St. Moritz/Winterberg. Olympia ist abgehakt. Leonie Fiebig (Winterberg) startet mit Kim Kalicki bei der WM und verleiht den Titelkämpfen einen emotionalen Anstrich.

Damit räumt Leonie Fiebig aber sofort auf. Und die Bobanschieberin des BSC Winterberg tut dies zudem sehr rigoros. „Absolut nicht – nichts kann Olympia entschädigen“, antwortet Fiebig auf die Frage, ob der gemeinsame Start ab diesem Freitag mit Pilotin Kim Kalicki bei der Weltmeisterschaft in St. Moritz für sie auch eine Art Entschädigung nach ihrer undankbaren Rolle als Ersatzanschieberin bei den Olympischen Winterspielen in China sei.

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„Außerdem ist Olympia längst abgehakt“, ergänzt Fiebig. Sie verdiente sich ihren Start im legendären Natureiskanal von St. Moritz mit starken Leistungen während der Weltcupsaison sowie bei den Leistungsüberprüfungen – und sie verleiht den Titelkämpfen aus einem anderen persönlichen Grund einen sehr emotionalen Anstrich.

Fiebig: Engel auf den Helmen

„Die Engel sind auf unseren Helmen, für den einen oder anderen, der von oben zuschaut“, erzählt die 32-jährige Wahl-Kölnerin über die Vorbereitung auf die Läufe eins und zwei an diesem Freitag und die entscheidenden Durchgänge drei und vier am Samstag. Der Opa der BSC-Anschieberin verstarb vor rund vier Wochen, als sie mit dem Weltcup-Tross zu Gast in Winterberg war.

Kim Kalicki (links mit ihrem Neffen Luca) und Leonie Fiebig bei der Siegerehrung nach dem Weltcup in Winterberg, bei dem sie Rang drei belegten.
Kim Kalicki (links mit ihrem Neffen Luca) und Leonie Fiebig bei der Siegerehrung nach dem Weltcup in Winterberg, bei dem sie Rang drei belegten. © Dietmar Reker

Mit Kalicki fuhr Fiebig kurz darauf in der Veltins-EisArena auf den dritten Platz und schaute während der Siegerehrung nicht nur hoch zur im Wind flatternden Deutschland-Fahne, sondern gen Himmel, während sie leise die Hymne mitsang, die für Siegerin Laura Nolte gespielt wurde. „Aber auch Kim hat schon den einen oder anderen Engel da oben“, sagt Fiebig vor ihrer vierten WM-Teilnahme.

Fiebigs vierte WM

Umso härter arbeitete sie zuletzt für das Ziel, am Ende auf dem Siegerpodest zu stehen. Bei ihrer WM-Premiere mit Pilotin Anna Köhler belegte sie 2019 den siebten Platz. Es folgten mit Stephanie Schneider jeweils die Plätze fünf und vier 2020 und 2021 in Altenberg. Die Kurve zeigt also nach oben – und führt in St. Moritz aufs Siegerpodest?

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„Mein Ziel ist immer, mein Bestes zu geben, gut zu starten und zu fahren“, antwortet Fiebig, um zu ergänzen: „Wenn dann noch das Material stimmt, dann weiß ich, dass wir ganz oben mitfahren können.“ Das bewiesen Kalicki/Fiebig im Weltcup in dieser Saison und bereits in der vergangenen. Erst der am Ende erfolgreiche, aber überraschende Coup von Chef-Bundestrainer René Spies, der Top-Sprinterin Alexandra Burghardt eine Stippvisite im Bobsport zu ermöglichen und Lisa Buckwitz aus ihrer Pilotinnen-Ausbildung heraus noch einmal als Anschieberin einzusetzen, kostete Leonie Fiebig die lange Zeit sicher geglaubte Olympia-Teilnahme als aktive Anschieberin.

Nolte stürzt im Training schwer

Aber: das ist Vergangenheit. In der Gegenwart wartet ein harter Konkurrenzkampf um Titel und Podestplatzierungen mit unter anderem Kallie Humphries (USA), Laura Nolte (BSC Winterberg) und Lisa Buckwitz (SC Potsdam). Die Deutschen werden von Anschieberinnen des Stützpunkts Winterberg in die Bahn katapultiert. Kira Lipperheide (Buckwitz) und Neele Schuten (Nolte) gehören zur Abteilung Kufe des TV Gladbeck, die von Stützpunkttrainer Heiner Preute ins Leben gerufen wurde.

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Ob Neele Schuten aber wie geplant starten kann, entscheidet sich kurzfristig. Denn im Training stürzte sie mit Laura Nolte schwer in der so genannten Horse-Shoe-Corner. Während die Anschieberin sogar zur Untersuchung ins Krankenhaus musste, meldete sich die Pilotin am Donnerstag bei der offiziellen Pressekonferenz fit zurück. „Wir waren gefühlt fünfmal in der Apotheke“, sagt Fiebig unabhängig vom Sturz über die Trainingswoche und ergänzt: „Bobfahrer-Wehwehchen halt.“ Umso größer wäre die Freude über eine Medaille oder gar den Titel. Selbst, wenn nichts die verpassten Olympischen Spiele entschädigen kann.