Ennepetal. Bei einem A-Jugendspiel des TuS Ennepetal wird es am Ende häßlich. Der Verein schweigt dazu – das Sportgericht allerdings nicht. Das ist passiert

Schlimme Szenen sollen sich vor zweieinhalb Wochen nach einem A-Jugend-Spiel des TuS Ennepetal abgespielt haben. So schlimm, dass der 72-jährigen Trainer Karl Knoche das, was im Bezirksliga-Spiel gegen den SV Horst-Emscher passiert sein soll, in seiner langen Laufbahn noch nie gesehen hat, wie er selber sagt. Ein Spieler von ihm soll von mehreren Gegnern brutal zusammengeschlagen worden sein, sodass seine Zähne lose wurden – und das ist nur der Gipfel der Schilderungen zum Spiel, nach dem sechs Spieler beider Vereine gesperrt worden sind und bei dem es einen Polizeieinsatz gab.

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Die Ennepetaler selbst stellen sich nach einer Schlägerei als Unschuldslamm da. Das Sportgericht, dem Videomaterial von der Schlägerei nach Spielende vorliegt, widerspricht dem vehement. Auch Horst Emscher wehrt sich gegen die einseitige Verurteilung seitens der Ennepetaler.

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Das Sportgericht hat den Fall bereits verhandelt und Urteile gesprochen. Vier Spieler von Horst-Emscher wurden gesperrt, zwei für zehn Wochen, einer für sechs Wochen und einer für zwei. Auf Ennepetaler Seite wurden ein Spieler für zehn und ein anderer für zwei Wochen gesperrt. Das seien übliche Strafen für Jugendspieler bei Tätlichkeiten und unsportlichen Verhalten, heißt es vom Sportgericht.

TuS-Vorstand schweigt – Trainer spricht offen

Aber der Reihe nach: Was war in dem Bezirksligaspiel am 1. Oktober zwischen Ennepetal und Horst-Emscher genau passiert? Nach dem Abpfiff der Partie sollen sich beide Mannschaften gegenseitig geschlagen haben. „Es gab eine Rudelbildung und es wurden Schläge ausgeteilt. Beide Seiten waren beteiligt. Ennepetal darf nicht so tun, als wären sie unschuldig. Das Video war eindeutig“, sagt Sportrichter Ulrich Sprick. Er habe sich das Video von einer Liveübertragung im Internet genau anschaut, die Spieler identifiziert und für ihr Verhalten bestraft, sagt er.

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Nach der Schlägerei samt sechs gesperrten Spielern spielte der Ennepetaler Vorstand den Vorfall runter: „Das Spiel endete 1:1. Es gab insgesamt sieben Gelbe Karten plus eine Gelbe Karte gegen einen Mannschaftsverantwortlichen von Horst Emscher“, antwortete TuS-Vorstandsmitglied Andreas Teuber auf Anfrage dieser Zeitung, was passiert sei. „Mehr“, schiebt er in seiner Stellungnahme hinterher, „gibt es zu dem Spiel nicht zu sagen.“

Während er die Schlägerei dieser Zeitung gegenüber verschweigt, sprach der Trainer der Ennepetaler A-Junioren, Karl Knoche, offen über die Vorkommnisse, schiebt die komplette Verantwortung zum Gegner. Laut seinen Aussagen seien die jungen Fußballer von Horst-Emscher aggressiv auf die TuS-Spieler losgegangen. „Die komplette Mannschaft hat uns angegriffen“, schildert er.

Polizei Gelsenkirchen bestätigt Einsatz und Anzeigen

Einen Spieler soll es besonders schlimm erwischt haben. „Drei Gegenspieler sind auf ihn zugekommen und haben ihm die Zähne losegehauen. Seine Lippe war aufgeplatzt und er hat geblutet wie Sau“, sagt Knoche. Der Spieler selber soll Strafanzeige gestellt haben. Die Polizei Gelsenkirchen bestätigt, dass eine wechselseitige Anzeige wegen Körperverletzung vor Ort beim Polizeieinsatz gestellt wurde. „Es gibt zwei Geschädigte und zwei Beschuldigte“, teilt die Polizei mit.

Karl Knoche (rechts) ist ein erfahrener Fußballtrainer. In Gelsenkirchen geraten sein Team und der Gegner aneinander.
Karl Knoche (rechts) ist ein erfahrener Fußballtrainer. In Gelsenkirchen geraten sein Team und der Gegner aneinander. © Marinko Prša

Die Vorderzähne des Ennepetalers sollen zwar nicht rausgeschlagen, aber eingedrückt worden sein, sagt der Spieler, wollte sich aber zu dem Vorfall an sich nicht äußern.

Der besagte Ennepetaler soll laut dem Sportgericht in der Szene ebenso zugeschlagen haben. „Er hat sich gewehrt und zurückgeschlagen. Heute darfst du sowas ja nicht mehr“, nimmt ihn Ennepetals Coach Knoche in Schutz. Sowohl der Ennepetaler als auch zwei Spieler des Gelsenkirchener Vereins wurden zehn Wochen gesperrt. Knoche war erbost über die Strafe gegen seinen Spieler.

Ennepetals Gegner spricht von Provokation

Ob der Ennepetaler tatsächlich wie von Koche geschildert reagiert oder selber agiert hat, konnte das Sportgericht trotz der Videoaufnahmen nicht beurteilen, teilt es mit.

Beim SV Horst-Emscher sieht man die Sache anders und widerspricht den Ennepetalern ebenfalls, dass nur sie die Schuldigen sein sollen. „Es war leider eine Schlägerei, das kann man nicht schön reden“, sagt Nafi Gashi, stellvertretender Jugendleiter und spricht von Schlägen von beiden Seiten. „Ennepetal hat uns extrem provoziert und beleidigt“, sagt er, heißt das Verhalten seiner Spieler aber nicht gut.

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Das Video von der Schlägerei, das Licht ins Dunkel bringen würde, was sich konkret abgespielt hat, ist inzwischen von der Seite „fußball.de“ verschwunden. Das Sportgericht hält das Bewegtbild unter Verschluss. Auch die Vereine teilen mit, nicht in Besitz des Videos zu sein. Die Auseinandersetzung mit dem Ennepetaler, dem die Zähne lose geschlagen worden sein sollen, ist derweil nicht das einzige negative Vorkommnis. Auch ein Trainer von Horst-Emscher wurde wegen unsportlichen Verhaltens aus dem Innenraum verwiesen und erhielt 35 Euro Geldstrafe.

Knoche droht mit der Polizei

Später habe es noch Ärger vor den Kabinen gegeben. „Da standen sechs kurz geschorene Typen,“ sagt Knoche. Diesen habe er dann mit der Polizei gedroht, worauf hin diese gegangen seien. „Da gab es auch Unruhe und es war laut“, sagt Nafi Gashi von Horst-Emscher. Zudem berichtet Knoche, dass er nach Spielende angegangen sein worden soll. „Der Trainer vom Gegner kam angestürzt. Ich habe dann gesagt, wenn die mich anfassen, schlage ich sie zusammen“, sagt Knoche.

Im offiziellen Spielbericht soll zu all dem nichts eingetragen sein. Rote Karten wurden nicht verteilt. Der Grund? „Die Schiedsrichter hat das Spielfeld sofort verlassen und einen Ball geholt. Er hat alles nur aus der Entfernung gesehen“, gibt der Sportrichter Auskunft. „Dass er nichts eingetragen hat, ist nicht in Ordnung“, schiebt er hinterher.