Gevelsberg/Sprockhövel. Das größte Radsport-Event Deutschlands rollt durch die Region. Klaus-Peter Thaler kennt die Veranstaltung – und will sie als Zuschauer genießen.
Sie verläuft zwar nur knapp an der Grenze zu Gevelsberg vorbei, tangiert den EN-Südkreis lediglich. Doch die Deutschland Tour ist Radsportlern und Fans ein bekannter Begriff. Vor allem dem international erfolgreichen Ex-Profi Klaus-Peter Thaler. Er wohnt in Gevelsberg und wirft im Vorfeld einen Blick auf die Tour, ihren Streckenverlauf und das Level des Teilnehmerfeldes. Denn die dritte Etappe führt am 26. August von Arnsberg bis Essen und damit durch die Region.
„Ich freue mich, dass so etwas Großes wieder hier in der Nähe stattfindet“, sagt Thaler direkt zu Beginn. Denn seine sportliche Leidenschaft komme ihm mit Blick auf die Präsenz in den Medien und der Öffentlichkeit oft zu kurz. Das Eliterennen der anstehenden Tour bringen den Radsport wieder mehr die Köpfe der Menschen. „Die Begeisterung ist bei mir vorhanden, als Zuschauer werde ich auf jeden Fall dabei sein und mir eine Stelle aussuchen, an der eine Bergetappe ansteht. So bekommt man im Vergleich zu einer geraden Sprintstrecke viel mehr mit und kann die einzelnen Fahrer beobachten“, erzählt der 74-Jährige, der einen großen Namen in der Szene hat.
Klaus-Peter Thaler war kurzzeitig Bundestrainer
In den 1970er-Jahren war der Gevelsberger Klaus-Peter Thaler einer der dominierenden Radfahrer. Insgesamt wurde er vier Mal Radweltmeister. In den Jahren 1983 und 1985 war er Radsport-Bundestrainer.
Die Deutschland Tour ist die größte Radsportveranstaltung in Deutschland. Sie wurde nach längerer Pause im Jahr 2018 wiedereingeführt. 2022 gewann sie der Brite Adam Yates.
Zweimal selbst ist Thaler die Tour im Profifeld mitgefahren, in den Jahren 1979 und 1982. Also kurz nachdem er sich doch noch entschied, aus dem Amateurbereich als Profiradsportler einzusteigen. Bei der ersten Teilnahme gewann er die dritte Etappe. Die Tour im Jahr 1982 verlief ebenfalls erfolgreich: Thaler wurde in der Gesamtwertung Fünfter und damit gleichzeitig schnellster deutscher Fahrer.
Die Allerbesten werden fehlen
„Es war die Zeit, als der Radsport boomte, Menschenmengen waren an den Straßen. Es war schon damals eines der wenigen Profi-Radrennen in Deutschland. Ich habe es genossen, mal in meiner Heimat zu fahren und für den Radsport selbst war es gut, sich zu etablieren“, erinnert sich der Gevelsberger. Seine Trainingsstrecke, die er heute für sich allein noch zurücklegt, verläuft übrigens teilweise über die Straßen, über die auch die Deutschland Tour rollen wird. Mit dabei sind ganz bekannte Teams, die zuletzt auch bei der Tour de France gestartet waren. Allerdings nicht die Mannschaft um den Gesamtsieger Jonas Vingegaard, Jumbo-Visma. Dennoch verspricht sich Thaler ein starkes Rennen, wenngleich er einordnet: „Vielleicht treten die Teams nicht mit ihrer ersten Garnitur an.“
Der Experte weiß von früher: „Je nach Interessen des Teams und dem Markt, auf dem sie sich orientieren, wurden auch die Rennen ausgesucht.“ Denn wenn die Radfahrer vertraglich an ihr Team gebunden sind, hängen ihre Starts davon ab. Sollte eine Mannschaft nicht bei einer großen internationalen Tour starten, nimmt auch der Einzelne nicht daran teil. Als Thaler Ende der 1970er-Jahre für das spanische Team Teka und für das niederländische TI-Raleigh startete, war der italienische Markt nicht so interessant und so kam der Profi nie in den Genuss, beim Giro d‘Italia mitzufahren. Dafür war er zwei Mal bei der Vuelta a España dabei, wurde 1977 Dritter, sowie fünf Mal bei der Tour de France, wo er 1977 sogar zwei Etappen gewann und vorübergehend das Gelbe Trikot trug.
Entscheidung an der Hohensyburg?
Zurück nach Deutschland: Einschätzen könne Thaler den hiesigen Tourverlauf in diesem Jahr nicht so wirklich, wenn es auf die dritte Etappe geht. Das wellige Profil könnte nach Einschätzung der Organisatoren das Feld womöglich auseinanderreißen und eine Vorentscheidung könnte sich andeuten. Je nach Profil können die einzelnen Fahrer natürlich ihre Stärken ausspielen, auf Bergetappen bekommen Sprinter wie üblich eher Probleme. „So könnte um die Hohensyburg herum jemand einen Angriff zum Ausreißen starten“, tippt Thaler. Auf flacherem Profil, hinzu noch mit Gefälle wie in Richtung Sprockhövel und Hattingen, könnten hingegen Sprinter das Tempo anziehen. „Die Frage ist, ob sich das Feld dann rollen lässt oder ob es Gas gibt. Und es kommt generell auf das Ziel des Teams an, dessen Taktik hat Priorität und danach müssen sich die Einzelfahrer richten“, erklärt Thaler.
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Der Sportliche Leiter der Deutschland Tour, Ex-Radprofi Fabian Wegmann, fände es spannend, sollte sich die dritte Etappe wirklich erst zum Ende entscheiden. Nach der zweiten Bergwertung am Langenberger Sender in Velbert geht es hinab und bleibt flach. Sportlich gesehen sei dies nach Ansicht des Gevelsbergers Thaler interessant, für die Zuschauer gäbe es allerdings nur für wenige Sekunden etwas zu sehen – da das Tempo mit Sicherheit noch einmal stark angezogen wird. Intensiver verfolgen können dies Interessierte vor dem Fernsehbildschirm. Das Rennen wird in 190 Ländern übertragen, die ARD sendet live und bietet damit im Südkreis greifbar nahe Atmosphäre.