Gevelsberg. Die Tour de France ist das härteste Radrennen der Welt. Der Gevelsberger Klaus-Peter Thaler fuhr ins gelbe Trikot und holte Etappensiege.
„Es ist die spannendste Tour de France seit Jahren“, sagt Klaus-Peter Thaler „und es ist das härteste Radrennen der Welt.“ Das war es auch schon damals, als der Gevelsberger bei der dreiwöchigen Rundfahrt durch Frankreich als Radprofi an den Start ging. Am Samstag steht die alles entscheidende Etappe in den Alpen an. Dabei erinnert er sich sofort an die extreme Quälerei, „ich bin kaum über diese hohen Berge gekommen“, sagt er. Doch dann kamen die rasanten Abfahrten. „Diese geräuschlose Geschwindigkeit“ fasziniert Klaus-Peter Thaler noch immer. Der Radsport habe ihm viel gegeben und er habe sein Hobby gleich drei Mal zum Beruf machen können.
Der beste Ort bei der Tour de France „ist vor dem Fernseher“, sagt Klaus-Peter Thaler. „Dort gibt es fantastische Bilder von dem Sportspektakel in Frankreich zu sehen, anders als früher.“ Wer als Zuschauer an der Strecke einer Etappe stehe, der erlebt zwar die Radfahrer hautnah, doch sie rauschen an einem vorbei. „Nach einer Minute ist alles vorbei“, weiß der Gevelsberger.
Er war selbst mittendrin im Fahrerfeld, gehörte zu den Schnellsten und beteiligte sich an der Jagd nach dem heiß begehrten gelben Trikot. Zwei Mal durfte er es selbst überstreifen, holte mehrere Etappensiege. Auch heute noch, 37 Jahre nach seiner letzten Tour-Teilnahme, ist seine Begeisterung für den Radsport groß.
Am erfolgreichsten im Sprint
Es ist viele Jahre her, dass Klaus-Peter Thaler selbst im Fernsehen zu sehen war. 1977 nahm er das erste mal an der großen Schleife teil, sprintete direkt zum ersten Etappensieg. Früher habe es noch keine Anfahrer im Team gegeben, diesen Zug, der sich vor den Sprinter spannt und ihn in Position bringt. „Ich musste mir selbst das Hinterrad von dem schnellsten Fahrer suchen“, sagt Thaler und aus dem Windschatten heraus beschleunigen, in der Hoffnung, schneller zu sein.
Er erinnert sich an Paris 1982. Thaler fuhr hinter Bernard Hinault, dem fünfmaligen Tour-de-France-Sieger. Die letzten Meter auf der Champs-Élysées, der Gevelsberger steigt in die Pedale, will vorbei an dem Franzosen, in diesem Augenblick tritt ein Zuschauer aus der Menge heraus, um ein Foto zu machen. Um nicht mit ihm zusammen zu knallen, bremst Thaler ab. Er wird nur Sechster. Hinault gewinnt die Schlussetappe der 69. Tour de France. Es ist Thalers letzte große Rundfahrt als Radprofi.
Professionelle Organisation
So etwas könnte heute nicht mehr passieren. Die letzten Kilometer einer Sprintetappe sind eingezäunt, die Tour ist professioneller geworden, die Organisation allumfassend, dem Zufall wird kaum etwas überlassen. „Es ist eine riesige logistische Leistung vieler Beteiligten“, sagt Thaler.
Große luxuriöse Mannschaftsbusse, neuste Technik, Heimtrainer am Start, um sich warm zu machen: All das habe es zu Thalers Zeit nicht gegeben. „Wir haben uns in Nebenstraßen mit dem Rad vorbereitet“, sagt Thaler. Das Wichtigste sei das Essen gewesen. Der Tourtag begann mit einem reichhaltigen Frühstück. „Im Anschluss gab es immer direkt das Mittagessen und auf dem Weg zum Rennstart habe ich bereits den ersten Riegel verdrückt.“ Sich von einem Hungerast zu erholen, sei schwer, also muss immer für ausreichend Energie gesorgt werden.
Tour der Hoffnung
Der Sportler ist Träger des Verdienstkreuzes am Bande und wurde mit der Pierre-de-Coubertin-Medaille ausgezeichnet.
Die nächste Möglichkeit Klaus-Peter Thaler zu sehen, ist bei der Tour der Hoffnung.
Diese mehrtägige Radtour für den guten Zweck wurde 1983 ins Leben gerufen, seitdem nimmt auch Klaus-Peter Thaler daran teil. In Schwelm macht die Tour am Freitag, 16. August, Halt. Am Samstag, 17. August, sind die Fahrer in Ennepetal und Gevelsberg.
Viele Prominente unterstützen die Tour der Hoffnung und sammeln Spenden. 2017 kamen 2,3 Millionen Euro für Krebskranke Kinder zusammen.
Einmal hat es Klaus-Peter Thaler nicht bis nach Paris geschafft. Auch hier standen die Berge im Weg - und die Regeln der Tour. Er war in der letzten Gruppe im Feld. „Wir waren 40 Leute und sprachen uns ab, alle gemeinsam ins Ziel zu fahren.“ Es ging um das Zeitlimit und die Zuversicht, nicht aus dem Rennen genommen zu werden, weil die Gruppe so groß war. „Ich hätte schneller fahren können, hielt mich aber an die Absprache der Erfahrenen.“ Sie durften trotzdem nicht weiter fahren, „ wegen der schlechten Zeit „und weil es nicht genug Betten in Paris gab.“ Bei der Tour de France entscheiden Minuten über Sieg und Niederlage. „So ist Radfahren.“
Klaus-Peter Thaler war schon als Kind von diesem Sport begeistert. Sein Vater schenkte ihm sein erstes Rennrad und brachte seine Karriere ins Rollen.
Viele Weltmeistertitel
Klaus-Peter Thaler wurde Weltmeister im Querfeldeinrennen der Amateure, beim Straßenrennen, war bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal und fuhr als zweiter über die Ziellinie. Die Silbermedaille habe er nicht erhalten, er wurde von den Preisrichtern distanziert, sagt er. Thaler sei damals von seinem Verband schwer enttäuscht, weil er sich nicht für ihn stark gemacht hatte. Daraufhin wurde er Profi und ging ins Ausland.
1983 kam er zurück und wurde Bundestrainer. Als die Erfolge nicht so anrollten, wie es sich der Verband vorgestellt hatte, trennten sich die Wege wieder, sagt Thaler. Er setzte seine Profikarriere 1985 fort und wurde wieder mehrfach Weltmeister. Zwei Jahre später starteten er und seine Frau die dritte Karriere im Radsport – mit einem eigenen Fahrradbekleidungsgeschäft – einem Fachhandel für Radsportausrüstung mit eigener Textilmarke.
Im Mai ist Klaus-Peter Thaler 70 Jahre alt geworden und reißt noch immer jeden zweiten Tag mindestens 60 Kilometer ab. Aus Spaß an dem Sport. „Ich bin das Radfahren niemals leid geworden“, sagt er. „Es ist faszinierend, auch vor dem Fernseher.“