Meschede. Alexandra Föster und ihr Trainer Sebastian Kleinsorgen gehen in Meschede kein Risiko ein. Vorfreude gesunken, Plan spontan geändert.

Es war eine Art Geheimbesuch, den Alexandra Föster, Top-Ruderin des RC Meschede, und Trainer Sebastian Kleinsorgen ihrer Heimatstadt Meschede zwischen dem mehrwöchigen Trainingslager in Ratzeburg und der Reise an diesem Montag zu den Olympischen Sommerspielen in Paris abstatteten. „Alles andere wäre zu gefährlich gewesen“, sagte Kleinsorgen, dem die Olympia-Vorfreude in den vergangenen Tagen ohnehin abhanden kam.

Föster: Ziel in weiter Ferne

„Unser Ziel ist es ja, beim olympischen Wettbewerb das A-Finale zu erreichen“, sagte Kleinsorgen und ergänzte: „Das ist in meiner Wahrnehmung aktuell jedoch in weite Ferne gerückt.“ Der Grund dafür liegt aber nicht am plötzlichen Erstarken der Konkurrenz oder an irgendeinem Streit bezüglich der Organisation zum Beispiel. Obwohl Kleinsorgen tatsächlich mit etwas Unverständnis darauf reagierte, dass er als Heimtrainer laut Akkreditierung nicht im Olympischen Dorf untergebracht ist und auch in den Punkten Verpflegung sowie Transport anders behandelt wird.

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Was seine Stimmung derzeit wirklich drückt, ist die zurückliegende Vorbereitung. „Das Trainingslager in Ratzeburg habe ich mir anders vorgestellt“, sagte er – und klang ähnlich pessimistisch wie während des ersten Übungsblocks in Norddeutschland. Bereits im Juni war Föster einige Tage krank ausgefallen. Zudem hatte das stürmische Wetter damals den Trainingsplan durcheinander gewirbelt.

Föster: Gesundheitliche Probleme

Und auch das zweite Trainingslager des Duos aus dem Sauerland am Bundesstützpunkt in Ratzeburg, dieses Mal mit der kompletten Olympia-Mannschaft des Deutschen Ruderverbandes (DRV), litt unter gesundheitlichen Problemen. „Am zweiten Tag lag Alex mit einem Magen-Darm-Virus flach, mich erwischte es inklusive Fieber anschließend ebenso“, erklärte der Trainer. „Darüber hinaus merke ich gerade, wie man – je näher die Abreise nach Paris rückt – alles hinterfragt und nervös und rappelig wird“, sagte er.

„Wir müssen jetzt diese mentale Geschichte bewältigen.“

Sebastian Kleinsorgen, Trainer von Alexandra Föster

Da Föster die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2021 fast dramatisch verpasste, feiern die 22-Jährige und ihr Trainer in Frankreich ihre Olympia-Premiere. Die Meschederin ist seit 2012, als Helena Stanek, geborene Fromm, in London die Bronzemedaille im Taekwondo gewann, die erste Einzelsportlerin aus dem Hochsauerlandkreis, die wieder bei Olympischen Sommerspielen startet. Im Frauen-Einer, mit dem sich die Sauerländerin für Paris qualifizierte, gab es zuletzt 2004 in Athen durch Kathrin Rutschow-Stomporowski eine Goldmedaille für den DRV. Sowohl in Tokio als auch 2016 in Rio de Janeiro brachte der Verband in dieser Bootsklasse keine Starterin zu Olympia.

Trainer Sebastian Kleinsorgen lässt Alexandra Föster während des Trainings vom Boot aus nicht aus dem Blick.
Trainer Sebastian Kleinsorgen lässt Alexandra Föster während des Trainings vom Boot aus nicht aus dem Blick. © WP | Detlev Seyb

„Wir müssen jetzt diese mentale Geschichte bewältigen“, sagte Kleinsorgen bei der Stippvisite in Meschede zwischen Ende des Trainingslagers und Reise nach Paris. Diese tritt das Duo übrigens entgegen der eigentlichen Planungen bereits an diesem Montag und somit einen Tag früher an. Mit dem Hochgeschwindigkeitszug Eurostar geht es in die französische Hauptstadt. „Dadurch können wir in Ruhe Quartier beziehen und unsere Akkreditierungen abholen“, erklärte Kleinsorgen.

Föster: Samstag Vorlauf

Schließlich steht bereits am Dienstag der Erstkontakt mit der Regattastrecke auf dem Plan. „Etwa eine Stunde fahren wir mit dem Bus vom Olympischen Dorf dorthin“, erzählte Kleinsorgen. Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag sind Trainingseinheiten angesetzt, bevor es am Samstag mit dem Vorlauf ernst wird. Die Eröffnungsfeier auf der Seine in Paris werden die Sauerländer deshalb höchstens vor einem Fernseh-Gerät sitzend verfolgen. „Wir müssen ja am Samstag morgens um 6 Uhr los, damit wir den Vorlauf in Ruhe angehen können“, sagte Kleinsorgen.

Public Viewing in Meschede

Die ITH Schraubtechnik gehört zu den Sponsoren von Top-Ruderin Alexandra Föster. Die Firma bietet gemeinsam mit dem Stadtmarketing Meschede ein besonderes Erlebnis für alle Sportbegeisterten: Am Samstag, 27. Juli, wird in den Räumlichkeiten der ITH (Steinwiese 8 in Enste) ein Public Viewing organisiert, bei dem die Vorläufe der Olympischen Sommerspiele in Paris live verfolgt werden können. Diese Veranstaltung findet von 9 bis 12 Uhr statt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

In Ruhe – so verabschiedeten sie sich auch von ihren Familien in Meschede. Während Föster lediglich ihrer Oma zum 80. Geburtstag gratulierte, zupfte Kleinsorgen vor allem das Unkraut im heimischen Garten. Ein großer Bahnhof zur Abreise? „Das wäre zu risikoreich gewesen. Wir haben die Kontakte echt reduziert, damit nicht noch etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt“, erklärte der Trainer. Denn ab jetzt soll mit jedem Meter, der Paris näher rückt, auch die Vorfreude auf die ersten Olympischen Sommerspiele wieder steigen.