Essen. Bayer Leverkusen bereichert die Bundesliga mit betörendem Offensivfußball und begeistert Fans. Die Schönheit hat aber ihren Preis. Ein Kommentar.
Fußballfan jeglicher Herkunft sind sich in einer Sache und außerhalb der gescholtenen Städte ganz besonders einig: Mit den Werksklubs sowie von Mehrheitseignern oder Brauseherstellern aufgepäppelten Vereinen können die romantisch und traditionalistisch veranlagten Begleiter des Volkssports Nummer eins in Deutschland rein gar nichts anfangen. Für sie muss es daher unglaublich schwer zu ertragen sein, wenn man ihnen sagt: Erfreut euch an diesen wundervollen Darbietungen von Bayer Leverkusen, an diesen betörenden Ballkünstlern.
Bayer Leverkusen ist in dieser Saison, was Borussia Dortmund gerne wäre: echter Bayern-Rivale
Jedenfalls solange es geht. Bayer Leverkusen, vielerorts als Vizekusen oder Pillendreher verspottet, hält nicht nur Schritt mit den Startrekord-Bayern aus der Saison 2015/16 (eine Bestmarke können sie aufstellen, wenn sie nach dem 15. Spieltag 41 Punkte oder mehr haben), sie sind in dieser Saison offenbar als einziger Bundesligist das, was Borussia Dortmund gerne wäre: ernstzunehmender Titelanwärter und ärgster Rivale des Rekordmeisters.
An der Schönheit des Leverkusener Spiels können sich weit mehr Menschen als nur jene erfreuen, deren einzige Hoffnung darin besteht, dass die Bayern nicht ein zwölftes Mal in Serie die Meisterschale in der Hand halten werden.
Florian Wirtz könnte beim FC Bayern Jamal Musiala ersetzen
Die Kehrseite der Medaille ist: Der Erfolg der Werkself macht sie so sexy, dass nach der Saison wirtschaftlich potentere Klubs vornehmlich aus dem Ausland Schlange stehen und die Spieler mit absurden Ablösen und Gehältern ködern werden.
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Auch wenn sie langfristige Verträge unterm Bayer-Kreuz unterschrieben haben, könnte Jeremie Frimpong eine Ausstiegsklausel ziehen, könnte Florian Wirtz dem Bayer im Namen seines Arbeitsgebers ein n hinzufügen und in München Jamal Musiala eins zu eins ersetzen, sollte dieser sein Arbeitspapier nicht verlängern und zu Real Madrid wechseln wollen. Bei den Königlichen sehen ja auch schon viele Erfolgstrainer Xabi Alonso ab Juli arbeiten.
Bayer Leverkusen kann sein Vizekusen-Trauma überwinden
Das sind die traurigen Gegebenheiten in der Bundesliga: Der FC Bayern kauft Spieler, mit denen er die nationale Vorherrschaft aufrecht hält und um die europäische Krone spielt. Der BVB holt Akteure, die sich zu Stars entwickeln und sich teuer weiterverkaufen lassen. Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes hat Bayer Leverkusen womöglich so gut verstärkt, dass die Rheinländer ihr Vizekusen-Trauma überwinden können.
Der Preis wäre voraussichtlich nur, dass es diese Mannschaft in dieser Konstellation bedauerlicherweise nur eine Saison lang gäbe.