Bochum. Der sportlichen Führung des VfL Bochum droht das Aus, zeitnah gibt es Entscheidungen. Neues zum Riemann-Aus und worauf die Fans jetzt verzichten.
Irgendwie passten diese dunklen Wolken zum VfL Bochum dieser Tage, trotz eines erfreulichen Anlasses. Vor mehreren hundert Fans fertigten am Sonntagnachmittag auf dem Leichtathletik-Platz am Ruhrstadion die Meister-Frauen des VfL die SGS Essen U20 mit 7:0 ab, bei gutem Wetter.
Doch ausgerechnet gegen 17 Uhr, als die Verbandsvertreterinnen und -vertreter jeder Spielerin und Trainerin Kyra Malinowski die Medaillen und dem Team dann die Meisterschale der Regionalliga West überreichten, fing es an zu regnen.
VfL-Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Villis richtete kurz zuvor unterm Regenschirm seine Glückwünsche an das in 24 Saisonspielen unbesiegte Team. Die VfL-Fußballerinnen haben nun noch zwei Relegations-Endspiele gegen Mainz 05 vor sich (9. Juni in Mainz, 16. Juni in Bochum/LA-Platz). Es geht um den Aufstieg in die 2. Liga - die Männer dagegen stehen vor dem Abstieg in die 2. Klasse.
Fast kompletter Aufsichtsrat des VfL Bochum verfolgt Frauen-Spiel
Nach dem 0:3 im Relegations-Hinspiel gegen Fortuna Düsseldorf im Vonovia Ruhrstadion ist die Hoffnung auf die Rettung beim Rückspiel am Montagabend (20.30 Uhr/Sky und Sat.1) in Düsseldorf ziemlich gering.
Neben Villis war fast der komplette Aufsichtsrat beim Frauenspiel anwesend, ebenso wie die Geschäftsführer Patrick Fabian (Sport) und Ilja Kaenzig (Sprecher/Finanzen). Sie sahen nach einem langen Sitzungswochenende teils zauberhaften Frauenfußball.
Krisensitzungen in verschiedenen Besetzungen
Bei den Diskussionsrunden in verschiedener Besetzung stand indes die schonungslose Aufarbeitung der Saison im Fokus - und vor allem wie es weitergeht. Natürlich ging es auch um die Frage nach den personellen Konsequenzen dieser schon jetzt verkorksten Saison, die mit dem kleinen Wunder namens Klassenerhalt allerdings nochmal entscheidend aufpoliert werden könnte.
Die Tendenz ist wohl klar: Drei Wechsel stehen an
Daher wurden viele Weichen gestellt, aber Ergebnisse soll es erst am Dienstag geben, wenn Klarheit herrscht über die Spielklasse. Die Tendenz dürfte aber wie berichtet klar sein: Sport-Chef Patrick Fabian, der den VfL im Herzen trägt, und Sportdirektor Marc Lettau müssten im Abstiegsfall wohl ihre Posten räumen. Das gilt auch für Heiko Butscher, den Interimstrainer, der zuletzt die Spiele in Bremen und vor allem gegen Düsseldorf vercoachte - unter anderem mit seiner Herausnahme von Kapitän Anthony Losilla, der 60 Minuten nur auf der Bank saß.
Butscher soll dann vertragsgemäß ins Talentwerk zurückkehren und die neue U23, die eher eine U21 sein soll, in der Oberliga trainieren.
Dienstag oder Mittwoch gibt es Fakten beim VfL Bochum
Mit ersten Fakten ist zeitnah nach der Entscheidung in Düsseldorf zu rechnen, am Dienstag oder spätestens Mittwoch. Der Fahrplan liegt auf der Hand: Zunächst müsste das Präsidium um Villis im Falle einer Trennung von Fabian, der womöglich einen anderen Posten im Verein übernehmen könnte, dessen Nachfolger präsentieren.
Fabian selbst hatte bereits am Donnerstag nach dem 0:3 erklärt, sich seiner Verantwortung zu stellen. Dem 36-Jährigen liegt der Klub am Herzen, er folgt einem klaren Weg, ist ein starker Charakter. Insofern ist es zumindest denkbar, dass Fabian auch selbst seinen Rücktritt vom Amt des Sport-Chefs anbietet im Abstiegsfall.
Der neue Mann soll dann jedenfals die ebenfalls zügig zu erwartende Entscheidung mit treffen, wer neuer Trainer wird. Wie berichtet, gibt es für das Traineramt zwei, drei Top-Kandidaten, die dann an der Castroper Straße vorstellig werden dürften. Der Posten des Sportdirektors wird vorerst entfallen in der 2. Liga - auch aus Kostengründen. Fabians Vertrag läuft nach Informationen dieser Redaktion noch bis zum Juni 2025, die Vertragsdauer von Lettau, der im Winter 2023 dazukam zur Unterstützung von Fabian, ist nicht bekannt.
Die größten Fehler von Fabian und Lettau
Beide waren für den Kader dieser Spielzeit zuständig sowie für die Trainerwahl. Bei den Transfers erledigte Marc Lettau die Hauptarbeit, nachdem sein Vorgesetzter und damit Verantwortlicher Patrick Fabian ja in der Rückrunde der Vorsaison krankheitsbedingt länger gefehlt hatte.
Das Team zerfiel am Ende in seine Einzelteile, eine Einheit war nicht mehr zu sehen. Trotz eines Rekordbudgets von knapp 40 Millionen Euro war die Mannschaft schwächer als in der Vorsaison. Von den Zugängen erwies sich nur Bernardo als Glücksgriff, alle anderen spielten entweder fast gar keine Rolle wie Moritz-Broni Kwarteng, Lukas Daschner und Noah Loosli oder überzeugten nur in Phasen wie Matus Bero, Felix Passlack und Maxi Wittek.
Auch interessant
Noch gravierender waren drei weitere Fehlenentscheidungen. Erst gab es die Vertragsverlängerung mit Ex-Trainer Thomas Letsch und Ex-Co-Trainer Jan Fießer im November bis zum Sommer 2026 - 2. Liga inklusive! Nach fünf Niederlagen und einem Remis folgte die Trennung im April 2024, ohne einen Kandidaten in der Hinterhand zu haben. Letsch und Fießer müssen weiterbezahlt werden.
Heiko Butscher war nur eine Notlösung
Letztlich präsentierte man nach zahlreichen, teils auch medial begleiteten Absagen die Notlösung Heiko Butscher, den U19-Trainer, als Wunschlösung.
Zudem versäumte es der VfL um Lettau und Fabian in der Winterpause, trotz vorhandener finanzieller Mittel einen dringend benötigten neuen Stürmer zu verpflichten oder auszuleihen. Stattdessen kam nur Perspektivspieler Agon Elezi, der noch keine Bundesliga-Minute gespielt hat.
Riemann-Fall ist zu klären, viele Neue müssen kommen
Noch gibt es einige Konjunktive bei den Zukunftsfragen. Klar ist im Abstiegsfall: Nach der Besetzung der Schlüsselpositionen müsste die VfL-Führung mit dem unumstrittenen Geschäftsführer Ilja Kaenzig, dem Präsidium und der neuen sportlichen Führung (Geschäftsführer Sport, Trainer) zügig die Altlasten abarbeiten und Neuzugänge für den VfL begeistern.
Lettau und Fabian haben bereits etliche Gespräche geführt, die meisten allerdings mit Blickrichtung Bundesliga. Laut Bild soll Christian Conteh ablösefrei vom VfL Osnabrück kommen. Im Internet kursieren naturgemäß zahlreiche Gerüchte. Zum Beispiel um Torwart Daniel Heuer Fernandes, der einst in der VfL-Jugend und bei der zweiten Mannschaft des VfL spielte. Beim HSV ist er unter Steffen Baumgart nur noch die Nummer zwei. Heuer Fernandes (31, Vertrag beim HSV bis 2025) könnte ein Kandidat werden. Bisher gab es nach unseren Informationen aber noch keine Kontaktaufnahme.
Einen neuen Torwart, mindestens mit Stammplatz-Potenzial, muss der VfL verpflichten, weil es ein Zurück von Manuel Riemann sicherlich nicht geben wird. Der Torwart war von der sportlichen Führung nach dem 1:4 in Bremen aus dem Kader geworfen worden, weil er dem Teamgeist den Rücken gekehrt, sein Verhalten nicht mannschaftstauglich anpassen wollte, heißt es aus Vereinskreisen. Diese Entscheidung trug auch das Präsidium mit. Sie gilt als alternativlos, wie es Fabian auch nach dem 0:3 gegen Düsseldorf noch einmal betont hatte.
Nach Riemann-Aus: Viele Spieler sollen aufgeatmet haben
Aus Spielerkreisen ist zu hören, dass fast die ganze Mannschaft diese Entscheidung mitträgt, von einem Aufatmen in der Kabine ist die Rede - auch wenn langjährige Wegbegleiter wie Kapitän Anthony Losilla und Torwart Andreas Luthe Riemanns Aus öffentlich bedauert hatten. Sie wollten damit aber vor allem den sportlichen Wert Riemanns würdigen, den er ja über Jahre beim VfL gezeigt hat als Nummer eins.
Riemanns Vertrag läuft allerdings noch bis zum Sommer 2025. Möglich, dass man sich auf eine vorzeitige Vertragsauflösung einigt, wenn Riemann (35) einen neuen Klub gefunden hat - oder ihn in die U23 schickt oder abfinden muss, wenn Riemann auf Vertragstreue pochen sollte. Die Entscheidung im Fall Riemann könnte allerdings auch erst dann fallen, wenn der neue Coach zum Trainingsauftakt bittet in rund vier Wochen.
Neuer Trainer gesucht: Butscher nutzt Chance nicht
Der neue Trainer würde, dann etwas später, auch im Fall des Klassenerhalts zur Saisonvorbereitung beim VfL Bochum übernehmen. Butscher konnte seine Chance als Profi-Cheftrainer nicht nutzen. Er hatte das Team auf Rang 15 übernommen und die Saison auf Platz 16 abgeschlossen nach nur sieben Punkten aus sechs Partien. Hinzu kommt das 0:3-Debakel gegen die Fortuna im Relegations-Hinspiel. Jetzt, sagte er selbst am Sonntag, sei „die Mannschaft“ gefordert, das unmöglich Erscheinende noch möglich zu machen.
Fankreise: Wohl keine Choreo des VfL in Düsseldorf
Dabei werden unter den rund 55.000 Fans in der Düsseldofer Merkur Spiel-Arena auch rund 5500 Bochumer sein. Ob etwa die stimmgewaltige Fan-Gruppierung Ultras Bochum 99 ihren Support einstellt, dürfte vom Spielverlauf abhängen. Zunächst soll das Team untersützt werden, heißt es. Wie man aus Fankreisen hört, soll es in Düsseldorf aber anders als bei den meisten Partien zuletzt keine Choreo geben.
News und Hintergründe zum VfL Bochum
- Transferticker: Dani de Wit ein Kandidat beim VfL, Masouras nicht mehr
- Holtmann: Darum wartet Bochum noch auf Geld
- VfL Bochum U19: Keine Derbys in der Nachwuchsliga
- VfL U23: Eingruppierung fix - ein Geschmäckle bleibt
- Trainerteam komplett: Noch ein Co-Trainer für Zeidler
- Schlotterbeck kehrt nicht zurück zum VfL Bochum - Hintergründe