Schwelm. Redakteur Fabian Vogel geht unter Wasser: Im Selbsttest taucht er beim TSC Schwelm und erlebt gemischte Gefühle. So stellt er sich bei an.
Pfränk nimmt sich die Zeit. Er muss geduldig sein, denn es geht in eine für Menschen unnatürliche Situation. Dorthin, wo es keinen Sauerstoff gibt. Ohne festen Boden unter den Füßen. Pfränk, wie er von allen hier genannt wird, heißt eigentlich Frank-Peter Lazar und ist Tauchlehrer beim TSC Schwelm, einem der größten Tauchsportvereine in Nordrhein-Westfalen, und hat mich mit unter Wasser genommen. Über ein Gefühl der Schwerelosigkeit mitten in Schwelm.
Bevor es unter Wasser geht, ist der Gang in die Materialkammer unter dem Schwelmer Hallenbad obligatorisch. Unmengen an Neoprenanzügen, Schwimmflossen und Taucherbrillen befinden sich hier. „Das sind schon ein paar tausend Euro, die hier hängen“, sagt Wolfgang „Wolli“ Klein, Vorsitzender beim TSC. Er schaut mich an, dreht sich um und greift gleich die richtige Taucherweste. Diese gehört genauso zur Standardausrüstung wie Brille und Flossen – und natürlich die Druckluftflasche, die es überhaupt erst ermöglicht, minutenlang unter Wasser zu bleiben – zumindest für einen Anfänger wie mich.
Wichtiger Test zu Beginn
Pfränk erzählt mir nach unserem Tauchgang von Tauchschülern, die sich im Apnoetauchen, also ohne Druckluftflasche, in bis zu 20 Meter Tiefe begeben. Beeindruckend, wie sie sich auf diese menschenfeindliche Umgebung einstellen können.
Mir geht es anders: Ich versuche, meine Nervosität zu überspielen. Mit der richtigen Ausrüstung geht es erstmal ins kleine Nichtschwimmerbecken. „Wir müssen schauen, ob du einen positiven Wasser-Nase-Reflex hast“, erklärt mir der Tauchlehrer. Ist er positiv, habe ich ein Problem. Denn diese natürliche Reaktion des menschlichen Körpers verhindert, dass wir ertrinken. Ist der Test positiv, muss dieser Reflex abtrainiert werden – ansonsten geht es nicht unter Wasser.
Feinfühlige Trainer
Pfränk kniet vor mir und macht es mir vor: Kopf nach vorne beugen und mit dem flachen Gesicht durch die Nase ins Wasser atmen. Neben meinem Kopf steigen Bläschen auf – alles gut. Es wird ernst, jetzt geht es ins große Schwimmerbecken in bis zu vier Meter Tiefe. Langsam geht es über die Leiter in den flacheren Teil des Beckens.
Hier ist es mit der überspielten Nervosität vorbei, wie mir aber erst im Nachhinein geschildert wird. „Ich habe es dir angesehen“, sagt Andreas „Andy“ Specht, Pressewart und Tauchlehrer beim TSC. Er sagt das aber erst im Nachhinein – denn er ist genauso feinfühlig wie alle anderen Taucher und Tauchlehrer. Sie wissen genau, dass das erste Mal für jeden etwas besonderes ist, dass die Situation gewöhnungsbedürftig ist.
Es geht abwärts
Und das ist sie. Fast schon krampfhaft kralle ich mich am Beckenrand fest – bis Pfränk auf eine Taste am Ende eines Schlauchs neben meinem Kopf drückt. Luft schießt in meine Weste und ich merke, wie ich auch ohne Bewegung dadurch an der Wasseroberfläche treibe. Irgendwie beruhigend. Aber nur kurz. Denn dann geht es abwärts. Mundstück rein, Atmung regeln und Kopf unter Wasser.
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Die Luft drücke ich über den „Inflator“ aus meiner Weste und langsam geht es nach unten. Nur mein Blutdruck nicht, der steigt. Kurzes Zeichen an Pfränk, alles ist gut. Zeigefinger und Daumen bilden dafür einen Kreis, die restlichen Finger werden abgespreizt. So geht das hier, unter Wasser, mit der Kommunikation. Einfache Zeichen, kein Geschwafel – hier unten zählen klare Kommentare.
Daumen hoch
Nach wenigen Sekunden geht mein Daumen hoch. Auftauchen heißt das. Pfränk und ich gehen nach oben, endlich wieder Luft um mich. „Das ist vollkommen normal, du brauchst dich da nicht verrückt zu machen“, versucht er mir die Panik zu nehmen. Und schon geht es wieder unter Wasser.
Pfränks Worte haben geholfen. Es dauert nur wenige Minuten, bis ich mich auf dem Boden des Beckens halbwegs vertraut bewege. Nur die Fortbewegung bereitet mir Probleme, denn es geht in der horizontalen vorwärts. Meine Hände suchen immer wieder Halt am Boden oder der seitlichen Wand des Beckens. Pfränk macht mir unter Wasser klar, dass ich das nicht machen muss – auch wenn diese Reaktion vollkommen normal sei. „Das ist der Reflex, den wir an Land haben, um uns zu schützen. Der Körper hat eben das Gefühl, dass er fällt“, erklärt er mir später.
Atmung kein Problem mehr
Ich falle aber gar nicht. Im Gegenteil: Ich schwebe durch das Wasser, nur mit meinen Beinen bewege ich mich fort. Die Atmung ist schon lange kein Problem mehr, als Pfränk mir einen kleinen Torpedo zu wirft. Dieser schießt so gerade durch das Wasser, wie ich mich dort gerne bewegen möchte. Mithilfe des Unterwasserspielzeugs vergesse ich, dass ich mich eigentlich in einer vollkommen unnatürlichen Situation befinde. Spielerische Ablenkung, die funktioniert.
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Minutenlang treiben wir so durch das Becken, die Bewegungen werden immer automatisierter – weil mir mein Tauchlehrer die Sorgen nimmt. Ich fühle mich gut aufgehoben bei ihm. Mit jeder Minute unter Wasser vergesse ich, dass ich mich vier Meter unter der Wasseroberfläche befinde. Weil sich Pfränk und die anderen Mitglieder des TSC Schwelm die Zeit nehmen, die ich brauche – um mich mitten in Schwelm in die Schwerelosigkeit zu begleiten. Eine großartige Erfahrung.