Ennepetal. Ibrahim Lahchaychi spielt erst mit 16 Jahren Fußball im Verein. Auf Bochumer Bolzplätzen lernt der Stürmer des TuS Ennepetal fürs Leben.
„Ich bin ein Bochumer Junge“ stellt Ibrahim Lahchaychi im ersten Satz klar. Geburtsland und nationale Identitäten spielen für den offensiven Mittelfeldspieler des TuS Ennepetal „überhaupt keine Rolle“, sagt er angesprochen auf seine Herkunft selbst.
Aufgewachsen im Bochumer Brennpunkt-Stadtteil Huestadt kam der heute 30-Jährige schon in seiner frühen Kindheit mit Menschen in Berührung, die aus allen Ecken der Welt stammen. „Das hat mich für meinen Lebensweg und meine persönliche Entwicklung auf jeden Fall extrem positiv geprägt“, sagt der Mann mit marokkanischen Wurzeln.
Im Gegensatz zu vielen anderen heutigen Oberliga-Kickern verläuft Lahchaychis Weg in den gehobenen Amateurfußball ungewöhnlich. Erst mit 16 Jahren schließt sich der heutige Offensivakteur des TuS Ennepetal einem Verein an. Beim LFC Bochum-Laer macht er seine ersten Trainingseinheiten unter einem Übungsleiter und bekommt erste Tipps.
Kontakt zu anderen Kulturen
„Vorher“, so sagt er, „habe ich immer nur mit meinen Jungs auf dem Bolzplatz gespielt. Ich erinnere mich gerne an diese Zeit zurück, weil wir extrem viel Spaß miteinander hatten und ich auf dem Bolzplatz nicht nur das Fußballspielen gelernt habe, sondern auch in Kontakt mit ganz vielen Kulturen gekommen bin.“
Ob Syrer, Afghane, Inder, Chinese, Türke oder Libanese: „Das hat auf dem Platz alles überhaupt keine Rolle gespielt. Darum hat sich überhaupt niemand gekümmert“, blickt Lahchaychi zurück. Statt von Problemen untereinander berichtet der Offensivakteur des TuS Ennepetal von „echten Freundschaften, die entstanden sind. Da gab es keinen Rassismus oder gegenseitige Anfeindungen wegen der Religion oder Nationalität“, erinnert er sich.
Im Gegenteil: „Ich wurde von meinen damaligen kollegen auch teilweise zum Essen zu hause eingeladen. ich habe die Gastfreundschaft von den Familien immer sehr genossen. Auch bei uns zu Hause war es so, dass jeder meiner Freunde immer herzlich willkommen war, etwas zu Essen und zu Trinken bekommen hat und sich sofort an einen Tisch gesetzt wurde. Das war eine richtig schöne Zeit, die ich nicht missen möchte“, erklärt Lahchaychi.
Was der heutige Student der Betriebswirtschaftslehre aus dieser zeit mitgenommen hat? „Vor allem, dass Nationalitäten überhaupt keine Rolle spielen und man mit jedem klar kommen kann, unabhängig von seiner Herkunft. Ich habe es genossen, bei anderen Familien mit am Tisch zu sitzen, Süßigkeiten zu bekommen und einen Tee zu trinken. ich habe mich immer willkommen gefühlt und das hat wahrscheinlich auch dazu beigetragen, dass ich heute so ein offener Mensch bin, den nicht interessiert, woher ein Mensch kommt oder welcher Religion er sich verbunden fühlt“, macht er deutlich.
Wenn Lahchaychi bei Verwandten in Marokko zu Besuch ist und von der kulturellen Vielfalt in Deutschland erzählt, „wundern sich schon Manche“, erklärt er. „Die Leute in Marokko können sich fast gar nicht vorstellen, dass Menschen aus so vielen Nationen in einem Land zusammenleben. Ich sage dann immer, dass das für mich vollkommen normal ist und das super funktionieren kann“, so der 30-Jährige.
Nach seiner Zeit auf dem Bolzplatz keimte in Lahchaychi mit 16 Jahren dann doch der Wille, Fußball auf Vereinsebene spielen zu wollen. „Ich war sehr ehrgeizig und meine Freunde haben auch angefangen, im verein zu spielen. ich habe dann gesehen, dass es bei manchen sogar für die Oberliga oder Landesliga reicht. Das wollte ich auch“, erklärt er.
Rassismus soll verschwinden
Nach seinen ersten Schritten beim LFC Bochum-Laer wechselte der Stürmer Post Altenbochum. Von dort aus führte sein Weg über den FC Langendreer 04 zum damaligen Westfalenligisten SV Herbede und später zu Schwaz-Weiß Eppendorf in die Landesliga.
Im Seniorenbereich habe Lahchaychi selbst kaum Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Das kam wirklich nur ab und zu mal vor, dass einer gesagt hat: ‘Der blöde Kanacke’' oder ‘Hau den Schwarzkopf weg.’ Das hat mich ehrlich gesagt auch nicht verletzt oder weiter interessiert, weil es wirklich nicht oft vorkam. Ich glaube das hängt damit zusammen, dass Bochum eine Stadt mit vielen Migranten ist und es dort normal ist, schwarze Haare zu haben oder eine andere Hautfarbe“, erklärt der gebürtige Bochumer.
Trotzdem wünscht sich Lahchaychi, dass die rassistischen Anfeindungen in Zukunft komplett von den Sportplätzen verschwinden: „Das geht einfach überhaupt nicht und ist das Letzte für mich. Ich hoffe, dass das Thema ganz bald schon keine Rolle mehr spielt.“