Hagen. Dass Yannick Brockhaus (35) seine Handball-Karriere beendet, klingt ganz normal. Das Kuriose daran: Papa Frank (63) spielt immer noch.
Für die Familie Brockhaus aus Hagen ist kaum etwas heiliger als die Sportart Handball. Frank Brockhaus, der im Juli 64 Jahre alt wird und Ende des Jahres in Rente geht, ist das sportliche Oberhaupt der Familie. Seine vier Kindern hat er früh mit dem Handball-Virus infiziert. Bei Sohn Yannick und Tochter Jenny hält die Faszination für den Sport bis heute an. Die zwei übrigen Töchter sind schon länger nicht mehr aktiv. Die Geschichte der Familie Brockhaus ist besonders, auch wenn sie gleichzeitig eine von vielen ist. Denn Handballverrückte ticken oft gleich.
„Wir sind mit dem Handball groß geworden und hatten eigentlich immer einen Ball in der Hand, egal um welchen es sich handelte oder wie groß der war. Wir haben Siebenmeterwerfen im Garten gespielt und das hat uns früh geprägt“, sagt Jenny Brockhaus, die als Spielmacherin für die TS Selbecke in der Bezirksliga auf Torejagd geht. „Als ich ein Säugling war, hat Papa mich wohl mal in die Halle getragen und ich lag einfach in der Trainingstasche. Daran kann ich mich natürlich selbst nicht erinnern, aber dieses Bild trifft eigentlich ganz gut das, was wir erlebt haben“, erläutert sie.
„Ich habe nie aufgehört und immer trainiert“
Papa Frank geht schon immer mit gutem Beispiel voran und mischt als Rentner heute noch die Kreisklasse auf. Der 63-Jährige spielt für seinen Heimatverein TV Delstern, beziehungsweise für die HSG ECD Hagen, den gemeinsamen Fusionsklub mit DJK Grün-Weiß Emst und SC Concordia Hagen. Beim Handball hat er noch nie länger gefehlt als ein paar Wochen, „zum Beispiel, wenn ich mal verletzt war“, sagt Brockhaus. Er habe aber meist nur kleinere Blessuren gehabt und zum Glück keine Horrorverletzungen wegstecken müssen. Dass der Rentner im fortgeschrittenen Alter noch spielen kann, ist für viele nicht selbstverständlich. Denn gerade bei einer körperbetonten Sportart müssen die Knochen und Gelenke viel aushalten.
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Ein Geheimrezept für Fitness im Alter hat er nicht wirklich parat, wie er betont: „Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Ich habe nie aufgehört und immer trainiert. Mir fällt das alles auch nicht besonders schwer. Auch wenn ich sagen muss, dass natürlich die Tage nach den Spieltagen nicht unbedingt angenehmer werden“, sagt er.
Yannick Brockhaus hat seine aktive Spielerkarriere beendet
Dass Sohn Yannick Brockhaus nun mit dem Handballspielen aufhören und sich voll aufs Traineramt beim TuS Volmetal II konzentrieren will, ist aus Sicht des Vaters verständlich: „Er muss das für sich entscheiden und er hat ja auch gute Gründe“, erklärt Brockhaus. Denn sein Sohn hat sich vergangene Saison mit RE Schwelm schwer am Knie verletzt und befindet sich im Genesungsprozess. Ob er jemals wieder aktiv spielen wird, ist ungewiss.
Dabei war Yannick Brockhaus ein begnadeter Spielmacher, ebenso wie Vater und Schwester. Jenny Brockhaus gehörte im Übrigen auch zu denjenigen, die den neuen Trainer der Volmetal-Reserve als Spieler früh entwickelt haben: „Ich habe Yannick ein paar Mal trainiert, als er Jugendlicher war. Das war sehr schön, aber auch anstrengend, weil er ein bisschen zickig war“, sagt Jenny Brockhaus und lacht: „Wenn er mal ausnahmsweise nicht so gut gespielt hat und ich ihn ausgewechselt habe, war es natürlich die Schuld der Schwester“, erzählt sie.
Manche Erlebnisse vergisst man nie. So stand die Familie Brockhaus schon mehrfach gemeinsam auf dem Feld. Egal ob beim Turnier in der Selbecke oder bei den Emster Handballtagen: Im sogenannten Mixed-Turnier, wo Männer und Frauen zusammen spielen, macht die Familie eine halbe Mannschaft voll. „Sowas macht natürlich doppelt Spaß und ich freue mich immer, wenn ich Zeit mit meinen Kindern verbringen kann. Wenn wir dann noch zusammen Handball spielen, geht es eigentlich kaum besser.“
Trainertätigkeit ist der nächste logische Schritt
Handball ist in der Familie Brockhaus mehr Bestimmung als Hobby, mehr Leidenschaft als Verpflichtung: „Wir hatten aber eigentlich keine Wahl und mussten mit dem Handballspielen anfangen“, berichtet Yannick Brockhaus: „Ich habe in der Jugend einige Jahre Handball und Fußball gleichzeitig gespielt, aber irgendwann ging das zeitlich nicht mehr und ich musste mich entscheiden. Welche Sportart es würde, war rückblickend betrachtet einfach klar.“
„Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Ich habe nie aufgehört und immer trainiert. Mir fällt das alles auch nicht besonders schwer. Auch wenn ich sagen muss, dass natürlich die Tage nach den Spieltagen nicht unbedingt angenehmer werden.“
Seitdem hat der 35-Jährige viel Erfahrung gesammelt, lief im Jugendbereich unter anderem für den TSV Fichte Hagen, TuS Volmetal und den VfL Eintracht Hagen auf, später im Seniorenbereich spielte er für die HSG Gevelsberg-Silschede in der Oberliga und zuletzt erfolgreich als Spielertrainer bei RE Schwelm in der Landesliga.
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Nun ist für ihn der endgültige Schlusspfiff ertönt. Dass sein Vater ihn auf dem Handballfeld „überlebt“ hat, macht ihm nichts aus: „Für mich ist die Trainertätigkeit der nächste logische Schritt und ich bin froh, dass ich bei Volmetal einen guten Kader und eine richtig interessante Perspektive habe. Ich kenne das Umfeld und freue mich auf die neue Aufgabe“, sagt Yannick Brockhaus.
„Wenn ich spiele, dann richtig“
Papa Frank ist dennoch nicht ganz überzeugt vom endgültigen Karriere-Aus seines Sohnes als aktiver Spieler: „Meine Vermutung ist ja, dass er sich das noch mal anders überlegt, wenn er wieder fit ist - vielleicht auch nur noch aus Spaß und nicht mehr leistungsorientiert.“ Sohn Yannick Brockhaus fällt ihm aber sofort ins Wort: „Just for Fun mache ich ganz bestimmt nicht. Wenn, dann spiele ich richtig oder gar nicht.“
Ganz ausschließen will er aber jedenfalls nicht, dass er in Zukunft nochmal auf dem Feld stehen wird. Wer mit dem Handball-Virus infiziert ist, der wird es eben nicht mehr los. Die Familie Brockhaus sowieso nicht mehr. Zu früh hat Papa Frank seine Kinder angesteckt.