Willingen. Bis zu elf Meter pro Sekunde erreichen am Sonntag die Böen, die um die Mühlenkopfschanze in Willingen pfeifen. An Skispringen ist nicht zu denken. „Es war keine schwere Entscheidung“, sagt Walter Hofer, Renndirektor des Internationalen Skiverbandes FIS, nach der Absage.

Willingen, ein Wintertraum: Nur vereinzelt ziehen lockere Wolken am blauen Himmel über der Mühlenkopfschanze vorbei. Die Sonnenstrahlen, sie glitzern im frischen Schnee. Wer durch seine Sonnenbrille allerdings empor zur Schanze schaut, der sieht, wie sich die Baumwipfel biegen, wie der kleine blaue Ballon am Schanzentisch wie beduselt hin und her schunkelt.

Willingen, ein Winteralbtraum. Zumindest für alle Skispringer und ihre Fans. Weil der Wind zu stark durch das Strycktal bläst, muss das Einzelspringen am Sonntagnachmittag abgesagt werden. Ein Novum in der Geschichte des Weltcups am Rande des Sauerlandes. Eine Qualifikation oder mal ein einzelner Durchgang - sie fielen bereits dem Wetter zum Opfer. Dass die Skispringer aber gar nicht vom Bakken gehen können, das gab es in 18 Jahren noch nie.

Keine schwere Entscheidung für Renndirektor Walter Hofer

„Es war keine schwere Entscheidung“, sagt Walter Hofer, Renndirektor des Internationalen Skiverbandes FIS, der gemeinsam mit der Jury um kurz nach Drei, eine Stunde nach dem geplanten ersten Sprung, den Daumen senkt. Seit Stunden pfeift der eisige Wind konstant mit 5 bis 6 Metern pro Sekunde um die Mühlenkopfschanze. „Für besondere Gefahr sorgen die Böen“, erklärt Hofer. In diesen werden 10 bis 11 Meter pro Sekunde gemessen. „Wir hatten nie die Chance, einen Springer die Schanze herunter schicken zu können.“

Freund, Freitag, Schmitt und Co. spielten Schafskopf

Während sich Severin Freund, Richard Freitag, Martin Schmitt und Co. die Wartezeit bis zur endgültigen Entscheidung mit einer Partie Schafskopf vertreiben (Freund: „Der Wellinger Andi steht grad nicht so gut“), halten sich andere Nationen im Springerlager am Fuße der Schanze mit irgendwelchen Ballsportarten warm. Die knapp 12.000 Zuschauer, die für die günstigsten Plätze unwiederbringlich 29 Euro bezahlten und nun nicht einen Sprung bewundern dürfen? Sie feiern sich selbst und sorgen trotzdem für die übliche Partystimmung.

Absage in Willingen

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„Ich bin schon sehr enttäuscht“, sagt Martin Schmitt später, „ich hätte mich gerne noch in einem Wettkampfsprung gezeigt.“ Doch auch der Oldie im deutschen Team zeigt nach einem Jux-Springen und einigen Autogrammen für die ausharrenden Fans im Auslauf Verständnis für die Entscheidung. „Du kannst bei diesem Wind die Anlauflänge nicht festlegen, es ist keine stabile Luftfahrt gewährleistet und in den Böen ist es richtig gefährlich“, erklärt der 35-jährige ehemalige Gesamtweltcupsieger und Weltmeister.

Der vielleicht letzte Weltcup-Auftritt in Willingen von Martin Schmitt 

Bei seinem vielleicht letzten aktiven Weltcup-Auftritt im nordhessischen Upland kann sich Schmitt lediglich in der Qualifikation am Freitagabend den Fans präsentieren, denn im Teamwettbewerb am Samstag schickt Bundestrainer Werner Schuster das Quartett Severin Freund, Richard Freitag, Andreas Wellinger und Michael Neumayer auf den Bakken. Die Deutschen, die um den Gesamtsieg in der FIS-Team-Tour und die zugehörige Prämie von 100.000 Euro springen wollen, begeistern die gut 13.000 Zuschauer und landen in einem äußerst spannenden Wettbewerb hinter den überragenden Slowenen und den soliden Norwegern auf Rang drei.

„Wir wollten auf das Podest. Das haben wir geschafft“, sagt Michael Neumayer anschließend. „Aber fast hätte uns Gregor Schlierenzauer noch runter geschubst.“ Der Führende des Gesamtweltcups, erst am Samstag angereist, muss sich mit seiner österreichischen Mannschaft allerdings mit Platz vier begnügen, weil Severin Freund seine Attacke abwehrt.

„Die Österreicher niederzuringen, ist schon stark“, sagt Werner Schuster - und fügt mit Blick auf die nahende WM in Val di Fiemme an: „Wir haben Potenzial. Wir sind in der Lage, um Gold zu springen.“

Durchwachsenes Fazit von Bundestrainer Werner Schuster

Zwar fällt das Fazit des Bundestrainers nach der Absage des Einzelspringens durchwachsen aus, besonders leid tun ihm allerdings die Veranstalter und die Fans. „Sie leisten hier hervorragende Arbeit und sorgen für eine fantastische Stimmung. Aber leider müssen wir uns dem Wetter beugen“, sagt Schuster.

Karneval in Willingen

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Der Bundestrainer hofft, dass der ausgefallene Wettbewerb am besten in Klingenthal am kommenden Dienstag oder zur Not bei der dritten Station der Team-Tour in Oberstdorf (15. bis 17. Februar) nachgeholt wird. Bei allem blauen Himmel und Sonnenschein: „Eine unglückliche Wetterlage für Willingen“, sagt Schuster abschließend. Eine historisch unglückliche.