Schwelm. Wenn die Stimmung auf den Plätzen zu gefährlich wird, können Schiedsrichter ab der neuen Saison zu einem neuen Instrument greifen.

Hinter Peter Mann liegt eine sehr intensive Saison. Als Vorsitzender des Kreissportgerichts hatte und hat Mann mit den Regel-Überschreitungen vieler Fußballerinnen und vor allem Fußballer im Kreis Hagen/Ennepe-Ruhr alle Hände voll zu tun. Rund 250 Verfahren im Senioren- und Jugendfußball wurden verhandelt, so drastische Vorfälle wie in den vergangenen Jahren gab es in der jüngst beendeten Saison allerdings nicht. Die Hoffnung bei ihm und den Schiedsrichtern ist groß, dass das auch so bleibt oder die Zahl der Übergriffe in Zukunft sogar sinkt. Dafür haben die Unparteiischen ab der kommenden Spielzeit ein neues Instrument an der Hand - die sogenannte „Stopp-Regel“.

Das neue Konzept vom Deutschen Fußballbund (DFB) soll für mehr Ruhe auf den Plätzen unterhalb der Regionalliga sorgen. „Ich begrüße das erst einmal“, sagt Sportrichter Peter Mann und spricht damit auch einigen Schiedsrichtern im Kreis aus der Seele. Doch was genau besagt das neue Konzept eigentlich?

So kann die neue Regel ausgelegt werden

Wird die Situation auf dem Platz zu hitzig, haben die Schiedsrichter ab sofort die Möglichkeit, das Spiel zweimal während der 90 Minuten zu unterbrechen.

  • Nach einem Pfiff heben die Unparteiischen beide Arme über den Kopf und überkreuzen die Handgelenke. Anschließend strecken sie die Arme auf Schulterhöhe voneinander weg und deuten mit einer seitlichen Stoßbewegung an, dass sich die Spieler oder Spielerinnen in ihren jeweiligen Strafraum begeben müssen.
  • Daraufhin kommen Teamverantwortliche (Trainer, Kapitäne/-innen und weitere vom Unparteiischen zugelassene Personen) in den Mittelkreis. Dort wird ihnen der Grund für die Aussetzung des Spiels und die voraussichtliche Dauer der Beruhigungsphase genannt. Alle werden aufgefordert, die Spieler, die Offiziellen oder auch die Zuschauer zu beruhigen, damit das Spiel in Ruhe fortgesetzt werden kann und es zu keinem Spielabbruch kommt.
  • Im dritten Schritt werden dann die Kapitäne informiert, sobald das Spiel fortgesetzt wird. Bei Bedarf können sich die Teams erneut aufwärmen.

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Fußballer begrüßen neues Konzept

Unter den Fußballern kommt das neue Instrument für die Unparteiischen gut an. „Es ist schlimm, dass wir so etwas brauchen, aber alles, was zur Deeskalation auf den Plätzen beiträgt, finde ich gut“, sagt beispielsweise Marc Dülm vom A-Ligisten SpVg. Linderhausen. Auch Benjamin Heinze vom SV Büttenberg, dessen Team in der jüngeren Vergangenheit mehrfach negativ auffiel, begrüßt das neue Konzept. „Mir gefällt das relativ gut, da wir immer als Bösewichte dastehen. Ich denke, für uns ist das sinnvoll, um Ruhe ins Spiel zu kriegen.“

„Es ist schlimm, dass wir so etwas brauchen, aber alles war zur Deeskalation auf den Plätzen beiträgt, finde ich gut.“

Marc Dülm, Trainer des Fußball-A-Ligisten SpVg. Linderhausen

Ganz neu ist das Stopp-Konzept übrigens nicht. Vorreiter war der Württembergische Fußballverband, der es schon seit der Rückrunde der Saison 2022/2023 testet. Auch im Kreis 13 hätten die Unparteiischen dieses Instrument bereits anwenden können, wie Peter Mann berichtet. „Es ist aber auch immer eine Typ-Frage, ob ich als Schiedsrichter zu diesem Mittel greifen möchte“, so der Sportrichter.

Gute Erfahrungen in Württemberg

Im Württembergischen Fußballverband durften Schiedsrichter ein Spiel bis zu zweimal für maximal fünf Minuten unterbrechen. Entscheidet sich der Schiedsrichter danach dennoch für einen Spielabbruch, wird diese Partie nicht erneut angesetzt. Alle möglichen Mittel gelten dann als ausgeschöpft. Die Erkenntnisse aus dem Projekt waren sehr positiv.

„Ich bin eigentlich auch ein Freund von Zeitstrafen.“

Peter Mann, Vorsitzender des Kreissportgericht im Fußballkreis Hagen/Ennepe-Ruhr

„Zunächst kam es gar nicht so häufig zur Anwendung. Aber die Schiedsrichter hatten das Gefühl, dass sie ein Instrument an der Hand haben. Dies kann zu einem selbstsichereren Auftreten führen und sich zusätzlich positiv auf die Qualität der Spielleitung auswirken“, sagt Dr. Thaya Vester, die der DFB-Projektgruppe „Gegen Gewalt gegen Schiedsrichter*innen“, der Kommission „Fairness und Toleranz – gegen Gewalt“ des Württembergischen Fußball-Verbands und der DFB-Gruppe „Fair Play – gegen Gewalt und Diskriminierung“ angehört. Bisher sei noch nie eine zweite Unterbrechung benötigt worden.

Mann kann sich auch Zeitstrafen vorstellen

Genau darauf hofft auch Peter Mann, der sogar gerne noch einen Schritt weitergehen würde. „Ich bin eigentlich auch ein Freund von Zeitstrafen“, sagt Mann. Im Jugendfußball ist diese progressive Bestrafung bereits ein bewährtes Mittel, um Spieler, die unter Umständen überhitzen könnten, für eine gewisse Zeit zum Abkühlen des Feldes zu verweisen.