Marsberg-Erlinghausen. Bei RW Erlinghausen hat ein Generationen-Umbruch stattgefunden. Der Klubchef über große Aufgaben – für den gesamten Amateurfußball.

Fußball-Landesligist RW Erlinghausen wird seit März des vergangenen Jahres von Oliver Dülme geführt. Der 41-jährige Wirtschaftsförderer der Stadt Brilon hat die Nachfolge des langjährigen Vorsitzenden Hans-Joachim „Aki“ Watzke übernommen. Wahrlich keine einfache Aufgabe, die der Fan von Bayern München aber bisher hervorragend gemeistert hat. Im großen Interview mit dieser Zeitung spricht Oliver Dülme über die sportlichen Belange des Vereins, den eingeleiteten Generationen-Umbruch und den Amateurfußball vor Ort.

Oliver Dülme, was ist unter dem Generationen-Umbruch bei RW Erlinghausen konkret zu verstehen?

Oliver Dülme: Als ich 2012 als Beisitzer im Vorstand angefangen habe, war ich der Einzige unter 30 Jahren. Von den damaligen Vorstandskollegen sind nur noch drei aktiv dabei und niemand mehr in seiner damaligen Funktion. Der heutige Vorstand ist deutlich größer, jünger, und wir haben erstmals zwei junge Frauen im Vorstand. Aufgaben wurden neu verteilt, neue Ideen sind dazu gekommen. Insgesamt hat es einen wirklichen Umbruch gegeben, der von der Öffentlichkeit so vielleicht gar nicht wahrgenommen wurde, aber intern schon nicht immer einfach war. Mittlerweile kann man diesen Umbruch aber als abgeschlossen bezeichnen. Wir sind auf allen Positionen gut aufgestellt und blicken sehr optimistisch in die Zukunft.

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Was soll sich generell bei Ihnen im Verein, der etwa 350 Mitglieder hat, verändern?

Grundsätzlich hatten wir bei RWE schon immer zwei Säulen. Die erste Mannschaft soll überregional in der Landesliga eine gute Rolle spielen, dazu die Reserve sowie die Jugend, die es Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ermöglichen soll, Fußball in Erlinghausen zu spielen. Diese Struktur wollen wir beibehalten, und die erste Mannschaft wird immer unser Aushängeschild sein. Wir dürfen aber die anderen Bereiche nicht vernachlässigen, wenn der Verein eine langfristige Zukunft haben soll. Die Veränderungen im Amateurfußball werden enorm sein.

Wie meinen Sie das genau? Wie sehen Sie den Amateurfußball in der Stadt Marsberg und im Altkreis Brilon aufgestellt?

Im Stadtgebiet Marsberg gibt es in diesem Jahr nicht eine A-Jugend. Das ist eine Katastrophe. Zusammen mit Marsberg, Giershagen, Obermarsberg und Hoppecketal/Padberg versuchen wir, in der nächsten Saison wieder eine A-Jugend zu melden. Das ist nicht einfach, aber nur zusammen wird es gehen. Da müssen alte Rivalitäten ausgeblendet werden. Wenn aus der Jugend kaum noch Spieler nachkommen, wer soll dann zukünftig im Seniorenbereich spielen? Wie viele Spieler um die 40 Jahre spielen aktuell in den Kreisligen? Viel zu viele, weil die Spiele sonst ausfallen würden. Hinzu kommt, dass RWE in der kommenden Saison Landesliga spielt und danach im Stadtgebiet Marsberg erst wieder eine A-Liga Mannschaft kommen wird. Der gesamte Altkreis Brilon ist kaum noch überkreislich vertreten. Ich halte das für ein Problem, dass langfristig die Struktur des Amateurfußballs in Frage stellen könnte.

Wie sehen Sie die Arbeit von Trainer Michael Mantasl und Teammanager Vaidas Petrauskas?

Vaidas ist ein Rot-Weißer durch und durch. Er war lange Jahre Spieler und Trainer bei RWE, kennt den Fußball im Sauerland wie kaum ein anderer. Von seinem Netzwerk profitieren wir enorm, und deshalb ist seine neue Rolle auch passend für ihn. Michael „Manta“ Mantasl kannten wir ja schon als Spieler. Er hat sich seinen Start als Spielertrainer sicherlich anders vorgestellt, aber mir imponiert, wie er die Situation mit dem kleinen Kader angenommen und nie lamentiert hat. Er hat immer nach Lösungen gesucht und das Beste aus der Situation gemacht hat. Die Mannschaft zieht zu 100 Prozent mit, und das geht ja nur, wenn das Verhältnis zwischen der sportlichen Führung und der Mannschaft intakt ist. Wir sehen uns auch im sportlichen Bereich gut aufgestellt und planen mit dieser Konstellation langfristig.

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Sind sie mit dem Verlauf der aktuellen Saison in der Landesliga 2 zufrieden?

Ja, auf jeden Fall. Natürlich geht immer mehr, und jeder träumt vielleicht von einer Saison wie sie Bayer Leverkusen in der Bundesliga spielt. Aber wir wissen genau um unsere Möglichkeiten. Durch das Ausscheiden von „Aki“ Watzke haben vielleicht einige gedacht, dass es bei RWE nicht weitergeht, doch wir haben das Gegenteil bewiesen. Aktuell liegen wir auf Platz sechs, einen Punkt hinter Platz fünf. Wir wollen die letzten beiden Spiele gewinnen, vielleicht reicht es dann noch für den fünften Rang. Das wäre ein sehr gutes Ergebnis und vor allem: Wir sind dann erneut die beste HSK-Landesliga-Mannschaft, was uns allen schon etwas bedeutet.

Wie finanziert sich ein so kleiner Verein wie RW Erlinghausen?

Grundsätzlich muss man sagen, dass unser Budget in der Landesliga sicherlich nicht im oberen Drittel liegt. Andere Vereine haben andere Möglichkeiten, was man auch an der Kadergröße ablesen kann. Ich glaube, dass auch ambitionierte Bezirksligisten teilweise höhere Budgets haben als wir. Es ist aber bei allen dasselbe: Ohne Unterstützung aus der Wirtschaft geht es nicht. Nur mit Mitgliedsbeiträgen und Würstchenverkauf wäre kein Verein heute in der Lage, eine Landesliga-Mannschaft zu stellen. Dass wir als RWE von unserem Ehrenvorsitzenden „Aki“ Watzke unterstützt wurden und werden, ist im Sauerland bekannt. Wir sind sehr stolz darauf, dass ein so erfolgreicher Mann des deutschen Fußballs seinen Heimatverein auch zukünftig unterstützen wird.

Bisher wurden für die neue Saison mit den beiden Kraemer-Brüdern Kevin und Marco sowie „Fredo“ Schlüter und Dennis Vazemiller vier neue externe Spieler geholt. Dadurch wird der Kader offenbar etwas größer, zumal ja in der neuen Saison auch wieder mit Bilal Akgüvercin zu rechnen ist. Was erwarten sie in der neuen Spielzeit von der Mannschaft?

Wir werden auch in der kommenden Saison einen eher kleinen, aber im Vergleich zu dieser Saison größeren Kader haben. Wir setzen auf Qualität statt Quantität und sind damit immer gut gefahren. Wir hoffen natürlich, dass uns längere Verletzungen wie bei Bilal oder auch bei ​Ümral Bahceci, der die gesamte Hinrunde ausgefallen ist, und Valton Kodra, der mehrere Monate nicht zur Verfügung stand, verschont bleiben. Wenn dies so kommt, denke ich, haben wir wieder eine Mannschaft, die mit attraktiven Offensivfußball im oberen Drittel mitspielen kann.

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Sind Sie bei den Neuverpflichtungen beteiligt, oder ist das die ausschließliche Aufgabe der Sportlichen Leitung?

Grundsätzlich sprechen wir, das heißt der geschäftsführende Vorstand und die sportliche Leitung, uns sehr eng ab. In diesem Kreis weiß jeder über alles Bescheid. Aber die sportliche Führung hat die Expertise, zu wissen, welche Spieler uns weiterbringen. Wenn diese sportlich überzeugt ist und alles darumherum passt, richten wir uns bei den Neuverpflichtungen nach den Wünschen der Sportlichen Führung.

Sind Sie mit den Zuschauerzahlen zufrieden?

Die Zuschauerzahlen werden ja immer gerne genommen, da man theoretisch Vereine schnell vergleichen kann. Leider können wir die offiziellen Zahlen nicht immer nachvollziehen. Wenn es heißt wir haben 80 Zuschauer, wir aber über 100 Würstchen verkaufen, kann etwas nicht passen. Ich glaube, dass wir so um die 120 Zuschauer im Schnitt haben. Klar kommen auch mal nur 70 Besucher, aber wie am letzten Sonntag gegen Sundern auch mal über 200. Aber was sagen die Zahlen aus? Bei uns sind 120 Menschen also 12 Prozent des Dorfes. In Sundern oder Brilon wären 200 Zuschauer deutlich weniger. Klar würden wir uns mehr Besucher freuen, aber die Konkurrenz am Sonntag für Freizeitaktivitäten ist groß. Wir freuen uns über jeden, der den Weg zu uns findet und hoffen, mit attraktiven Fußball zum Wiederkommen zu motivieren.

Sven Nartikoev (am Ball) und RW Erlinghausen wollen noch Tabellenfünfter werden.
Sven Nartikoev (am Ball) und RW Erlinghausen wollen noch Tabellenfünfter werden. © WP | Philipp Bülter

Der heutige Vorstand ist deutlich größer, jünger, und wir haben erstmals zwei junge Frauen im Vorstand. Aufgaben wurden neu verteilt, neue Ideen sind dazu gekommen.
Oliver Dülme, Vorsitzender von RW Erlinghausen