Dortmund. Nach dem Sieg gegen Gladbach sieht BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl viel Positives - und klammert Dortmunds Probleme weitgehend aus.

Sebastian Kehl musste erst einmal durchatmen, bevor er seine Bilanz zu dem ziehen konnte, was sich an diesem Samstagnachmittag ereignet hatte. „Zumindest war es in der ersten Halbzeit für neutrale Zuschauer ein sehr interessantes Spiel, weil Tore en masse gefallen sind und weil es mehrere Phasen gab“, meinte er dann. Nun war der Sportdirektor von Borussia Dortmund allerdings alles andere als ein neutraler Zuschauer gewesen, als sein BVB gegen Borussia Mönchengladbach gespielt und letztlich auch 4:2 (3:2) gewonnen hatte – nach 0:2-Rückstand!

„Für uns war es sehr, sehr wichtig, dass wir nach diesem 0:2 sehr schnell zurückgekommen sind, das Spiel in unsere Richtung gedreht haben, erneut Comeback-Qualitäten gezeigt haben“, lobte Kehl. „Das muss nicht immer so sein, das brauchen wir nicht jedes Mal, aber es ist trotzdem ein Merkmal dieser Mannschaft.“ Ein Merkmal, das freilich nur deswegen nötig war, weil der BVB grottig in die Partie gestartet war und nach 28 Minuten völlig verdient 0:2 zurücklag. Darüber hätte man auch sprechen können am späten Samstagnachmittag als BVB-Verantwortlicher, man hätte den Finger in die Wunde legen und betonen können, dass man so gegen die kommenden Gegner auf keinen Fall auftreten darf, weil es gegen echte Spitzenmannschaften nach einem solchen Start wohl zu spät wäre für Comeback-Qualitäten.

In Dortmund sehnt man sich nach etwas Ruhe

Kehl jedoch entschied sich für einen anderen Weg, er huschte hinweg über die vielen Unzulänglichkeiten der Anfangsphase, monierte lediglich Abstimmungs- und Stellungsfehler bei den Gegentoren und lobte ausführlich die Reaktion der Mannschaft nach dem 0:2-Rückstand, die nur vier Minuten nach dem zweiten Gegentreffer mit einem Doppelpack den Ausgleich geschafft hatte. „Wir haben uns nicht hängen lassen, die Mannschaft hat sofort reagiert, ist sofort zurückgekommen, das war in dem Spiel sehr wichtig“, erklärte Kehl.

Dahinter steckte natürlich auch Kalkül: Nach unruhigen Wochen, ausgelöst durch die eklatant schlechten Auftritte beim 0:4 gegen den FC Bayern und dem 1:2 beim VfB Stuttgart, sehnte man sich in Dortmund nach etwas Ruhe. Hätte Sportdirektor Sebastian Kehl zu deutlich kritisiert, hätte das erneut einen gehörigen Wirbel verursachen können. Den wollte man nicht, den kann man sich aktuell auch gar nicht leisten angesichts der vielen schwierigen Spiele, die noch auf den BVB zukommen.

BVB-Sportdirektor Kehl hat Druck gespürt

„Natürlich war der Sieg sehr, sehr wichtig, um Ruhe hineinzubekommen“, räumte Kehl ein. „Wir haben schon gespürt, dass wir unter Druck standen nach drei Bundesligaspielen, in denen wir nicht so gepunktet haben, wie wir uns das vorstellen.“ Es seien „keine einfachen Tage“ gewesen, aber „man geht da nur gemeinsam durch, man hält zusammen, man vertraut einander und wir vertrauen der Mannschaft“, ratterte Kehl hinunter. „Es ist wichtig, dass wir gewonnen haben, weil uns wichtige Spiele bevorstehen und dieser Sieg uns Selbstvertrauen gibt.“

In schneller Folge geht es nun gegen die AC Mailand, Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen, den VfB Stuttgart und RB Leipzig. Ein knackiges Programm – da kann ein wenig Selbstbewusstsein nicht schaden.