Ennepe-Süd. Während Gevelsberg die Tore für den Vereinssport öffnet, wählt die Nachbarstadt Schwelm einen vorsichtigeren Weg und schließt fünf Hallen.
Die Nutzung von Turnhallen in Coronazeiten ist an vielen Orten nur extrem eingeschränkt möglich. Das sieht im EN-Südkreis nicht anders aus. Die Städte der Region agieren allerdings höchst unterschiedlich. Der Kreissportbund wünscht sich eine einheitliche Regelung.
Das Zauberwort heißt Aerosol. Diese winzigen Schwebeteilchen, die jeder Mensch beim Atmen in der Luft verbreitet und die stundenlang in der Luft stehen bleiben können, tragen entscheidend zur Verbreitung des Coronavirus bei. Während viele Wissenschaftler annehmen, dass Aerosole an der frischen Luft kein großes Problem darstellen, sieht das in geschlossenen Räumen ganz anders aus. Hier erhöht sich Studien zufolge die Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus massiv. Und das stellt ein großes Problem für alle Vereine dar, die ihren Sport in einer Halle betreiben. Wie zum Beispiel die TG Rote Erde Schwelm.
Schock kurz vor dem Feierabend
Die Freude bei der TG war in dieser Woche nur von kurzer Dauer. Am Donnerstag schrieb Claudia Wittwer aus der Geschäftsstelle eine Nachricht an unsere Redaktion, dass mit dem Ende der Sommerferien das Sportangebot teilweise wieder aufgenommen werden kann. Am Freitag dann die 180-Grad-Wende: Die Stadt Schwelm gab bekannt, dass sie prophylaktisch alle Turnhallen, die keine technische Möglichkeit einer hundertprozentigen Frischluftzufuhr gewährleisten können, bis auf weiteres schließen wird. Das betrifft die Turnhallen der Realschule, der katholischen Grundschule St. Marien, der Grundschule Nordstadt, der Grundschule Engelbert sowie die kleine Turnhalle des Märkischen Gymnasiums. Die Schwelm-Arena muss nur kurzfristig schließen.
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Für Wittwer und ihre Kollegen war diese Nachricht am Freitag kurz vor dem Feierabend ein Schock. „Wir haben die ganze Woche an unserem Programm gearbeitet und waren bereit, viele Kurse unter Einhaltung der Corona-Schutzverordnung wieder anbieten zu können. Jetzt müssen mehr als 80 Prozent unserer Kurse abgesagt werden“, berichtet Wittwer. Der Verein sucht nun nach alternativen Möglichkeiten, einen Teil der Kurse unter freiem Himmel anbieten zu können.
Die Stadt Schwelm erklärt in ihrem Brief an die Vereine, der dieser Redaktion vorliegt, dass sich der Städte- und Gemeindebund NRW und der Landessportbund am 27. August mit der Thematik „Lüftung von Sportstädten“ beschäftigen und im Anschluss daran weitere Handlungsempfehlungen an die Kommunen aussprechen werden. Bis dahin wählt Schwelm den vorsichtigen Weg und schließlich insgesamt fünf Hallen.
In Gevelsberg sieht es anders aus. Bettina Bothe, die Abteilungsleiterin Schulverwaltung Kultur und Sport, verriet am Freitag gegenüber dieser Zeitung: „Wir haben unsere Hallen für den Vereinssport geöffnet.“ Mit den Vereinen sei abgestimmt worden, dass sie der Stadt ihre Hygienekonzepte vorlegen. „Wir werden versuchen, so gut es geht zu kanalisieren, wer in den Hallen vor Ort ist, um auch eine Rückverfolgbarkeit von möglichen Infektionen zu gewährleisten“, sagt Bothe.
Zwei Städte, die direkt nebeneinander liegen, aber komplett unterschiedliche Wege gehen. Kein Wunder, dass das nicht überall gut ankommt und bei der Schwelmerin Wittwer kurz für Sprachlosigkeit gesorgt hat. Wie es die Stadt Ennepetal hält, ist noch offen. Bis zum Redaktionsschluss gab es keine Auskunft über das weitere Vorgehen.
Kreissportbund will vermitteln
Am Freitagmorgen hatten sich Vertreter der Städte noch gemeinsam mit dem Kreissportbund Ennepe-Ruhr zusammengesetzt und über das Thema gesprochen. Geschäftsführer Philipp Topp betont, dass der Kreissportbund versucht, in den Konflikten zwischen den Städten bestmöglich zu vermitteln und ein optimales Ergebnis für die Vereine zu erzielen. Er sagt: „Wir merken auch, dass ein Verein sagt: ‘Wir dürfen unsere Duschen nicht nutzen, aber in der Nachbarstadt darf man das.’ Da fehlt vielen das Verständnis und das führt zu Konflikten. Wir sprechen uns dafür aus, dass die Vereine ausnutzen dürfen, was die Corona-Schutzverordnung ermöglicht. Ich betone: natürlich muss der Rahmen sicher sein. Diesen sicheren Rahmen sollten die Städte schaffen.“
Die Rahmenbedingungen, die derzeit für alle Städte und Vereine gelten, sind unverändert. Anfang der Woche hatte das Land Nordrhein-Westfalen die aktuell geltende Corona-Schutzverordnung bis zum 31. August verlängert und auf weitere Lockerungen verzichtet, da die Zahl der Neuinfektionen zuletzt nach oben ging. Weiterhin gilt, dass in den meisten Hallen bis zu 30 Personen gleichzeitig ihren Sport ausüben dürfen. Die genaue Ausgestaltung der Verordnung obliegt aber den Städten. „Jede Kommune kann selbst entscheiden, ob sie Duschen oder Umkleiden öffnen möchte“, betont Topp.
Und wenn es um Strenge und Vorsicht geht, wählen derzeit eben manche Kommunen einen anderen Weg als andere, wie das Beispiel Südkreis zeigt.
Wettkampf ist ein anderes Thema
Alle Erwägungen betreffen derzeit nur den Trainingsbetrieb der Vereine. Wenn in den kommenden Monaten wieder in den Wettkampfmodus umgeschaltet wird, werden die Rahmenbedingungen erneut besprochen werden müssen. Bothe erklärt: „Der Wettkampf ist ein anderes Thema. Wir stehen zum Beispiel mit der HSG Gevelsberg-Silschede in Kontakt, die ein Hygienekonzept für den Spielbetrieb vorlegen muss. Beim Thema Zuschauer wird es auch eine enge Abstimmung mit dem Ordnungs- und Gesundheitsamt geben.“
Offiziell sind es nach den aktuellen Vorgaben 300 Zuschauer, die in einer Sporthalle anwesend sein dürfen. Doch nicht in jeder Sporthalle ist es auch tatsächlich möglich, unter Einhaltung der Hygienebestimmungen 300 Menschen unterzubringen. Philipp Topp betont: „Wir setzen uns dafür ein, dass der Wettkampfbetrieb unter der Schutzverordnung möglich wird. Da hängt viel dran: Einnahmen für die Vereine und viel ehrenamtliches Engagement. Mir ist daran gelegen, dass wir eine einheitliche Regelung schaffen.“
Von einheitlichen Regelungen sind die Städte beim Thema Sporthallen aktuell noch ein ganzes Stück entfernt.