Schwelm. Der VfB und sein Ex-Trainer streiten sich nun auf juristischem Weg – weil der Trainer seine Reputation geschädigt sieht und Schadensersatz will.
Kurz vor dem Antritt des neuen Cheftrainers Nermin Jonuzi mischt dessen Vorgänger Sascha Odina den VfB Schwelm noch einmal gründlich auf: Er glaubt, er hätte ein festes Anstellungsverhältnis beim Verein und müsste deshalb dort als Coach weiterbeschäftigt werden. Eine entsprechende Klage (Az. 2 Ca 797/23) wurde beim Arbeitsgericht Hagen eingereicht.
Odina fordert vom Fußball-Bezirksligisten auch eine Reputationszahlung, weil sein Ansehen in der Öffentlichkeit beschädigt wurde. Und er verlangt 6000 Euro Schadensersatz, weil er in der kommenden Saison kurzfristig keinen neuen Trainerjob mehr finden wird.
37-mal stand Sascha Odina, der seit kurzem Valadi-Odina heißt, in den vergangenen anderthalb Jahren für den VfB Schwelm an der Seitenlinie. Inzwischen steht der ehemalige Cheftrainer im Aus: Er wurde als Coach abgelöst. Doch völlig klaglos will Odina seinen Abgang nicht hinnehmen. Mit Hilfe seines kämpferischen Anwalts, dem Wuppertaler Arbeitsrechtler Rainer Tschersich, zerrt er den Verein derzeit vor das Hagener Arbeitsgericht. Der VfB hat Rechtsanwalt Klemens Erhard (Schwelm) als juristischen Beistand zur Seite. Im 25-minütigen Gütetermin, der diese Woche vor Richter Fabian Wißner stattfand, lieferten sich die Parteivertreter einen teilweise aggressiven Schlagabtausch. Eine Einigung kam letztlich nicht zustande.
Für VfB steht viel auf dem Spiel
Spannend dürfte deshalb der gerichtliche Kammertermin am 18. Oktober, 9.15 Uhr im Arbeitsgericht Hagen, werden. Dabei geht es vorrangig um die Frage, ob Sascha Odina rechtlich gesehen ein festes Anstellungsverhältnis beim VfB Schwelm hatte und deshalb, weil er nicht ordentlich gekündigt wurde, weiterbeschäftigt werden müsste. Für den Bezirksligisten könnte aber noch sehr viel mehr auf dem Spiel stehen, wenn es zu einer großen Beweisaufnahme kommt: Die im Amateurfußball gelebte Praxis, Trainer und Spieler mit einem entsprechenden „Handgeld“ zu bedenken, dass als „Aufwandsentschädigung“ deklariert wird, könnte vor Gericht zu einem brisanten Thema werden.
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„Dann werden wir die Aufwandsentschädigungen sämtlicher Spieler überprüfen lassen“, kündigte Odinas Anwalt bereits vorsorglich an. Vom VfB-Vorstand saß Finanzchefin Birgit Starke auf Beklagtenseite. Sie sagte während des Gerichtstermins kein einziges Wort zur Sache, tuschelte nur hin und wieder mit VfB-Anwalt Erhard. Der gab sich gelassen: „Der Verein hat nichts zu verbergen.“
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Kläger Sascha Odina war in der vergangenen Saison der Cheftrainer der ersten Mannschaft. Der Kader umfasst 24 Spieler. Insgesamt 14 Spieler davon, so wurde gerichtlich vorgetragen, seien beim VfB Schwelm auf Basis einer Aufwandsentschädigung tätig. Trainer Odina erhielt als Übungsleiter eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 500 Euro. Für die Sommermonate Juni und Juli, in denen nicht trainiert wird, gab es keine Zahlung. Die Gesamtsumme für den Trainer addierte sich demnach auf 5000 Euro im Jahr - und überschritt damit die steuerlich zulässige Höchstgrenze, die lediglich 3000 Euro jährlich beträgt. „Das bezahlte Entgelt ging weit über die zulässige Höchstgrenze für Aufwandsentschädigungen hinaus“, fasst es Odinas Anwalt Tschersich zusammen, „insofern ist es ein unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis.“
Gütliche Einigung scheitert
Es bestünde für den Kläger jedoch nun ein hohes Risiko, dass von Seiten des Vereins eine zweite Kündigung erfolgen werde, warf Richter Wißner in die Verhandlung ein. Das bestätigte der VfB-Anwalt Klemens Erhard prompt und kündigte an: „Herr Odina kriegt jetzt eine Kündigung zum 31. Juli.“ Der Vereinsanwalt betonte: Zwischen den Spielern und dem Trainer sei ein absolutes Vertrauensverhältnis erforderlich. So sei es unter anderem dessen Aufgabe, die Anwesenheitszeiten der Spieler festzuhalten. Für Mai würde bis heute keine Liste vorliegen: „Erst wenn er diese einreicht, kriegt er seine noch ausstehenden 500 Euro“, so Erhard. „Eine zusätzliche Aufwandsentschädigung von einem Monat, also 500 Euro, sind unser letztes Angebot. Aber mehr machen wir nicht mit.“ Odinas Anwalt wirkte sichtlich verärgert: „So von oben herab, wie Sie hier gerade auftreten, brechen wir das Gespräch ab.“ Damit war der Versuch einer gütlichen Einigung vor Gericht endgültig gescheitert.
Noch am 9. April schien offiziell die örtliche Fußballwelt in Ordnung. Da hatte der Bezirksligist auf seiner Instagram-Seite stolz verkündet: „Sascha Odina verlängert den Vertrag beim VfB Schwelm.“ Diese Meldung, so behauptete Vereinsanwalt Erhard im Gerichtssaal, „hat der Kläger doch selbst dort eingestellt.“ Eine Behauptung, die die Stimmung geradezu aufpeitschte: „Der Trainer betreibt nicht den Social-Media-Account des VfB Schwelm“, konterte Klägeranwalt Tschersich scharf, „noch tiefer wollen wir hier jetzt nicht mehr sinken.“
Kurz vor Ende der Saison, berichtete Sascha Odina im Gerichtssaal, habe der Verein noch versucht, ihm einen rückdatierten Vertrag mit Befristung unterzujubeln. Und weil das nicht funktioniert hätte, hätte man ihm am nächsten Tag mitgeteilt, dass er entlassen sei. Aus Sicht des VfB hört sich das jedoch ganz anders, nämlich nach einer Eigenkündigung, an: Der Trainer hätte gegen Ablauf der Befristung schriftliche Bedingungen gestellt, die der Verein nicht erfüllen konnte. Odina hätte zweimal selbst erklärt, dass er dann nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Und zwar mit den Worten: „Ansonsten ist meine Zusage hinfällig.“
Das Ansehen ist zerkratzt
„Wende beim VfB: Odina macht doch nicht weiter“, lautete am 30. Mai die große Überschrift und der halbseitige Bericht dazu in dieser Zeitung. Darin sei der geschasste Trainer vom VfB attackiert und in der öffentlichen Wahrnehmung herabgesetzt worden. Dadurch sei bei ihm ein Reputationsschaden eingetreten, den er geltend mache. „Aufgrund des Hantierens des Vereins“, wirft Klägeranwalt Tschersich der Gegenseite vor, hätte sein Mandant in der neuen Saison keinen neuen Trainerposten bei einem anderen Verein mehr finden können: „Ihm ist dadurch eine Jahresvergütung von 6000 Euro durch die Lappen gegangen.“