Winterberg. Olympia-Gold von Laura Nolte und Hannah Neise strahlt im Sauerland. Verbandsboss Winfried Stork schlägt beim Thema „Trainer“ aber laut Alarm.
Winfried Stork hörte dieses Lob gerne. „Die Athletinnen und Athleten aus Nordrhein-Westfalen haben bei den Olympischen Winterspielen 2022 erneut bewiesen: Das Sportland Nummer 1 kann auch Wintersport“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Freitag bei einer Feierstunde in Düsseldorf, die den Rahmen zur Überreichung der Sportehrenmedaillen und der Teilnahmeprämien an die Olympia-Teilnehmer bot. Besonders die Goldmedaillen von Hannah Neise und Laura Nolte strahlten auch dort hell. Doch Verbandspräsident Winfried Stork schlug auch laut Alarm.
Der größte Teil der geehrten Sportler gehört dem Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverband (NWBSV) an, dessen Vorsitzender Winfried Stork ist. Im Interview verdeutlicht der Mescheder, dass warme Worte alleine an einer besonderen Stelle nicht reichen.
Herr Stork, für fast zwei Drittel der in Düsseldorf ausgezeichneten Sportler zeichnet Ihr Verband verantwortlich, und auch insgesamt sorgten Bob, Skeleton und Rennrodeln bei den Olympischen Winterspielen für die Masse der Medaillen. Woran liegt das?
Winfried Stork: Zum einen natürlich an den vier Bahnen, die wir in Deutschland haben, und dem entsprechenden Trainer- und Betreuerstab. Ich glaube aber auch, dass der Bob- und Schlittenverband für Deutschland die richtige Philosophie verfolgt, in dem er nicht auf ein komplett zentrales System setzt, sondern mehr dezentral arbeitet. Viele Sportler brauchen Heimat.
Können Sie das näher erklären?
In anderen Verbänden müssen Talente zu einer bestimmten Zeit ihrer Karriere an ein bestimmtes Leistungszentrum, sonst geht es nicht weiter. Wenn ich einer Region aber ihre Sportler wegnehme, warum soll dann dort weiter gesichtet werden? Den Vereinen fehlen dann ihre Aushängeschilder, sie finden sich nicht auf der großen Bühne wieder. Deshalb glaube ich, dass der BSD den richtigen Weg geht – die Olympiasiege von Laura Nolte und Deborah Levi im Bob sowie von Hannah Neise im Skeleton bestätigen es ja.
Bessere Aushängeschilder könnte sich auch Ihr Verband, könnte sich der BSC Winterberg, gar nicht wünschen, oder?
Sie kommen aus dem eigenen Stall, sie haben die sportliche Zukunft noch vor sich. Für uns sind besonders diese Sportlerinnen ein Riesenerfolg. Wir haben unseren Anteil an den neun deutschen Kufen-Goldmedaillen. Es zeigt: An dieser Stelle funktioniert unser System.
An anderer Stelle funktioniert das System also nicht?
Das würde ich so nicht formulieren. Aber: Die Trainer müssen besser bezahlt werden. Das ist wichtig und vor allem eine Sache des Landes, nur teilweise des Bundes. Viele haben seit fünf, sechs Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen. Und wir benötigen eine zweite Säule der Altersversorgung für Trainer. Sie haben nur eine normale Rente und bei den Gehältern… na ja. Ich halte das für nicht mehr machbar.
Zurecht! Wenn ich unsere Trainer sehe, kann es sein, dass es welche gibt, die ich, wenn sie in Rente gehen, bei meinem alten Arbeitgeber, dem Hochsauerlandkreis, abgeben kann – in die Grundsicherung. Das klingt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber es muss sich etwas tun.
Sonst?
Sonst geht dieses System kaputt. Die Trainer arbeiten morgens, mittags, abends und am Wochenende mit leuchtenden Augen, aber dafür müssen sie auch eine adäquate Gegenleistung erhalten. Es wird irgendwann krachen im Gebälk. Wir haben seit zwei Jahren Trainerstellen und können sie mangels Bewerbern nicht besetzen. Vor allem benötigen wir eine zweite Säule der Altersversorgung, die in andere Jobs mitgenommen werden kann, denn nicht jeder kann bis zum Rentenalter an einem Eiskanal stehen. Das Thema hat Priorität, aber mir liegt noch etwas auf dem Herzen.
Winterberg: Olympiaempfang für Nolte, Neise und Co.
1/41
Bitte.
Viele Dinge haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen um 180 Grad gedreht. Deshalb müssen wir eine Grundsatzdebatte führen, ob wir absoluten Leistungssport haben wollen oder nicht. Die Gesellschaft will ihn, aber ab und zu muss dieser Wille auch öffentlich erneuert werden, damit Sportler, Trainer und Verbände Sicherheit haben.
Was macht Sie so sicher, dass die Gesellschaft Spitzensport will?
Wir können nur durch Spitzenleistungen in vielen Bereichen diese wunderbare Gesellschaft – mit all ihren Problemen – aufrechterhalten. Ein Aushängeschild nach innen und nach außen ist der Leistungssport. Ein anderer Aspekt ist das Thema Gesundheitsvorsorge für ein immer länger werdendes Arbeitsleben. Die fängt damit an, dass wir dem Nachwuchs wieder Freude an der Bewegung vermitteln. Auch dafür brauchen wir den Leistungssport, denn jedes Kind sucht sich Vorbilder. Ich wünsche mir daher ein klares Signal aus der Politik: Ja, wir wollen das, und wir stehen zu euch – weil Leistungssport wichtig ist.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.