Winterberg. Knapp zwei Jahre vor Olympia wechselte Axel Jungk Wohn- und Trainingsort. Warum der Skeleton-Star Dresden verließ und nach Dortmund zog.

Als ihre Schritte nach einigen Sekunden langsamer werden wollen, holt Jacqueline Pfeifer die letzten Kraftreserven aus sich heraus. Denn ein geringeres Tempo zu laufen, würde die einen Start simulierende 29-Jährige in diesem Moment in eine arg missliche Lage bringen. Die Anstrengung – ist der Skeleton-Pilotin der RSG Hochsauerland anzusehen. Das hindert Pfeifers neuen Trainingspartner allerdings nicht daran, nur kurz nach dem hörbaren Abbremsen des Laufbandes einen frechen Spruch in ihre Richtung zu machen. Sein Dialekt klingt ungewohnt für Winterberg und passt ebenso wenig zu Pfeifers Siegerländer Zungenschlag.

Jungk verlässt Dresden

Axel Jungk stammt aus Zschopau und wohnte in den vergangenen Jahren in Dresden. Wenn der 33-Jährige spricht, kann er seine Heimat Sachsen nicht verleugnen. Das will der Skeletoni, der bei den Olympischen Winterspielen 2022 in China hinter dem Olympiasieger Christopher Grotheer die Silbermedaille gewann, auch gar nicht. „Mein offizieller Trainer ist weiterhin Stefan Poser in Dresden. Er ist ein herzensguter Mensch und es wäre unfair, jetzt von ihm wegzugehen. Mit ihm werden alle Themen besprochen“, erklärt Axel Jungk.

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Seiner Heimat Sachsen – kehrte der Skeleton-Star allerdings (vorerst) den Rücken.

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Auch anstrengendes Kraft-/Lauftraining absolvieren Axel Jungk (links) und Dr. Tobias Alt. © Falk Blesken | Falk Blesken

Dass Jungk gemeinsam mit „Jacka“ Pfeifer, geborene Lölling, in Winterberg trainiert, liegt an einem Wohnortwechsel des Mannes, der es in seiner Karriere bei Weltcuprennen bislang 19-mal auf das Siegerpodest schaffte. „Die Erklärung ist relativ einfach“, erzählt der Bundespolizist. „Meine Freundin stammt aus Dortmund, hat in Dresden Wirtschaftspsychologie studiert und dort acht Jahre länger als geplant gelebt“, ergänzt er schmunzelnd. Nun renovierte das Paar eine Wohnung der Familie in Dortmund und zog um.

Jungk schwärmt von Dr. Tobias Alt

„In diesem Sommer war das darstellbar“, sagt Jungk, „im nächsten Jahr wäre das Risiko zu groß gewesen.“ Schließlich strebt Jungk nach Südkorea und China bei den Olympischen Winterspielen 2026 in Italien seinen dritten Start im Zeichen der fünf Ringe an. Das Leben unmittelbar vor der olympischen Saison derart umzukrempeln – wäre kontraproduktiv.

„Ich kann jetzt schon sagen, dass sich der Wechsel gelohnt hat. Es gibt keinen Besseren auf dem Gebiet als Tobi.“

Axel Jungk, Skeleton-Pilot

„Mit meinen 33 Jahren werde ich körperlich keine großen Sprünge mehr machen, aber technisch gibt es viel zu verbessern“, erzählt Jungk und lenkt damit den Fokus auf einen weiteren Aspekt, der ihm den Wechsel nach Dortmund schmackhaft machte. Mit dem Trainingswissenschaftler Dr. Tobias Alt verfügt der Olympiastützpunkt Dortmund mit seiner Außenstelle in Winterberg über eine absolute Koryphäe auf seinem Gebiet. „Ich kann jetzt schon sagen, dass sich der Wechsel gelohnt hat. Es gibt keinen Besseren auf dem Gebiet als Tobi“, erzählt Jungk, der sein Krafttraining in der Bierstadt und das Start- sowie Techniktraining in der Wintersportmetropole im Hochsauerland absolviert.

Freunde sind nun Trainingspartner

Dort eine Trainingsgruppe mit Jacqueline Pfeifer zu bilden, bot sich an. „Wir kennen uns seit Jahren, sind echte Freunde geworden“, erzählt Pfeifer. Bei der Heim-Weltmeisterschaft 2024 in Winterberg holte das Duo die Bronzemedaille im Mixed-Wettbewerb. „Das war ein Traum von uns beiden“, sagte Pfeifer bei der Siegerehrung, während Jungk ergänzte: „Das werden wir nie im Leben vergessen.“

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Zu zweit macht auch ihr das Training mehr Spaß: Jacqueline Pfeifer, geb. Lölling, schuftet nicht mehr alleine mit Dr. Tobias Alt in Winterberg. © Falk Blesken | Falk Blesken

Mittlerweile spornen sie sich in den gemeinsamen Trainingseinheiten gegenseitig an. „Für mich ist das natürlich top, weil ich zuletzt ja alleine mit Tobi in Winterberg trainiert habe. Jetzt lernen Axel und ich voneinander und es macht einfach mehr Spaß“, erzählt Pfeifer. Dank Dr. Tobias Alt öffnet sich auch eine Tür am Stützpunkt, durch die in den vergangenen Jahren lediglich Skilangläufer oder Biathleten gingen.

Kampf um jeweils drei Plätze

Nur Hannah Neise (BSC Winterberg) und Christopher Grotheer (BSC Thüringen) sind bereits für das deutsche Skeleton-Team im Weltcup gesetzt. Die jeweils restlichen drei Startplätze bei den Frauen und Männern werden in vier Selektionsrennen vergeben. Los geht es am Freitag, 18. Oktober, in Lillehammer/Norwegen. Anschließend fahren Pfeifer, Jungk und Co. in Altenberg (24. Oktober, gleichzeitig DM; 25. Oktober) und in Winterberg (31. Oktober). Der Weltcup startet am 16./17. November in Südkorea.

Auf die Frage, warum das überdimensionale grüne Laufband, auf dem ein Skeletonschlitten fest montiert werden kann, in den vergangenen Jahren für diesen Sport nicht genutzt wurde, zuckt Dr. Alt mit den Schultern. Durch die einstellbare Neigung des Laufbandes könnten Startstrecken unterschiedlicher Eiskanäle dieser Welt simuliert werden. „Wir können genau ermitteln, wie viel Input für welchen Output notwendig ist“, sagt Dr. Alt zur kleinen Starttraining-Revolution.

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Ein seltener Einblick: Jacqueline Pfeifer, geb. Lölling, übt auf einem speziellen Laufband in Winterberg den Start. © Falk Blesken | Falk Blesken

In Richtung der nach einem von mehreren Läufen tief durchatmenden Pfeifer ruft er gegen das Geräusch des bremsenden Laufbandes, dessen Geschwindigkeit vorab eingestellt wird: „Sehr gut, Jacka! In Lillehammer wird es auch Phasen am Start geben, in denen du meinst, dass du nicht mehr kannst. Und dann weißt du, dass du noch zulegen kannst.“ In Lillehammer, dem Wintersport-Mekka in Norwegen, beginnt an diesem Freitag der Kampf um einen Platz im deutschen Weltcup-Team für Pfeifer – und für ihren neuen Trainingspartner, den sächselnden Dortmunder Axel Jungk.