Mittersill. Schalke-Zugang Ron Schallenberg ist erst 24 Jahre alt - und soll schon eine zentrale Rolle übernehmen. Interview mit dem Zugang aus Paderborn.
Als Kind trug er Trikots des FC Schalke 04, ließ sich mit Olaf Thon fotografieren, schaute sich schon als Sechsjähriger Spiele in der Arena an. Nun ist Ron Schallenberg 24 Jahre alt, vom SC Paderborn zu S04 gekommen, und soll beim Zweitligisten eine tragende Rolle im Aufstiegskampf übernehmen. Schon in Mittersill bemüht sich der Zugang darum, voranzugehen.
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Herr Schallenberg, vor dem Wechsel hat die Vereinsführung Ihnen die Arena gezeigt. War das noch nötig?
Ron Schallenberg: (lacht) Ich habe schon noch einiges gesehen, was ich noch nicht kannte – die Logen zum Beispiel oder allgemein das Innenleben. Was ich bis dahin kannte, waren die Tribüne, die Nordkurve. Die Arena ist so beeindruckend, dass man sie häufiger sehen kann.
Was war das interessanteste, beste Spiel, das sie als Zuschauer in der Arena gesehen haben?
Schallenberg: Was am meisten Eindruck hinterlassen hat, war das Champions-League-Rückspiel gegen Inter Mailand 2011, zwei Wochen nach dem „Wunder vom Mailand“, dem 5:2. Vor dem Spiel war die Stimmung: Bitte, bitte nicht noch herschenken, weil man mit einem Bein im Halbfinale war. Beim 1:0 von Raúl und dem 2:1 von Benedikt Höwedes ist dann das Dach weggeflogen.
Viele Spieler benutzen bei ihren Wechseln die Floskel, sie hätten ja schon als Kind in der Bettwäsche des neuen Vereins geschlafen. Und bei Ihnen?
Schallenberg: Hatte ich Bettwäsche? (überlegt) Kann schon sein. Dass ich Schalke-Fan war als Kind, ist Fakt, aber das sollte nicht der Hauptgrund für einen Wechsel sein. Das macht es vielleicht etwas besonderer. Ich bin hier, weil ich vom sportlichen Weg, der mir aufgezeigt wurde, vollkommen überzeugt bin.
Alles ist auf Schalke etwas größer als bei Ihrem langjährigen Verein SC Paderborn. Wie äußert sich das gerade im Trainingslager in Mittersill?
Schallenberg: Bei jedem Training sind ein paar Hundert Schalker vor Ort und schauen zu – und das in einem anderen Land. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Nicht nur da merke ich täglich die Größe des Klubs, auch im Staff, bei den Mitarbeitern, im Drumherum. In Paderborn war es aber auch wunderschön.
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Sie tragen anders als in Paderborn die Nummer 6, nicht mehr die 8. Die Nummer entspricht Ihrer Position – welche „6“ hat Ihnen bisher am meisten imponiert?
Schallenberg: Ich bin ganz, ganz schlecht mit Rückennummern, da können Sie jeden fragen. (lacht) Ich wusste in meinem dritten Jahr in Paderborn immer noch nicht, wer welche Nummer trägt.
Okay, dann auf die Position bezogen.
Schallenberg: Was das deutsche Spiel angeht Bastian Schweinsteiger, als er auf dieser Position gespielt hat. Ihn kann man sich immer als Vorbild nehmen, was Kampfeswillen und Engagement angeht. Obwohl es weit weg von meinem Stil ist, habe ich zu Barcelona-Zeiten immer Xavi gerne zugeschaut.
Was ist denn Ihr Spielstil?
Schallenberg: Die Fans können sich auf jemanden vorbereiten, der gerne die Drecksarbeit macht für die Mannschaft, der viele Löcher stopfen will, der sich vor allem über die Defensive definiert. Das ist meine Kernkompetenz: Balleroberungen, Bälle klauen. Ich bin ein Aufbauspieler, aber keiner, der mit einem 80-Meter-Dribbling durch die ganzen Gegenspieler rennt.
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Die Erwartungshaltung der Fans ist seit dem Tag des ersten Gerüchts eines möglichen Wechsels dauerhaft gestiegen. Haben Sie das mitbekommen?
Schallenberg: Ich war mir dessen schon bewusst. Mein Vater ist Schalke-Fan, meine Familie liest alles, sie lässt sich dann auch schon mal verrückt machen (schmunzelt). Ich wäre falsch beraten, wenn ich das zu nah an mich heranlassen würde. Dieser Übergang Paderborn/Schalke ist schon anspruchsvoll genug für mich, da brauche ich mir keinen zusätzlichen Ballast aufzusetzen. Es geht darum, in die Mannschaft zu finden, meine Position im Team zu finden, am besten natürlich eine möglichst gute Position.
Die Fans erwarten einen neuen Mittelfeld-Chef, Trainer Thomas Reis hat Sie als Kapitän ins Gespräch gebracht – belastet Sie die Erwartungshaltung nicht?
Schallenberg: Auf Schalke können Erwartungshaltungen schnell sehr hoch gehen, weil wir sehr enthusiastische Fans haben, was auch den Verein ausmacht. Das finde ich cool und sehe es nicht negativ. Besser als wenn alle sagen würden: Was haben die da denn gemacht? Man sollte das positiv sehen, im Kopf klar bleiben und wissen, es ist nicht selbstverständlich, hier zu spielen.
Es ist aber deutlich leichter, positiv zu überraschen, wenn die Erwartungen nicht so hoch sind als das, was Sie verspüren müssen.
Schallenberg: (überlegt) Darüber habe ich noch nie nachgedacht.
Durch die Schalke-Liebe, die Sie kundtun, sagen viele: Das ist einer von uns.
Schallenberg: Ich hatte die Situation, dass man nach oben hin nur positiv überraschen kann, beim SC Paderborn. Keiner hat uns unter den Top 3 gesehen, trotzdem haben wir oben mitgespielt. Ist doch ganz schön, mal eine neue Herausforderung zu haben, wenn die Erwartungen etwas höher sind. Es kann viel Spaß machen und befriedigend sein, wenn man Erwartungen erfüllt.
Sie waren in Paderborn Kapitän. Auf Schalke ist nach Danny Latzas Rücktritt die Binde frei. Interesse?
Schallenberg: Das ist kein Thema, was gerade in meinem Kopf rumschwirrt. Wir haben viele Spieler, die auf dem Platz Verantwortung übernehmen, ob mit oder ohne Binde – ich gehöre auch dazu. Alles andere ist nicht meine Entscheidung.
Sie sind erst 24 Jahre alt, wollen aber eine Führungsrolle übernehmen – auf Schalke gibt es viele alte Hasen wie Simon Terodde, Dominick Drexler, Sebastian Polter, Cedric Brunner. Wie gehen Sie mit ihnen um?
Schallenberg: Man muss da schon unterscheiden. In der Kabine gehe ich zum Beispiel nicht zu Simon Terodde und sage ihm, wie er den Ball im Strafraum anzunehmen hat, um ihn reinzuschießen. Verantwortung auf dem Feld zu übernehmen hat nichts damit zu tun, einen rundzumachen oder draufzuhauen, sondern gute Kommandos zu geben, die der Mannschaft weiterhelfen. Das kann ein 18-Jähriger machen, auch ein 30-Jähriger. Die Frage ist nur, wie kommunikativ jemand auf dem Feld ist.
Wer ist in Mittersill Ihr Zimmerpartner?
Schallenberg: Niklas Tauer.
Oh, er spielt die gleiche Position wie Sie.
Schallenberg: Ist doch nicht schlimm, oder?
Auf dem Platz Konkurrenzkampf – und außerhalb?
Schallenberg: Wir sind entspannt. Ich muss sagen, in meinen Teams habe ich mich mit den Sechsern fast immer am besten verstanden.
Liegt Ihnen denn der Thomas-Reis-Fußball?
Schallenberg: Ja. Wir wollen hoch pressen, das habe ich gefühlt mein ganzes Leben so gemacht. Es gibt klare Zuordnungen im Zentrum, so dass man sich in Zweikämpfen profilieren muss. Davor habe ich nie zurückgeschreckt.
Sie haben in Paderborn unter Steffen Baumgart trainiert, der sehr gut mit Thomas Reis befreundet ist. Merkt man das?
Schallenberg: Was ihre Klarheit in der Spielidee angeht und wie konsequent sie dann Sachen umsetzen wollen, da haben sie definitiv Ähnlichkeit.
Sie ziehen zum ersten Mal aus Paderborn weg…
Schallenberg: Das wird eine Herausforderung, das Ruhrgebiet ist eine Ecke größer, gerade, was den Verkehr angeht (schmunzelt). Um mal einen persönlichen Eindruck zu vermitteln: Das ist etwas, was ich unbedingt haben wollte. Ich war 24 Jahre in Paderborn. Im Profigeschäft lernt man viele Leute kennen, die viel herumgekommen sind. Da kriegt man Fernweh, ohne dass man als Spieler je in der Ferne war. Für mich ist das jetzt eine Supersache: Es ist ein anderes Leben, wenn die Familie nicht vor der Haustür ist, aber ich bin in anderthalb Stunden mit dem Auto in der Heimat.
Schalke: Aufstieg ist "Ziel Nummer eins" für Ron Schallenberg
Was muss passieren, damit Sie am Ende der Saison sagen: Das war eine gute Saison?
Schallenberg: Ziel Nummer eins ist der Aufstieg. Individuell wäre ich zufrieden, wenn ich viele Einsätze bekomme und gut spiele. Das Mannschaftliche steht aber über allem: Wenn ich 34 Spiele mache, aber wir werden nur Zehnter, war es keine gute Saison.