Schwelm. Im Alter von 79 Jahren ist Jürgen Wollenburg in der Nacht zu Samstag, 16. Januar, verstorben. Wir erinnern an den großartigen Menschen.

Das letzte Heimspiel vor dem Corona-Lockdown des Fußball-Bezirksligisten VfB Schwelm. Es war der 4. Oktober 2020. Wie sooft lässt sich Jürgen Wollenburg gerne in die Pflicht nehmen, sitzt vor dem Spiel gegen SV Deilinghofen-Sundern, welches 3:3 endete, an der Kasse zum Brunnen-Eingang. Für jeden der zahlenden und nichtzahlenden Zuschauer hat er ein Lächeln, ein freundliches Wort parat. Das wird fehlen. Jürgen Wollenburg, von allen einfach nur "Wolle" gerufen, ist in der Nacht zu Samstag im Alter von 79 Jahren nach kurzer Krankheit verstorben.

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Wollenburg hat sich nie in die erste Reihe gedrängt. Doch der Schwelmer Fußball ist ohne Jürgen Wollenburg nicht vorstellbar. Jahrzehnte hat er ihn mitgeprägt, hat die Fusionen positiv begleitet, hat sich in verschiedenen Vorstands-Ämtern für den Schwelmer Fußball, insbesondere der der Jugend, stark gemacht. Anerkennung fand er in den vielen Freundschaften, die rund um die heimischen Sportplätze und -hallen entstanden sind.

Ehrenmitglied des VfB Schwelm

Anerkennung fand Jürgen Wollenburg in der Ehrenmitgliedschaft, die ihm der VfB Schwelm anlässlich des 100-jährigen Jubiläums im April 2006 verlieh. Zusammen mit Werner Hagedorn und Horst Heidtfeld zählte er zu den ersten Ehrenmitgliedern des Vereins überhaupt. Die drei Geehrten repräsentierten quasi die Fusionsklubs Grün-Weiß (Hagendorn), Sportfreunde (Wollenburg) und FC 06 (Heidtfeld). Auf dem Gut Martfeld hatten sich am 21. März 1906 Germania und Westfalia zum FC Schwelm zusammen geschlossen.

Die letzte Ehrung gab es im Mai 2019, als Jürgen Wollenburg als Ehrenamstwart des VfB vom Kreisvorsitzenden Peter Alexander und dem Ehrenamtsbeauftragten des Kreises Hans-Peter Vieth für seine fast 60-jährige Vereinsarbeit mit der DFB-Ehrenamtsurkunde ausgezeichnet wurde. „Jürgen Wollenburg hat die Jugend betreut und in allen weiteren Bereichen seinen Einsatz gezeigt“, sagte Vieth. Der Geehrte freute sich sehr und sagte, dass er der Jugend immer ein Vorbild sein wollte.

Glückwünsche von Uwe Seeler

Wollenburg wurde am 13. September 1941 in Stettin geboren und verbrachte seine Kindheit an der Weser. Daher auch seine Verbindung zum Norden: zum Hamburger SV, zu seiner Lieblingsinsel Sylt. 1955 hat er erstmals Uwe Seeler spielen sehen. Fortan hatte er die HSV-Raute verinnerlicht. Zu seinem 60. Geburtstag erhielt Wollenburg sogar Grüße von „Uns Uwe”. Bei dem war er in den 1960ern mal kurz vorbeigefahren, mit einer ganzen Reihe von Jugendlichen der Sportfreunde Schwelm.

Diese Episode ist beispielhaft dafür, wie er sich für die Jugend eingesetzt hat. Vor allem als Jugendleiter der SF Schwelm. Vielen Generationen, vielen Kindern hat er den Fußball beigebracht, gezeigt, wie man Fußballschuhe zubindet, wie man sich in einer Mannschaft verhält. Der Mensch stand bei "Wolli" stets im Vordergrund. Die Herkunft, die war im egal. Fast ein halbes Jahrhundert förderte Wollenburg jugendliche Talente. Er war es auch, der das international besetzte Osterturnier der SF Schwelm initiierte und viele Jahre organisiert.

Gute Seele des VfB Schwelm

Jürgen Wollenburg verstand sich nie als Alleinunterhalter. Stets war es ein Team, das einen Verein nach vorne bringen kann. Immer wieder warb der Schwelmer um Nachwuchs auch für ehrenamtliche Tätigkeiten. Er wollte oft Platz machen für eine neue Generationen im Vorstand. Fanden sich keine Nachfolger, ließ er sich erneut in die Pflicht nehmen. Das hat dem VfB Schwelm stets gut getan. „Er ist sowas wie die gute Seele des Vereins und immer ein hilfsbereiter Ansprechpartner für mich“, schätzt VfB-Geschäftsführer Felix Hiege das Engagement von Wollenburg.

Wollenburg als Streitschlichter

Beispielsweise hat er sich als Mann des Ausgleichs, als Streitschlichter verdient gemacht. Im November 2012 gab es Irritationen in der Fußballjugend, die teils in heftige Streitigkeiten entglitten sind. Nach ausführlichen, vier Stunden dauernden Gespräch heißt es. „Es gibt keinen Verlierer, es gibt keinen Gewinner“, so VfB-Vorstand Jürgen Wollenburg. Und Hermann Luce, der als Mitglied des Ehrenrates die Gespräche moderiert hat, fügt hinzu: „Gewinner ist der VfB Schwelm.“ Hohe Wellen hatte die Kündigung zweier Jugendtrainer beim VfB Schwelm geschlagen.

Großer Moment: 100 Jahre SF Schwelm

Einen großen Moment für Schwelms Fußball und Jürgen Wollenburg gab es im September 2019, als die Sportfreunde Schwelm das 100-Jährige feiern konnten. Dem Aufruf zum großen Jubiläumstag an der Rennbahn waren etwa 300 Zuschauer gefolgt. Emotional wurde es, als Jürgen Wollenburg das Mikro ergriff und auf seine Geschichte blickte. „Man holte mich damals aus dem Kaufhof ab und brachte mich zur Rennbahn. So lernte ich den Club und die Mannschaften kennen und verbrachte viele schöne Jahre dort bis heute beim VfB Schwelm“, sagt er.

Linderhausen und VfB aufeinander zugehen

Das Spiel fand auf dem Kunstrasen der Rennbahn statt. Ein solches Geläuf hatte Wollenburg bereits viele Jahre zuvor als notwendig für den VfB Schwelm erachtet. Das war eine seiner Visionen. Eine weitere wird er nicht erleben. Er forderte, dass der VfB und die SpVg Linderhausen stärker aufeinander zugehen müssten - und schloss eine Fusion beider Vereine nicht aus. „Dann wird es auch mit dem Fußball vor Ort weiter vorangehen“, sagt Wollenburg anlässlich seines 70. Geburtstages.

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