Ennepetal/Bochum. Darum zieht es den Oberliga-Kicker Ibrahim Lahchaychi immer wieder zurück an den Bolzplatz in Bochum.

Auf dem Weg zu Ibrahim Lahchaychis Lieblingsort reiht sich ein Plattenbau an den nächsten. Am Straßenrand: Dönerbuden und Spielhallen. Auf dem Weg durch das Bochumer Brennpunktviertel Hustadt kommt „Ibo“, wie er von seinen Freunden und Mannschaftskollegen genannt wird, trotzdem ins Schwärmen: „Hier sind wir früher immer runter gelaufen, um zum Sportplatz zu kommen“, sagt er und zeigt mit dem Finger auf einen schmalen Gehweg, als er mit mir durch den Bochumer Stadtteil fährt auf dem Weg zu dem Bolzplatz, auf dem er – wie er selbst sagt – im Prinzip seine ganze Kindheit und Jugend verbracht hat. Sein Lieblingsort.

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Man kennt sich seit Kindesbeinen

Angekommen auf dem Gelände, auf dem der kleine, mit Kunstrasen ausgelegte Käfig steht, in dem Lahchaychi das Fußballspielen gelernt hat, wird sofort deutlich, wie sehr der mittlerweile 31-Jährige mit dem Ort verbunden ist, den er selbst als seinen Lieblingsort beschreibt. Ein Bekannter, mit dem er vor vielen Jahren oft selbst noch auf dem kleinen Court gespielt hat, macht dort ganz alleine seine Einheit, dribbelt über das Spielfeld und zieht ein paar Sprints an. „Wir kennen uns schon seit Kinderbeinen. Das kommt hier häufiger vor, dass man noch Leute von früher sieht, mit denen man dann kurz quatscht und Zeit verbringt“, erklärt er.

Leute aus verschiedene Kulturkreisen

Freundschaften habe er auf dem Bolzplatz im Bochumer Stadtteil geschlossen, die teilweise bis heute bestehen. „Klar, mit ganz vielen Leuten von damals habe ich immer noch Kontakt“, sagt Lahchaychi. „Das ist auch das Schöne an so einem Soccerplatz: Hier haben sich Leute aus ganz verschiedenen Kulturkreisen getroffen und einfach eine gute Zeit miteinander verbracht. Klar gab es hin und wieder mal auch etwas Streit untereinander, aber das hat man dann immer im Spiel auf dem Rasen geklärt. Danach war dann wieder alles gut“, erzählt er nüchtern.

Der Bolzplatz in Bochum-Hustadt, wo der Ennepetaler Offensivspieler Ibrahim Lahchaychi das Fußballspielen erlernte.  
Der Bolzplatz in Bochum-Hustadt, wo der Ennepetaler Offensivspieler Ibrahim Lahchaychi das Fußballspielen erlernte.   © Joel Klaas

Auf die Frage, was ihm seine Zeit auf dem Bolzplatz für sein Leben mitgegeben hätte, erklärt er: „Auf jeden Fall den Respekt vor Älteren. Es war früher immer so: Wenn du jünger warst als Jungs, die auf den Platz wollten, musstest du runter und die anderen spielen lassen. Das war ganz selbstverständlich und sozusagen ein ungeschriebenes Gesetz auf dem Platz. Wenn Jüngere keinen Platz für Ältere gemacht haben, haben die Älteren den Jungs dann schon gezeigt, dass es dieses Gesetz eben doch noch gibt.“

Absprung aus Brennpunkt geschafft

Was aus den damaligen Bekanntschaften im Laufe der Jahre geworden ist? – „Manche haben richtig Karriere gemacht und sich total auf die Schule und das Studium konzentriert. Einige meiner Freunde von damals sind mittlerweile Ärzte oder Ingenieure“, erklärt der Stürmer des Oberligisten TuS Ennepetal. Es gäbe jedoch auch alte Bekannte, die den Absprung aus dem Brennpunkt-Viertel nicht geschafft hätten. „Die haben teilweise viel mit Drogen zu tun, sitzen im Gefängnis und so weiter. Das ist schon heftig, wie sich die Lebenswege so unterscheiden können“, so Lahchaychi.

Selbst arbeitet der 31-Jährige neben seinem Studium zum Betriebswirt in einem Bochumer Elektromarkt. Es kommt heute noch vor, dass den Oberliga-Stürmer die Lust packt, er die Fußballschuhe schnürt und auf seinen alten Platz in der Hustadt fährt, um dort mit ehemaligen Kollegen zu spielen. „Im Frühjahr, als es wieder möglich war, haben wir uns mit Kollegen noch mal hier getroffen und gekickt. Mit dabei war jetzt während der Sommerpause sogar auch Cebio Soukou, der mittlerweile bei Sandhausen in der 2. Bundesliga spielt. Ihn habe ich früher auch oft hier getroffen“, so der Stürmer, der seit 2016 für den TuS Ennepetal auf Torejagd geht.

Alexander Thamm und Ibrahim Lahchaychi, Trainer und Stürmer. Thamm sagt, dass man merke, dass „Ibo“ das Kicken auf dem Bolzplatz gelernt habe.
Alexander Thamm und Ibrahim Lahchaychi, Trainer und Stürmer. Thamm sagt, dass man merke, dass „Ibo“ das Kicken auf dem Bolzplatz gelernt habe. © Archiv | Marinko Prša

Erst mit 16 Jahren in einem Verein

Dass es überhaupt dazu gekommen ist, dass der sympathische Mann aus Bochum mittlerweile in der Oberliga vor den Ball tritt, war derweil lange überhaupt nicht abzusehen. Erst mit 16 Jahren absolvierte der Stürmer seine ersten Trainingseinheiten beim LFC Bochum-Laer. „Vielleicht hätte es für mich auch noch ein bisschen höher gehen können als bis in die Oberliga, wenn ich ein bisschen früher angefangen hätte, im Verein zu spielen“, blickt er zurück. „Aber ich finde, die Oberliga ist auch schon richtig stark. Dass ich es bis hierhin geschafft habe, habe ich mit Sicherheit auch den unzähligen Stunden zu verdanken, die ich hier auf dem Bolzplatz verbracht habe. Mein Trainer Alex Thamm sagt auch immer, dass man es mir anmerkt, dass ich das Kicken auf dem Bolzplatz gelernt habe, weil ich im Spiel manchmal Bewegungen mache, die eigentlich ungewöhnlich sind“, so der 31-Jährige.

Seine sportliche Zukunft sieht Lahchaychi derweil weiterhin beim TuS Ennepetal. „Ich fühle mich in Ennepetal einfach extrem wohl, weil es so familiär ist. Nach den Spielen gehen wir gemeinsam essen oder nach dem Training sitzen wir noch zusammen und trinken etwas. Das macht schon viel Spaß und deshalb bin ich auch nie weggegangen trotz Angeboten anderer Vereine“, erklärt er.

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