändert. In den Monaten nach der Tat, so befindet der Kreisvorsitzende, sei in manchen bundesweiten Medien aus seiner Sicht „sehr negativ“ übers Sportschießen berichtet worden. Ein Umstand, der seine Spuren hinterlassen habe.
„Das schlimmste Ereignis war Winnenden.“
Laut Schmithüsen hat das Schützenwesen seit Jahren mit Herausforderungen zu kämpfen - zum Beispiel mit der immer schwieriger gewordenen Nachwuchsgewinnung. Diese liegt wohl zum Teil im demografischen Wandel begründet, aber auch in Vorfällen wie Winnenden. Neue Mitglieder zu finden, sei bis heute ein schweres Unterfangen - insbesondere, wenn niemand aus der Familie oder im Umfeld selbst Sportschütze war oder ist: „Nach wie vor ist es so, dass die meisten, die neu mit dem Schießsport anfangen, zu uns finden, weil der Papa Schütze war“, erläutert Schmithüsen.
Die Auswirkungen der hitzig geführten Diskussionen über die Regeln und Gesetze für den Besitz von Waffen beschäftigen die Hagener Schützen auch heute noch. Schutzmechanismen seien wichtig, findet Schmithüsen, aber man müsse auch einordnen: „Dazu gehört die Tatsache, dass Deutschland eines der Länder mit den schärfsten Waffengesetzen ist. Und solche schrecklichen Vorfälle wie Winnenden sind Einzelfälle, aus denen man nicht auf alle Sportschützen schließen kann.“
„Man ist ganz mit sich selbst beschäftigt“
Trotz aller Herausforderungen blicken die Hagener Schützen positiv in die Zukunft. Nicht zuletzt, weil bei den diesjährigen Kreismeisterschaften auch viele junge Sportschützen an den Start gegangen sind, wie man am Samstagvormittag sehen konnte. „Wir haben im Schützenkreis aktuell ungefähr 1800 Mitglieder“, sagt Schmithüsen. Dass es inzwischen wieder mehr Nachwuchs gibt, sei erfreulich. Denn für viele ist das Schießen eine Leidenschaft, die ein anonymer Schütze, der sich kurz zu Wort meldet, so beschreibt: „Ich mag es, meinen Fokus nur auf eine Sache zu lenken. Und das ist beim Schießen der Fall. Man ist ganz mit sich selbst beschäftigt, man achtet auf die eigene Atmung und ist hochkonzentriert. Das ist es, was den Sport ausmacht.“
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Ein Besuch im Schießsportzentrum des Schützenkreises Hagen in Wehringhausen hat gezeigt: Trotz der größer werdenden Herausforderungen wird der Schießsport in Hagen von vielen Menschen geschätzt. Und auch rein sportlich waren die Kreismeisterschaften erfolgreich: Auf 19 Einzel- und zwei Mannschaftsrekorde kam der Schützenkreis nach dem Wochenende.