Willingen. Der Norweger Johann André Forfang gewann den Skisprung-Weltcup in Willingen, während es die DSV-Adler nicht in die Top Ten schafften.

Ausgerechnet in dem Moment, als sich Andreas Wellinger für seinen Sprung vom Balken der Mühlenkopfschanze abstieß, ließ eine mächtige Windböe die Fahnen rund um den Auslauf und in den Händen der zigtausend Fans mehr als zuvor flattern. Der Regen, der ohnehin den gesamten Weltcup in Willingen begleitete, komplettierte die für ein Skispringen unwirklich wirkende Szenerie. Wellinger landete früh, viel zu früh – und begründete seinen sowie den „Absturz“ der deutschen Mannschaft beim triumphalen Sieg des Norwegers Johann André Forfang mitnichten mit den äußeren Bedingungen.

Willingen: Viele Überraschungen

Diese waren durch den schnell drehenden Wind und den Dauerregen grenzwertig und sorgten im Verlauf des Wettbewerbs für etliche Überraschungen. So führte Antti Aalto nach dem ersten Durchgang und durfte eine Stunde lang vom ersten finnischen Weltcupsieg seit mehr als zehn Jahren träumen. Am Ende landete Aalto jedoch nur auf Rang 14.

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„Es war schon ein bisschen eine Wind-Lotterie“, erklärte Lokalmatador Stephan Leyhe vom SC Willingen, der mit Sprüngen auf 131 und 135,5 Meter als 15. bester Springer des Deutschen Skiverbandes wurde. „Wenn ein Stefan Kraft oder ein Karl Geiger ausscheidet, dann war es nicht so einfach zu springen“, ergänzte Leyhe und sprach über zwei weitere Überraschungen.

Willingen: Forfang springt 155,5 Meter

Den neuen Skiflug-Weltmeister Kraft ereilte das Schicksal, einen Finaldurchgang zu verpassen, erstmals seit 2020. Auch die Polen Kamil Stoch und Piotr Zyla sowie der Slowene Timi Zajc schieden vorzeitig aus. Zajc war vor einem Jahr in Willingen nach einem grotesken Flug auf 161,5 Meter – achteinhalb über Schanzenrekord – gestürzt.

Wenn ein Stefan Kraft oder ein Karl Geiger ausscheidet, dann war es nicht so einfach zu springen.
Stephan Leyhe

Umso emotionaler reagierte Sieger Johann André Forfang, der beim Party-Weltcup am Rande des Sauerlandes zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder auf ein Siegertreppchen flog. Und zwar mit einem beeidruckenden Schanzenrekord von 155,5 Metern, den er im Finaldurchgang aufstellte. Ob bei der Präsentation der besten Drei oder später bei der Siegerehrung während der Nationalhymne: Der Norweger kämpfte immer wieder gegen die aufkommenden Tränen.

Andreas Wellinger belegt beim Weltcup in Willingen nur Rang 17.
Andreas Wellinger belegt beim Weltcup in Willingen nur Rang 17. © dpa | Swen Pförtner

„Ich habe viel ausprobiert in den vergangenen Jahren, die für mich sehr hart waren“, sagte der 28-Jährige, der bereits vor sechs Jahren in Willingen siegte. „Deshalb bin ich absolut happy“, ergänzte er. Sein Landsmann Kristoffer Eriksen Sundal, der hinter dem Japaner Ryoyu Kobayashi den dritten Platz belegte und im zweiten Durchgang auf 150 Meter geflogen war, sagte: „Es fühlte sich sehr lang an. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sich Johann gefühlt haben muss, als er 155,5 Meter gesprungen ist.“

Willingen: Wellinger gefrustet

Einen ersten Eindruck erhielt Forfang bereits in der Qualifikation am Freitag, als er mit 153,5 Metern den Schanzenrekord egalisiert hatte. Am Samstag sorgte er mit seinem Sieg schließlich für Erleichterung im norwegischen Team, das in dieser Saison noch auf einen Erfolg gewartet hatte.

Speziell der zweite Sprung war einfach nix.
Andreas Wellinger

Das Gegenteil war bei den DSV-Adlern der Fall. Während Stephan Leyhe mit seinen Sprüngen und seiner Platzierung auf Grund der Bedingungen zufrieden war, trottete Andreas Wellinger gefrustet durch die Mixed-Zone und rang sich nur für Selfies mit den Fans ein Lächeln ab.

Willingen: Kein Deutscher in Top Ten

Der Zweitplatzierte der Vierschanzentournee lag nach 138,5 Metern im ersten Durchgang noch aussichtsreich auf Rang sieben – und fiel vor 23.500 Fans mit nur 125,5 Metern im zweiten Durchgang auf Platz 17 zurück. Erstmals in dieser Saison lag damit kein Springer von Bundestrainer Stefan Horngacher in den Top Ten. Dass Wellinger seinen Rückstand im Gesamtweltcup auf den führenden Stefan Kraft verkürzte, tröstete ihn kaum.

Trotz des Regens kommen mehr als 23.500 Zuschauer zum Weltcup nach Willingen.
Trotz des Regens kommen mehr als 23.500 Zuschauer zum Weltcup nach Willingen. © dpa | Swen Pförtner

„Es war nicht gefährlich“, sagte Wellinger über Wind und Regen in Willingen. „Ob es fair war? Na ja, wir hatten schwierige Bedingungen. Wir sind eine Outdoor-Sportart, hatten die ganze Zeit Regen, leider viel Wind – aber bei mir war es qualitativ vom Skispringen nicht gut“, ergänzte er. Die äußeren Bedingungen hätten zum Ergebnis beigetragen. Aber in erster Linie war es meine Skispringqualität, die nicht gut war. Speziell der zweite Sprung war einfach nix“, sagte der Bayer, der bei der Skiflug-WM unlängst noch Silber geholt hatte.

Willingen: Bundestrainer baut auf

Dass Pius Paschke als 26. weit hinter Leyhe und Wellinger lag, dass für Philipp Raimund, Karl Geiger und Felix Hoffmann auf den Rängen 31, 33 und 35 vorzeitig Endstation war, drückte Wellingers Laune weiter. Ausgerechnet beim Kult-Weltcup in Willingen erlebten die DSV-Adler einen rabenschwarzen Tag. „Das sollten wir am Sonntag dringend besser machen“, sagte Wellinger daher mit Blick auf den Abschlusstag, während Bundestrainer Horngacher milde urteilte: „Wir müssen jetzt die Jungs wieder aufbauen. Die springen ja nicht absichtlich schlecht.“