Gevelsberg. Vom Abstiegskandidaten zur Überraschungsmannschaft – Trainer Goerke erzählt im Interview von der Wandlung. Und schießt gegen einen Ex-Coach.

Für den FC Gevelsberg-Vogelsang war es ein Glücksfall, als im Winter Maximilian Goerke den Fußball-Kreisligisten von Lars Möske übernahm. Die fünftmeisten Punkte und die zweitmeisten Tore der Rückrunde retteten den Verein vor dem Abstieg. Goerke wird wegen der Erfolge nun weiter die Verantwortung tragen, und das, obwohl er mit seinen 25 Jahren noch sehr jung ist. Im Interview spricht er über das Dasein als junger Coach.

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In der Kreisliga gibt es immer mehr junge Trainer: Wie erklären Sie sich diesen Umstand?

Maximilian Goerke: Ich glaube, dass das am ekligen Fußball-Business liegt, den es nicht nur bei den Profis gibt. Trainer mit Reputation sind in der Kreisliga schwer zu bekommen. Viele greifen, wie bei mir geschehen, auf Leute aus den eigenen Reihen zurück. Weil diese dem Verein dann stärker verbunden sind, sehen die Klubs auch den Vorteil, dass sie den Verein nach einem halben Jahr nicht wieder verlassen.

Lars Möske, ihr Vorgänger, hat nach einem halben Jahr Vogelsang verlassen...

Ohne Giftpfeile schießen zu wollen, ist er ja ein Beispiel dafür, das Zugehörigkeit zu einem Verein wichtig ist. Im Sommer stand er vor dem Team und sprach von einem Projekt, dass er aufbauen möchte. Ein halbes Jahr später war er aber schon wieder weg. Die Vereine fragen sich dann, was sie mit Leuten wollen, die keinen Bezug zum Verein haben.

Für Sie ein Glücksfall, da Sie seinen Posten übernehmen durften. Wie war der Einstieg als Trainer mit gerade mal 25 Jahren?

Beim ersten Spiel habe ich mich noch gefragt, was ich mir angetan habe. Ich hatte ja auch teilweise mit Spielern zu tun, die zehn Jahre älter als ich waren. Da ist es schwierig, sich Respekt zu verschaffen. Aber man wächst in die Rolle hinein.

Wie haben Sie sich denn Ihr Standing aufgebaut?

Es lief sportlich sofort gut für uns, meine Vorgaben haben schnell funktioniert. Und die Spieler haben auch schnell gesehen, dass sie besser wurden. Harun Babayigit und Tolga Canatan sind mit ihren vielen Toren das beste Beispiel dafür.

Gab es einen Schlüsselmoment, in dem Sie gemerkt haben: Den Respekt habe ich mir jetzt erarbeitet?

Direkt beim zweiten Spiel, einem Freundschaftsspiel gegen Blau-Weiß Haspe, das wir gewonnen hatten. Meine Ideen haben zum ersten Mal funktioniert, und die Spieler haben das gesehen – da hat es bei ihnen Klick gemacht. Dann ist das Alter auch egal und die Spieler sind nicht mehr skeptisch.

Maximilian Goerke (am Ball) war in der Hinrunde noch der beste Vogelsanger Angreifer, dann übernahm er als Trainer und machte andere Spieler besser.
Maximilian Goerke (am Ball) war in der Hinrunde noch der beste Vogelsanger Angreifer, dann übernahm er als Trainer und machte andere Spieler besser. © WP | Marinko Prša

Wenn sich ein junger Trainer die Anerkennung erarbeitet hat, welche Vorteile eröffnen sich ihm dann?

Man ist dann sehr nah an der Mannschaft dran. Jede Generation tickt immer anders und die Spieler haben sich im Vergleich zu früher verändert. Wenn man selber zu der aktuellen Generation gehört, weiß man, wie die Spieler ticken.

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Viele haben heute andere Prioritäten. Wenn es wie aktuell sehr heiß ist, dann gehen einige auch mal lieber Schwimmen als auf dem Platz zu kicken. Auch auf Waldläufe haben die meisten keine Lust mehr, obwohl es nötig ist. Wenn man dann selber in dem Alter der Spieler ist, kann man mehr Verständnis dafür aufbringen.

Sie sind ja nicht nur ein junger Trainer, sondern waren davor auch Spieler. Wie hat sich das auf Ihre neue Rolle ausgewirkt?

Das ist natürlich schwierig, weil mein Freundeskreis auch gleichzeitig die Mannschaft ist. Dann muss man beide Sachen aber trennen: Auf dem Platz bin ich dann nicht der Freund, sondern der Trainer. Wenn man keine Grenzen zieht, gibt es irgendwann Probleme innerhalb der Mannschaft.

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Sie haben mit Vogelsang eine herausragende Rückrunde gespielt. Wie kam diese zustande?

Ein wichtiger Punkt war unser Anlaufverhalten: Wir haben jeden Gegner vorne angelaufen. Ich glaube, dass auch in der Kreisliga die Taktik eine große Rolle spielt. Wenn man die Taktik schult, hat man ein Alleinstellungsmerkmal in den unteren Ligen. Wir haben nicht umsonst gegen den Meister acht Tore oder den Vizemeister vier Tore geschossen.

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem ersten halben Jahr gesammelt?

Man darf nicht den großen Alleinherrscher spielen, sondern muss auch viel auf die Mannschaft hören. Wenn man eine Idee hat, habe ich gelernt, sollte man seine Spieler in seine Gedanken auch miteinbeziehen.

Was wollen Sie noch erreichen als Trainer?

Ich fühle mich hier sehr wohl und mein größter Traum wäre es, mit Vogelsang mal aufzusteigen. Ich würde nicht einfach zu einem anderen Verein wechseln wollen. Nur, wenn mal ein echt großes Angebot aus einer hohen Liga kommen sollte, könnte ich mir vorstellen, Vogelsang vielleicht mal zu verlassen.