Ennepetal. Der Ennepetaler Fußball hat zwei EM-Titel-Verteidiger: wenn auch vielleicht nicht das Profi-Team – unter den Polizisten gehören sie zu den Besten
Als sie in der Nacht ankamen, schnauften sie erst einmal durch. Nach 20 Stunden Fahrt mit dem Bus kamen die beiden Spieler des TuS Ennepetal, Marvin Weusthoff und Marius Müller, wieder in der Heimat an. Mit einem Pokal: Sie haben mit der deutschen Polizei-Nationalmannschaft den Titel bei der Europameisterschaft verteidigt. In einem engen Finale setzte sich Deutschland am Ende doch souverän mit 4:1 gegen Gastgeber England durch.
Ein sehr straffes Programm hat die Mannschaft hinter sich, absolvierte fünf Spiele innerhalb von sechs Tagen. Plus die lange Anreise von jeweils 20 Stunden. Vom 21. bis 28. Juli waren Weusthoff und Müller mit eingespannt. Doch oft standen sie dabei gar nicht auf dem Feld. Für Müller war das Turnier sogar ganz schnell vorbei: Gleich im ersten Spiel gegen Tschechien verletzte er sich, in einem Zweikampf verdrehte er sich nach 60 Minuten das rechte Knie. „Es gibt noch keine genaue Diagnose“, sagte der Mittelfeldspieler am Wochenende. Ein Physiotherapeut begleitete die Nationalmannschaft zur EM nach Newcastle. „Das Kreuzband ist seiner Vermutung nach nicht betroffen, aber wahrscheinlich der Meniskus“, so Müller.
Verletzung von Müller folgt Einsatz von Weusthoff im Feld
Nachdem er ausgewechselt werden musste, kassierte Deutschland noch den Ausgleich zum 1:1. Ärgerlich: Zwei weitere Spieler verletzten sich, einer konnte aufgrund von Rückenproblemen nicht mehr eingesetzt werden, ein anderer zog sich einen Faserriss in der Wade zu. So war der Kader auf nur noch 13 Feldspieler geschrumpft. Danach gewann die Polizei-Nationalelf aber alle ihre Partien. In der Vorrunde besiegte sie noch Dänemark (6:1) und Bulgarien (3:0). Dabei kam Marvin Weusthoff zum Zug, nachdem er im ersten Spiel nur auf der Bank gesessen hatte. Doch er stand gar nicht wie gewohnt zwischen den Pfosten, sondern auf dem Feld.
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„Ich kam aufgrund der wenigen Feldspieler zu drei Kurzeinsätzen, aber eben nicht als Torwart. Das war ungewöhnlich und im ersten Moment komisch“, erzählt der 33-Jährige. Den dritten Einsatz gab‘s im Halbfinale gegen die Schweiz (6:0). „Der Trainer hat mich jeweils vorne rein gestellt, die Spiele waren auch schon entschieden und nicht mehr so viel Dynamik drin“, so Weusthoff. Tore steuerte der Keeper nicht bei, war aber bereit, seinem Team auszuhelfen. „Die Stimmung im Team war gut, wir passten zusammen. Es ist aber ein bisschen schade, dass ich nicht auf meiner Position gespielt habe. Das wäre mir schon lieber gewesen“, gesteht der Torhüter.
Der Umgang untereinander war zwischen den Nationalmannschaften fair, wenngleich sie sich in den Partien selbst natürlich ehrgeizig zeigten. „Sonst hatten wir nicht viel Kontakt zu Gegnern, da die Spiele versetzt auf Plätzen stattfanden. Deshalb haben wir keine anderen Spiele gesehen. Wir mussten auch immer eine gute Viertelstunde zum Platz fahren und waren nur unter uns“, berichtet Weusthoff. Er wäre gerne im Finale noch einmal aufgelaufen. Die Partie war lange Zeit ausgeglichen, ehe Deutschland noch nachlegte. Und: In dem Spiel verletzten sich noch zwei weitere Mitspieler der Polizisten. So saß neben Weusthoff am Ende nur noch ein einsatzfähiger Feldspieler auf der Bank.
Coole Atmosphäre, schöne Erfahrung und lauter Jubel
Doch als die beiden Ennepetaler schließlich den Pokal in den Händen hielten durften, waren sie glücklich und jubelten nach der Übergabe selbstverständlich laut. „Es ist schon etwas Besonderes, so eine Erfahrung mitzunehmen. Zumal wir den Titel unter widrigen Bedingungen und mit einer so hohen körperlichen Belastung gewonnen haben“, freute sich Marius Müller. Er unterstützte sein Team von der Seite aus, reiste nicht eher ab. Er genoss die Atmosphäre, es sei mal ganz anders gewesen, als mit dem TuS Ennepetal vier Mal in der Woche zu trainieren und am Wochenende zu spielen.
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Kollege Weusthoff betrachtet es insgesamt als „coole Erfahrung“ und ein bisschen Abwechslung. „Auf der internationalen Ebene aufzulaufen ist was Außergewöhnliches und daher schön, dieses Flair mitzuerleben.“ Er hat am vergangenen Sonntag bereits wieder für seinen Verein gespielt, der beim Cranger-Kirmes-Cup in Herne Dritter geworden ist. Am Montag war dann wieder Dienst bei der Polizei angesagt. Die Zeit in England wurde übrigens als Dienstzeit gerechnet. Das Wochenende diente also wie sonst auch zum Durchschnaufen.