Sauerland. Weil es immer weniger Schiedsrichter gibt, müssen die Vereine in den untersten Ligen selbst Unparteiische finden. Aber: Funktioniert das auch?

Von goldenem Herbst kann keine Rede sein, es regnet wie aus Eimern auf dem Sportplatz am Solepark in Neheim. In der Kreisliga D stehen sich Türkiyemspor Neheim-Hüsten II und der TuS Rumbeck II gegenüber. Der große Fußball ist weit entfernt, hier geht es den Spielern nur um den Spaß an der Bewegung. Was nicht heißen soll, dass die Sportler ohne Ehrgeiz bei der Sache sind. Acht Gelbe Karten verteilt der Unparteiische an die beiden Teams. Angesetzt ist der Schiedsrichter für dieses Spiel nicht, er ist eigentlich nur zufällig am Platz. Eine Situation, die immer öfter vorkommt in den untersten Fußball-Klassen. Schiris sind Mangelware – und deshalb versucht man sich dort anders zu behelfen. Aber klappt das auch?

Mannschaften müssen sich einigen

In diesem konkreten Fall hat es geklappt, wie Lukas Masseck zu berichten weiß. „Es war zum Glück jemand da, der früher bereits lange Jahre Schiedsrichter war“, sagt der Trainer der Rumbecker Reserve. Ideal findet Masseck das nicht, auch ihm wäre ein angesetzter Unparteiischer lieber. Doch woher sollen die kommen? Der Fußballkreis Arnsberg leidet wie viele andere Kreise auch unter dem immer größer werdenden Schwund an Schiedsrichtern.

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Ist kein Referee angesetzt, müssen sich die Vereine auf einen Unparteiischen einigen. Eine klar definierte Regel wie im Jugendbereich gibt es nicht, allerdings wird immer zuerst der Gast gefragt, ob er einen Unparteiischen stellen kann. Ist das nicht der Fall, muss der Gastgeber jemanden stellen. Für den Fall dass auch das Heim-Team keinen Schiedsrichter stellen kann, müssen sich beide Mannschaften auf jemanden einigen.

Wenn der Schiedsrichter in der Halbzeit gewechselt werden muss

Selbst wenn dann auch schon einmal ein Spieler selbst die Partie leiten muss - was gerade bei den ohnehin schon knapp besetzten 9er-Teams ein Problem ist. „Ich habe schon erlebt, dass der Schiri in der Halbzeit gewechselt werden musste, weil der eine keine Zeit mehr hatte“, berichtet Amer Siala, zweiter Vorsitzender beim FC Neheim-Erlenbruch. „Das kann doch kein Zustand sein“, findet er.

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Aber genau das ist der aktuelle Status in den untersten Kreisligen. Und das führt mitunter zu bizarren Szenen. So wie beim Derby zwischen dem SC Neheim III und dem FC Neheim-Erlenbruch IV vor wenigen Wochen, wie Amer Siala berichtet. „Da wurde kurz vor Schluss ein Elfmeter für uns gepfiffen, bis der junge Mann, der dankenswerter Weise gepfiffen hat, so lange von den Zuschauern bequatscht wurde, dass er das Spiel einfach abpfiff“, so Siala. Einen Vorwurf an den Unparteiischen möchte er damit nicht machen, allerdings unterstreiche diese Szenerie genau das Problem.

Fast alle Spiele können besetzt werden - nur wie lange noch?

Ein Unparteiischer ist schon per Definition weder für das eine, noch für das andere Team. Doch genau diese Menschen, die sich freiwillig auf den Platz stellen und Spiele leiten, gibt es seit Jahren immer weniger. „Früher waren wir im Kreis Arnsberg stolz auf unsere 100 bis 120 aktiven Schiedsrichter. Derzeit sind es zwischen 70 und 80“, sagt Schiedsrichter-Obmann Reinhard Pietz. Mit immensem Aufwand gelinge es aber Woche für Woche, zwischen 95 und 98 Prozent der angesetzten Begegnungen zu besetzen.

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So sind die Schiedsrichter in Fußballkreis aufgestellt

Derzeit gibt es 92 aktive Schiedsrichter im Fußballkreis Arnsberg. Darunter befinden sich aber einige Unparteiische, die nur noch als Betreuer gelistet sind oder wie Pietz administrative Aufgaben im Schiedsrichterwesen übernehmen.

Die Altersspanne ist dabei sehr groß. Der jüngste aktive Schiedsrichter im Fußballkreis ist 15 Jahre alt, der älteste 77.

Zwölf Unparteiische sind unter 18 Jahren, 13 Schiedsrichter sind älter als 60 Jahre.

Und dennoch gibt es sie, die Spiele in denen sich die Mannschaften auf einen Referee einigen müssen. „So extrem wie in diesem Jahr war es bisher noch nie“, sagt Uwe Beukert, Staffelleiter der D-Liga. Das habe neben dem größer werdenden Mangel an Schiedsrichtern auch die hohe Anzahl an Mannschaften als Grund. Laut Beukert gab es im Fußballkreis Arnsberg noch nie so viele gemeldete Mannschaften für die untersten Klassen, in dieser Saison sind es deren 17 Teams in zwei Gruppen im Fußballkreis Arnsberg.

Spieler haben mehr Nachsicht

So wie es schlechte Nachrichten rund um die Situation mit fehlenden Schiedsrichtern gibt, gibt es aber auch durchaus positives zu berichten. „Es ist deutlich ruhiger, wenn erst kurzfristig jemand bestimmt wird, der das Spiel leiten kann“, weiß Lukas Masseck. Die Spieler seien nachsichtiger mit falschen Entscheidungen, was an der Freude liegt, überhaupt jemanden gefunden zu haben, der pfeift.

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Einig sind sich alle Fußballer darüber, dass der aktuelle Status keine Dauerlösung sein kann und darf. „Die Situation ist bescheuert, aber anders geht es im Moment nicht“, sagt Engelbert Strutzmann vom D-Ligisten TuS Hachen II. Die Gefahr das eine zum Schiedsrichter bestimmte Person seinen Verein bevorzuge, sei immer gegeben. „Aber wenn wir das nicht hinbekommen, können wir bald gar nicht mehr spielen“, sagt er. Und das will nun wirklich niemand im Fußballkreis Arnsberg – egal wie ungemütlich die Verhältnisse im Herbst schon einmal sein können.