Arnsberg. Wie sich eine Covid-19-Impfung und das Sporttreiben vertragen, erklärt ein Arzt aus Neheim. Welche Gefahren lauern – und wo er optimistisch ist.

Welch große Bedeutung der Sport für viele Menschen hat, weiß Allgemeinmediziner Dr. Jochen B. Müller aus eigener Erfahrung allzu gut. Der 48-Jährige spielt unter anderem leidenschaftlich gerne Tennis, betreibt Fitnesssport und kämpft auch im Volleyball um Punkte. Eine Karikatur des „inneren Schweinehundes“ aus Stoff ziert seinen Schreibtisch in seiner Neheimer Praxis, „damit ich diesen immer vor Augen habe“, so der Mediziner, der laut eigenen Angaben gemeinsam mit seinem Team bislang etwa 1500 Menschen gegen das Coronavirus geimpft hat.

Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt Dr. Müller, ob eine sportliche Pause nach einer Covid-19-Impfung nötig ist, welche Nebenwirkungen nach dieser Impfung auftreten können, und ob die Hoffnung auf einen regulären Sport-Saisonbetrieb ab Spätsommer berechtigt ist.

Herr Dr. Müller, mit welchen Nebenwirkungen sollte man rechnen, wenn man sich gegen Covid-19 impfen lässt? Sollte man eine sportliche Pause einlegen?

Dr. Jochen B. Müller: Darauf gibt es keine Patentantwort, denn das sollte grundsätzlich jeder selbst entscheiden. Dass man am Impftag nicht direkt in die Sauna oder ins Schwimmbad rennen oder sich stundenlang in die Badewanne legen sollte, muss den Menschen natürlich bewusst sein. Ich finde, dass Sport am Impftag tabu sein sollte. Nebenwirkungen der Impfung können Schlappheit, Schläfrigkeit oder Gliederschmerzen sein. Jeder Impfstoff kann grippeähnliche Symptome hervorrufen. Generell gilt: Je weniger Beschwerden man hat, desto eher kann man Sport treiben.

Auf was gilt es noch bei einer Corona-Impfung zu achten?

Die Menschen dürfen zwei bis drei Wochen vor und zwei bis drei Wochen nach dieser Impfung nicht noch andere Impfungen – beispielsweise die FSME-Impfung (Frühsommer-Meningoenzephalitis nach Zeckenbiss, Anmerkung der Redaktion) – durchführen lassen. Darüber muss aufgeklärt werden.

Wie lautet Ihre Einschätzung zu Leistungssportlern – sollten sich Profis allenfalls in einer Wettkampfpause gegen das Coronavirus impfen lassen?

​Gibt Auskunft über das Zusammenspiel zwischen Sporttreiben und Impfen: Dr. Jochen B. Müller, Allgemeinmediziner in Neheim.
​Gibt Auskunft über das Zusammenspiel zwischen Sporttreiben und Impfen: Dr. Jochen B. Müller, Allgemeinmediziner in Neheim. © Unbekannt | Archiv

Ja, für Leistungssportler ist es definitiv ratsam, dass sie sich in einer Phase ohne Wettkämpfe behandeln lassen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass sogar ein leichtes Sporttreiben vor der Grippeimpfung zu einer besseren Immunantwort führen kann. Das könnte auch für die Covid-19-Impfung gelten.

Blicken wir auf den Mannschaftssport: Sollte dort innerhalb eines Teams, ähnlich wie das für die Gesamtbevölkerung gilt, eine Mindestprozentzahl der Mitglieder geimpft werden, um somit auch mannschaftsintern eine Herdenimmunität zu erreichen?

Das würde zumindest für Mannschaftssportarten wie den Fußball Sinn ergeben, vor allem, wenn man nach dem Sport noch gemütlich zusammensitzt. Je mehr Leute geimpft sind, umso besser.

Von Montag, 7. Juni, an wird die Impfpriorisierung aufgehoben. Erwarten Sie dann einen noch größeren Ansturm auf die heimischen Arztpraxen wie Ihre?

Auf jeden Fall. Die Impfkampagne läuft mittlerweile gut, doch wir haben insgesamt zu wenig Impfstoff. Allein bei uns in der Praxis sind es etwa 600 Menschen, die auf Ihre Impfung warten. Und diese Warteliste füllt sich täglich weiter.

Gleichwohl hat die Impfkampagne in den vergangenen Wochen Fahrt aufgenommen. Können Vereine und Sportler im Sauerland optimistischer sein, was den sportlichen Spätsommer und Herbst angeht? Ist eine normale Saison im Amateursport möglich?

Darauf hoffe ich natürlich, und ich denke, dass diese Hoffnung berechtigt ist. Generell sollten Sportler in der Zukunft noch mehr eine gewisse Aufgewecktheit mitbringen und in bestimmten Situationen sensibler reagieren als früher. Wenn ein Mitspieler beispielsweise hustend und kränkelnd am Treffpunkt zum Training oder Spiel erscheint, dann sollte dieser nach Hause und am besten zum Arzt geschickt werden.

Gehen Sie davon aus, dass Menschen, die zwei Mal gegen Corona geimpft worden sind, die Impfung regelmäßig auffrischen müssen?

Ja, ganz klar. Um einen Langzeiteffekt dieser Impfung herzustellen, gehe ich davon aus, dass man diese ein Mal pro Jahr auffrischen lassen muss. Dieses Virus wird uns nicht einfach wieder verlassen.